Partner Spotlight
02.11.2019

Partner-Spotlight: „Nachfolge ist eine durchaus häufige Situation im Gründungsgeschehen“
Dirk Hecking, Handwerks­kammer zu Köln

Dirk Hecking ist Abteilungsleiter Kaufmännische Unternehmensberatung bei der Handwerkskammer zu Köln  – als Experte für Unternehmensnachfolge berät er seit vielen Jahren Verkäufer und Übernehmende gleichermaßen. Im Interview beschreibt er seine Erfahrungen, gibt Einblicke und Tipps rund um die Übernahme eines Unternehmens.

Dirk Hecking der HWK Köln

Dirk Hecking, Abteilungsleiter Kaufmännische Unternehmensberatung bei der Handwerkskammer zu Köln
(Fotocredits: HWK Köln)

Herr Hecking, Unternehmensnachfolger*innen werden in Deutschland dringend gesucht – zeigt sich das in der Gründungsberatung?

Ja - Nachfolge ist eine durchaus häufige Situation im Gründungsgeschehen. Rund ein Drittel der Übernehmer haben schon ein Unternehmen, aber zwei Drittel eben nicht. Eine gewisse Sonderrolle spielen dabei Leute, die direkt in eine Nachfolge hineinwachsen - z.B. weil sie schon im betroffenen Betrieb arbeiten.

Dennoch wird das Thema noch sehr aus der Perspektive der abgebenden Person diskutiert. Das zeigt sich schon am Begriff „Nachfolger*in“. Wer zu Ihnen in die Beratung kommt, bezeichnet sich selbst wahrscheinlich nicht so, oder?

Das stimmt – die Interessenten nennen sich eher Käufer, Kaufinteressent oder Übernehmer. Sie wollen etwas aktiv weiterführen und nicht so sehr jemandem nachfolgen. Außerhalb des Handwerks, also z.B. in IT oder Industrie kommen die Leute auch oft im Rahmen eines Management-Buyouts an das Thema.

Gibt es Unterschiede im Handwerk und außerhalb?

Handwerker stellen die gleichen Fragen wie alle anderen und vergessen andererseits die gleichen Punkte. Ein Unterschied ist vielleicht: es gibt weniger Quereinsteiger - wegen des Handwerksrechts und der Meisterpflicht in vielen Berufen. Bei Handwerks-Übernahmen als Quereinsteiger macht man sich unternehmerisch sehr abhängig vom Meister, den man anstellen muss. Ohne eigenen Meistertitel raten wir Interessenten, es sich sehr gut zu überlegen – sonst steht man bei Ärger oder Weggang des angestellten Meisters ziemlich hilflos da.

Womit starten die meisten, wenn sie sich mit dem Thema Nachfolge und Übernahme beschäftigen?

Als Handwerkskammer haben wir zwar mit beiden Seiten zu tun. Meist ist das Ganze aber altersgetrieben. Auslöser, sich damit auseinanderzusetzen, sind oft der eingetroffene Rentenbescheid oder der Arzt, der zum baldigen Ruhestand rät. Bei unseren Veranstaltungen sind nur ein Viertel des Publikums Nachfolger – meist werden die mitgebracht von den Eltern oder Chefs. Interessanterweise haben die Abgeber bestehende Unternehmen als Käufer oft gar nicht im Blick und denken nur an den Jungmeister, der sich selbstständig machen will.

Was wäre denn die ideale Vorgehensweise, wenn ich einen Betrieb übernehmen will?

Vier Schritte gibt es, die man aber nicht sklavisch durchexerzieren muss:
1. Werdet Euch klar, was ihr wollt und macht ein grobes Konzept dafür – hier geht es immer um die Meinungsbildung von mindestens zwei Personen, das ist eine komplexe Angelegenheit.
2. Klärt die steuerlichen Fragen – das ist eher für den Abgeber relevant - und die Finanzierung des Kaufpreises.
3. Gießt die Übernahme in juristisch wasserdichte Verträge.
4. Regelt den Vollzug. Bei uns startet das alles meist mit einer Veranstaltung und geht dann in die Individualberatung über.

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Sie sprachen schon an, dass Fehler gemacht werden. Was sind die häufigsten?

Es fängt an mit der Unterschätzung des Zeitbedarfs. Bei unseren Veranstaltungen gibt es immer ein Raunen, wenn wir sagen „Man braucht idealerweise zehn Jahre Vorlauf.“ Im Handwerk ist der Faktor Zeit aber schon wegen der Meisterpflicht wichtig. Vielleicht hat mein Nachfolger noch keinen Meisterbrief. Muss ich das dann als Zwischenschritt einplanen, habe ich einen echten Zeiträuber. Andere Beispiele für Zeiträuber sind die berühmten „Leichen im Keller“, v.a. bei Genehmigungen im Baurecht: Ist das Unternehmen hier überhaupt erlaubt? Wir hatten einmal den Fall einer Kfz-Werkstatt, wo sich bei der Übernahme herausstellte, dass der Betrieb auf dem Grundstück nie genehmigt worden war.

Auch das Thema Finanzierung wird meist ausgeblendet oder unterschätzt. Beide denken oft „Die Bank kennt ja den Laden“ – ein Businessplan ist aber trotzdem nötig.

Durch eine Übernahme kommt es im betroffenen Unternehmen zwangsläufig zu einem Changeprozess mit all seinen Herausforderungen. Sind die Käufer*innen darauf vorbereitet?

Im Handwerk ist dieses Thema nicht so relevant, weil es meist um Kleinbetriebe geht. Es ist aber stark personenabhängig. Wir raten dazu, die Kaufkandidaten vorher im Betrieb einzuführen, um die Belegschaft mitzunehmen. Kürzlich hatte ich den Fall eines Sanitärmeisters Anfang 50, der hatte von Verkaufsabsichten seines Chefs mitbekommen und war ziemlich verunsichert. Wenn der Chef in so einer Situation den Kaufinteressenten mitbringt und damit zeigt, dass es weitergeht und moderner wird, sind das für die Mitarbeiter eigentlich gute Botschaften.

Halten Sie es für realistisch, die Diskussion zwischen Übergeber und Übernehmer auf Ebene des Geschäftsmodells zu beginnen – im Sinne von „Schreib mal auf, wie das Unternehmen heute funktioniert, und wir reden darüber, was verändert werden muss“?

Ja, aber nur unter Fremden. Wenn z.B. der Sohn übernimmt, kennt er ja das Unternehmen schon gut.

Ist das noch mal schwieriger, wenn man als Frau ein Unternehmen übernimmt?

Bei Übernahmen durch eine Tochter oder die Ehefrau ist das in den etwas „rustikaleren“ Branchen tatsächlich nicht immer einfach. Mit den Leuten sprechen und sie mitnehmen, ist dann noch wichtiger. Es geht immer darum, die Betroffenen eng an der Entwicklung zu beteiligen, Ideen herauszukitzeln und die Entwicklung gemeinsam zu strukturieren – klingt banal, ist aber enorm wichtig. Es gibt viele Fälle, wo es prima geklappt hat und wo ohne die Weiterführung durch die Tochter der Betrieb wahrscheinlich nicht mehr existieren würde. Wir entwickeln zur Unterstützung gerade eine Extra-Schulungsreihe für Übernehmerinnen.

Wie groß ist das Risiko, dass durch den Eigentümerwechsel Kund*innen verloren gehen?

Kunden gehen in der aktuellen Konjunkturlage im Handwerk eher nicht verloren – oft hören wir eher, dass die Kunden das Ganze positiv aufnehmen und sagen „Wir haben uns schon lange gefragt, wie es bei euch weitergeht. Jetzt gibt es zum Glück jemanden.“ Generell gibt es natürlich das Risiko, Kunden zu verlieren.

Was kann die Gründerplattform für das Thema Unternehmensnachfolge in Deutschland tun?

Zunächst einmal wäre wichtig, dafür zu sensibilisieren, dass eine Übernahme genauso anspruchsvoll ist wie eine Neugründung. Der Wert des Unternehmens wird vom Übergeber oft überschätzt – wir sagen oft pauschal vorweg: „Egal, was ihr sagen werdet - fast jeder Wert, den ihr nennt, ist zu hoch.“ Der Mechanismus von Angebot und Nachfrage wirkt hier recht hart, weil man bei überhöhten Forderungen eben keinen Käufer findet. Laut einer älteren KfW-Studie ist die Scheiterwahrscheinlichkeit bei Nachfolgen sogar höher als bei Neugründungen, weil zu oft zu teuer gekauft wird.

Die Gründerplattform mit ihrem digitalen Prozess könnte die Strukturierung für die Übernehmer anbieten, z.B. bist du Fremder, Mitarbeiter oder Sohn/Tochter? Die letzten beiden Gruppen brauchen ja z.B. keine Börse, um ein Unternehmen zu finden. Insgesamt sind die Voraussetzungen und Leitfragen für Übernehmer aber kaum anders als für Neugründer.

Neben den Interessenten für ein bestimmtes Unternehmen gibt es auch eine Gruppe von generischen Interessenten, die offen sind für verschiedene Berufe und Branchen. Manchmal finden sich auch für Neugründer passende Übernahmekandidaten und umgekehrt. Generische Interessenten könnte man strukturieren, z.B. über Mitarbeiterzahl, Stadt/Land oder Gewerbegebiet/Ladengeschäft. Vielleicht lassen sich auch Mentalität/Risikobereitschaft abfragen im Sinne von „Startup-Typ versus bodenständiger Abarbeiter“. Das ist vielleicht schwierig im Handwerk, könnte aber funktionieren, wenn man das richtige Wording findet.

Vielen Dank für das Gespräch.

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bhp