Speaker werden
Ein Beruf für alle, die etwas zu sagen haben

Bestimmt kennst du Martin Rütter. Seine Vorträge sind monatelang im Voraus ausgebucht und keine Halle scheint zu groß, als dass er sie nicht füllen könnte. So wie Rütter sein Geld mit Reden zu verdienen, auf der Bühne zu stehen und sein Wissen weiterzugeben – das ist der Wunsch vieler Menschen. Sind das bloß Tagträume von weltfremden Sonderlingen? Keineswegs: Neben den wenigen ganz großen Namen der Speaker-Szene haben sich inzwischen etliche professionelle Redner*innen etabliert, die durchaus von ihren Auftrittshonoraren leben können.

Einer von ihnen ist Nick Martin. Der leidenschaftliche Weltenbummler verdient sich seinen Lebensunterhalt mit Shows, in denen er von seinen Reiseabenteuern erzählt. Warum die Leute in seine Veranstaltungen strömen und wie er es geschafft hat, sich quasi aus dem Nichts einen Ruf als gefragter Speaker aufzubauen, das erzählt er uns im Interview, das wir über Skype und mehrere Zeitzonen hinweg mit ihm geführt haben.

Speaker Nick Martin

Nick Martin - Fotocredits: Ronny Barthel

Hallo Nick, wo erreichen wir dich?

Ich sitze gerade auf einem Balkon in Canggu auf Bali und genieße die Sonne.

Beneidenswert. Wir wollen ja heute mit dir über dein Leben und deine Selbstständigkeit sprechen. Wie kam es dazu, dass du Speaker geworden bist?

In meine Selbstständigkeit bin ich mehr oder weniger hineingestolpert. Ich habe einfach gemerkt, dass es für das, was ich anbieten kann, eine Nachfrage gibt. Und dann hat sich eins aus dem anderen ergeben.

Fangen wir doch mal ganz vorne an: Was waren die ersten Schritte?

Am Anfang stand meine Begeisterung fürs Reisen. Der Drang, die Welt zu entdecken, wurde so groß, dass ich meinen Job gekündigt habe und mit meinem Rucksack losgezogen bin. Nach einigen aufregenden Monaten auf Reisen entstand in mir die Idee, ein Kochbuch für Backpacker*innen zusammenzustellen. Es ist ja nicht immer leicht, sich mit wenig Geld und einfachen Mitteln lecker und abwechslungsreich zu ernähren. So entstand mein erstes E-Book: „F*ck Pasta und Ketchup“

Wenn dich jemand fragt, was du beruflich machst, was antwortest du?

Meinen Beruf habe ich mir selbst zusammengeschustert. Es ist eine Mischung aus Speaker und Entertainer, Autor und Podcaster. Im letzten Jahr habe ich außerdem noch zusammen mit meiner Partnerin eine Online-Plattform aufgebaut. Also, ich würde sagen, ich bin ein kreativer Unternehmer im Reisebusiness.

Womit machst du hauptsächlich Umsatz?

Den größten Teil meines Lebensunterhalts verdiene ich mit meinem Honorar als Redner. Meine Live-Shows sind die Cashcows. Inzwischen bin ich in der gesamten DACH-Region und in Liechtenstein mit meinem Bühnenprogramm unterwegs. An zweiter Stelle steht die Travel University, die ich im letzten Jahr gemeinsam mit meiner Partnerin Steffi ins Leben gerufen habe.

Organisierst du deine Touren selbst?

Steffi hat sich als virtuelle Assistentin selbstständig gemacht und für sich das Eventmanagement gefunden. Ich habe sie von Anfang an ins Boot geholt, und bis jetzt hat sie die komplette Organisation übernommen. Also Locationscouting, Tourplanung, Kontakt zu den Ansprechpersonen, Wi-Fi, Parken, Werbung vor Ort etc.

Wie oft kommt es vor, dass du von anderen Veranstaltenden als Keynote Speaker gebucht wirst?

Unterschiedlich. Manchmal muss ich externe Events absagen, da ich für den gleichen Tag schon Anfragen hatte. Da ich auch noch viel auf Reisen bin, ist die Planung eine Herausforderung.

Für was für Veranstaltungen wirst du gebucht?

Reisemessen, Infoveranstaltungen, Führungskräftetraining, Keynote für Firmenevents und Travel Festivals, Unternehmerkonferenzen.

Wie hoch ist dann dein Honorar?

Da kommt es sehr individuell auf die Events an. Wenn es eine kostenlose Veranstaltung oder ein Charity-Event ist, verzichte ich auch schon mal komplett auf mein Honorar. Bei Firmenevents kommt es auf die Größe, die Dauer und die Thematik an. Generell liegt meine Gage pro Auftritt zwischen 1500 und 5000 EUR. 

Du hast von deiner Travel Uni gesprochen – man kann bei dir also seinen Master in Reisen machen?

Ganz genau. Wir geben dort die gesamte Erfahrung, die wir auf unseren Weltreisen gesammelt haben, an unsere Teilnehmer*innen weiter: Wie bereite ich meine Weltreise vor? Wie plane ich mein Budget? Was muss ich wissen, wenn ich im Ausland arbeiten will etc.

Den gesamten Stoff vermitteln wir in Videos und Texten. Außerdem halten wir verschiedene Tools, Checklisten und Dokumente zum Download bereit.

Du reist offenbar immer noch durch die Welt. Wie viel Geld brauchst du dafür in etwa?

Nicht viel – ich bin durch meine ersten Jahre als Backpacker sehr auf Low Budget getrimmt.

Heutzutage brauche ich etwa 1200 bis 1500 EUR im Monat.

Strand und blaues Meer

Fotocredits: Nick Martin

Und das wirft dein Business ab?

Ja, wobei meine Einnahmen von Monat zu Monat sehr unterschiedlich sind. Nehmen wir ein Beispiel: Als ich das letzte Mal bei euch oben in Hamburg war, während meiner Sommertour 2017, haben wir das Audimax mit über 1000 Sitzplätzen vollbekommen. Wenn man davon ausgeht, dass jede Karte 15 EUR gekostet hat, kann man ausrechnen, wie viel ich ungefähr mit meinem Auftritt verdient habe. Natürlich muss man hier noch die Miete für die Eventlocation, Anfahrt, Team, Steuern und so weiter abziehen.

Was sind die entscheidenden Erfolgsfaktoren in deinem Business?

Du musst entweder der Erste oder der Beste sein, um erfolgreich zu sein. Der erste, der von seinen Reisen berichtet, bin ich natürlich nicht. Aber ich biete meinem Publikum eine einzigartige Mischung aus Unterhaltung, Information und Empowerment.

Und noch ein zweiter Punkt ist wichtig für den Erfolg: Authentizität. Die Leute merken, dass ich aus eigener Erfahrung spreche. Wenn ich bloß mal für ein halbes Jahr durch Australien gereist wäre, von Mami und Papi gesponsert, dann würde mein Publikum mir meine Tipps nicht abkaufen. Dann fehlte der Proof of Concept, der Beweis, dass das, wovon ich als Speaker rede, wirklich funktioniert.

Und natürlich muss man es lieben, auf der Bühne zu stehen. Ich blühe jedes Mal auf während meiner Auftritte und lasse es richtig krachen. Ich schaue da auch nicht auf die Uhr. Meine Shows dauern gerne mal vier Stunden. Es ist einfach großartig, die Leute mit meiner Begeisterung anzustecken.

Warum kommen die Leute in deine Shows? Oder anders gefragt: Wie würdest du den Kundennutzen beschreiben, den du ihnen versprichst?

Der Titel der Show ist „6 Jahre Weltreise – die geilste Lücke im Lebenslauf“. Diese Sehnsucht, einfach alles hinter sich zu lassen, ist ja zurzeit ein großes Thema. Gleichzeitig haben viele Menschen Angst, dadurch ihre Existenz aufs Spiel zu setzen. Sie trauen sich nicht, ihre Träume zu verwirklichen. Ich nehme ihnen diese Angst, indem ich ihnen erkläre, wie man es richtig angeht, indem ich an meinem Beispiel zeige, dass es klappen kann und indem ich ihnen klar mache, was sie alles verpassen, wenn sie zuhause bleiben. Den Kundennutzen würde ich also als einen „verbalen Arschtritt“ bezeichnen.

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Und wie würdest du deine Zielgruppe definieren? Wer kommt zu deinen Shows?

Mein Publikum ist im Durchschnitt zwischen 25 und 35 Jahre alt. Es sind also eher junge Leute, von denen aber mindestens 70 Prozent ihre Ausbildung hinter sich haben und schon mit beiden Beinen im Arbeitsleben stehen. Ihre Karriere läuft, aber sie spüren, dass es noch mehr im Leben geben muss. Sie haben das Gefühl, etwas zu verpassen, aber nicht den Mut, den nächsten Schritt zu gehen. Und genau darauf gehe ich ein. Ich berichte von meinen eigenen Ängsten und wie es für mich damals war, meinen Job zu kündigen.

Viele Speaker nutzen ja mehrere Kanäle, um sich einen Autoritätsstatus mit entsprechender Bekanntheit aufzubauen. Du betreibst zusätzlich zu den Live-Shows einen Podcast und hast die Online-Reiseuniversität gegründet. Wie kam es dazu?

Die Travel University ist als Nebenprodukt der Shows „abgefallen“. Von den Besucher*innen haben wir viel Feedback bekommen und auch sehr viele Fragen: Was muss ich vor Reiseantritt klären? Wie finanziere ich meine Reise? Wovon soll ich leben? Wie finde ich einen Job?

Wir haben alle diese Fragen gesammelt und bestimmten Kategorien zugeordnet. Dann haben wir sie schriftlich beantwortet, und diese Texte als Vorlage für unsere Videos genutzt. So ist nach und nach das Kursprogramm der Travel Uni entstanden, mit Texten, Videos und ergänzenden Arbeitsmaterialien. Wir haben zum Beispiel einen einfachen Sparplan erstellt, mit dem man seine Ein- und Ausgaben erfassen kann, oder auch internationale Bewerbungsunterlagen für alle, die sich für Work & Travel interessieren.

Schau dir das Video von Nick an, wo er von seiner Motivation und seinem Leben als Unternehmer erzählt:

Wie wichtig ist das Design eures Onlineangebots?

Content is king, aber wenn du eine Plattform mit einer kostenpflichtigen Mitgliedschaft aufziehst, dann sollten die Inhalte grafisch aufgewertet werden. Klar hätten wir die Dokumente auch einfach in eine Cloud hochladen können, aber wir wollten den Leuten mehr bieten. Wer sich in die „zweitbeste Uni des Lebens“ einschreibt – die beste Uni ist bekanntlich das Reisen –, der darf einiges erwarten. Bei uns gibt es einen virtuellen Campus, wo man in die einzelnen Kurse hineinschauen kann, eine Online-Mensa, wo man die Rezepte aus meinem Kochbuch findet, oder das Campus-Radio mit Songs, die sich perfekt zum Reisen eignen.

Welche Rolle spielt dein Podcast?

Mein Travel Podcast ist für mich kein Geschäftsmodell. Ich verdiene damit kein Geld, sondern nutze ihn, um meinen Expertenstatus zu manifestieren. Dieses Medium passt perfekt zu mir. Ich bin kein Schreiber – ich erzähle lieber.

Auch hier gilt: Content is king. Man sollte sich überlegen, was die Zuhörer wissen wollen. Geht es ihnen um spannende Geschichten und unterhaltsame Anekdoten oder sind sie eher an harten Fakten interessiert? Bei meinem Podcast steht das Storytelling im Vordergrund, aber gleichzeitig bekommen meine Zuhörer wichtige Infos, etwa welche Dos and Don’ts man in welchem Land beachten sollte oder wie das mit dem Ausreisenachweis funktioniert, wenn man per One-Way-Ticket fliegt.

Ist dein Podcast für dich auch ein Instrument, um Aufmerksamkeit für deine Auftritte als Redner oder für deine Travel Uni zu generieren?

Nein, der Podcast liefert wirklich nur kostenlosen Content, ohne jede Werbung oder auch nur kleinste Hinweise auf die Shows. Im Moment nutze ich ihn nur, um meine Reputation zu stärken. Natürlich könnte man dieses Medium auch kommerziell nutzen, Sponsored Posts veröffentlichen oder auf eigene Produkte hinweisen. Aber das bin ich nicht. Ich arbeite daran, mir eine Fanbase aufzubauen, indem ich monatelang regelmäßig Mehrwert für Reiselustige liefere – und zwar umsonst und ohne jedes kommerzielle Interesse.

Heute ist es für dich kein Problem mehr, mit deinen Vorträgen ganze Hallen zu füllen. Aber wie war das am Anfang, als dich kein Mensch kannte?

Ich bin keiner, der zuerst das Handbuch liest. Ich drücke einfach alle Knöpfe und schaue, was passiert. So bin ich auch in meinen Beruf als Speaker hineingestolpert. Vor ein paar Jahren habe ich einfach ein Facebook Live Event angekündigt, mir einen coolen Titel überlegt – und drei Tage später hatte ich 7000 Interessierte! Und dann kam eins zum anderen. Irgendwann habe ich mich dann auch mit Ticketbuchungen, Steuerfragen und dem ganzen Drumherum befasst, aber das kam später. Ich plane nicht bis ins Detail, sondern probiere aus und sehe, was passiert. Das ist vielleicht nicht immer das Schlaueste, aber so bin ich nun mal, und irgendwie gibt mir der Erfolg ja auch ein bisschen Recht.

Macht es dir denn immer noch so viel Spaß, auf Reisen zu sein?

Auf jeden Fall. Das Reisen ist für mich nicht nur ein Lebensabschnittsgefährte, sondern ein Lebensbegleiter. Ich gehe komplett darin auf. Aber das ist für jeden anders. Meine Botschaft ist: Es ist egal, was die Menschen entdecken wollen und wonach sie suchen – Hauptsache, sie haben den Mut, sich auf den Weg zu machen.

Hat sich denn deine Art zu Reisen im Laufe der Zeit verändert?

Sicherlich. Am Anfang bin ich als Backpacker mit schmalem Budget losgezogen, heute finanziere ich mich durch das Reisen. Aber wie früher bin ich mit wenig Gepäck unterwegs und lege keinen großen Wert auf Luxus. Ich brauche keine schicken Tower-Appartements, aus denen ich die geilsten Instagramfotos machen kann. Nur wenn ich arbeiten muss und dafür eine gute Internetverbindung brauche, gönne ich mir eine etwas bessere Unterkunft über Airbnb.  

Sobald wir hier fertig sind, werde ich zum Beispiel einen Flug nach Sumatra buchen, da wohne ich zwei Wochen in einer ganz einfachen Bambushütte direkt am Strand, komplett offline.

Viel Spaß dabei und vielen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast.

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bhp