Minimum Viable Product – einfach erklärt

Mit einem MVP erfolgreich gründen

Probieren geht über Studieren – in dieser verstaubten Redewendung steckt viel Wahrheit. Auch und gerade, wenn es ums Gründen gilt: Je früher du deine Geschäftsidee ausprobierst, desto besser. 

Ein Trick, um zu testen, ob deine Annahmen stimmen, ist das Minimum Viable Product (MVP). Dieser Begriff geistert schon seit einiger Zeit durch die Gründungsliteratur, aber häufig bleibt unklar, wie Startup-Gründer*innen wirklich davon profitieren können. In diesem Artikel erklären wir dir, was ein MVP ist und wie du damit arbeiten kannst. 

Definition: Was ist ein Minimum Viable Product?

Wenn man den Begriff Minimum Viable Product ins Deutsche übersetzt, kommt so etwas wie das kleinste realisierbare Produkt dabei heraus. Gemeint ist eine erste funktionsfähige Version eines Produkts, die sich schnell(er) herstellen lässt und die nur über die wichtigsten Kernfunktionen verfügt.

Am einfachsten lässt sich an einem Beispiel erklären, was ein MVP ausmacht. Nehmen wir an, du möchtest dich mit deiner eigenen Bio-Kosmetik selbstständig machen. Jetzt könntest du eine umfangreiche Beautyserie von der Fußcreme bis zur Lippenpflege herstellen und einen kompletten Online-Shop mit unterschiedlichen Sparten aufbauen. Rezepte entwickeln, die Produktion organisieren, den Shop programmieren – das alles dauert seine Zeit und verlangt eine Menge Geld.

Klüger wäre es, erstmal mit einer abgespeckten Version an den Start zu gehen: Eine einfache Website gestalten, über die du ein oder zwei Standard-Pflegeprodukte vertreibst, die digitale Werbetrommel rühren – und die Reaktionen abwarten. Das geht viel schneller und kostet nicht die Welt. So könntest du ohne großes Risiko testen, wie die Resonanz auf deine neue Marke ist. Du könntest herausfinden, worauf deine Kunden bei der Pflege besonderen Wert legen und welche weiteren Produkte sie sich wünschen, und so könntest du dein Angebot schrittweise immer weiter ausbauen. Du hättest die Chance, schon Monate früher in den Markt einzusteigen, wertvolle Erfahrungen zu sammeln und am Ende eine Produktpalette und einen Shop zu entwickeln, die genau auf die Bedürfnisse deiner Zielgruppen zugeschnitten wären. Eine bessere Basis für langfristigen Erfolg gibt es nicht. Manche Gründer testen schon ohne fertiges „Mini-Produkt“ – doch dazu später.

Was ist der besondere Clou an einem MVP?

Die Idee stammt aus der Lean-Startup-Bewegung. Deren Ansatz ist es, ein Unternehmen mit einfachen Mitteln und schlanken Prozessen zu gründen. Langwierige Planungs- und Vorbereitungsphasen werden durch den Mut zum Ausprobieren nach dem Prinzip Learning by Doing ersetzt. 

Was heute in nahezu jedem Gründungsratgeber empfohlen wird, war bevor Eric Ries seinen Bestseller „The Lean Startup“ herausbrachte und dem Konzept zum Durchbruch verhalf, noch regelrecht verpönt. Vor allem in Deutschland. Mit einer halbfertigen Lösung an den Markt gehen, ohne das Vorhaben zu 100 Prozent durchdacht und vorbereitet zu haben? Undenkbar aus Sicht der Angestellten und Beamten, die Unternehmertum fördern wollen.

Leider mussten jedoch etliche Gründer*innen die Erfahrung machen, dass ihre Produkte am Ende zwar perfekt waren, aber dennoch keine Käufer fanden. Manche Produkte waren schlicht schon veraltet, wenn sie an den Markt kamen, andere waren viel zu kompliziert und wieder andere einfach am Markt vorbei entwickelt worden. 

Diese bitteren Einsichten führten zu einem Umdenken in der Startup-Szene. Lieber schnell in die Umsetzung kommen und unter realen Marktbedingungen ausprobieren, was ankommt, statt ein Produkt am Reißbrett planen, das hinterher keiner haben will – so lautete fortan das Motto vieler Gründer*innen, von denen einige mit ihren Unternehmen ganze Branchen auf den Kopf stellen sollten (doch dazu später mehr). 

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Wann ist ein Minimum Viable Product sinnvoll?

Nicht jede Gründung braucht ein MVP. Aber vor allem technikaffine Startups mit teuren Entwicklungs- und Produktionszyklen und innovative Geschäftsmodelle in schnelllebigen Branchen sollten auf diesen Schritt im Rahmen ihrer Gründung nicht verzichten. Man kann sagen: Je innovativer deine Geschäftsidee und je dynamischer deine Branche, desto eher ist diese Methode angeraten. 

Aber auch bei erfolgreichen Geschäftsmodellen kannst du vom Geist der Lean-Startup-Szene profitieren: Schnell ins Machen kommen, das Feedback der Kunden ernst nehmen und nie aufhören zu lernen, das sind Tugenden, die bei jeder Unternehmensgründung gefragt sind.

Ein Minimum Viable Product entwickeln – so geht´s

Bei einem Minimum Viable Product dreht sich alles darum, schnell einen Wert für den Kunden zu schaffen. Anders als ein Prototyp, der noch nicht zwingend funktions- und verkaufsfähig sein muss, muss ein MVP dem Kunden bereits einen Nutzen bieten – auch wenn dieser auf die wesentlichen Kernfunktionen beschränkt sein kann. 

Deine erste Aufgabe besteht also darin, herauszufinden, worin diese Kernfunktion liegt. Worin liegt das wichtigste Problem, das du zu lösen versprichst – also dein Nutzenversprechen? Wofür soll dein Produkt oder deine Marke stehen? 

In unserem Beispiel vom Anfang wäre ein geeignetes Minimum Viable Product wohl nicht die regenerierende Augencreme für die besonders trockene Haut ab 50, sondern eher eine wohltuende Pflegecreme für alle Hauttypen. Es sei denn, du testest eine ganz spezielle Zielgruppe.

Sobald du die Kernfunktion deines Produkts definiert hast, geht es darum, sie so schlank wie möglich marktfähig zu machen. Dabei ist deine Kreativität gefragt. Jede Geschäftsidee ist anders und verlangt nach einem anderen MVP. Einige Ideen und Anregungen  findest du in unseren Beispielen weiter unten in diesem Text.
 

Tipp: In Folge 3 der Podcast-Reihe „Ideencouch“ erfährst du, wie Julian eine Software für Handwerksbetriebe entwickelt, testet und auf den Markt bringt.

Minimum Viable Product und Online-Marketing: Ein Dreamteam

Bei der Markteinführung deines Minimum Viable Products spielt das Internet eine wichtige Rolle. Es bietet nämlich die perfekten Bedingungen, um Produkte schnell und einfach einer bestimmten Zielgruppe anzubieten und die Resonanz zu messen: Anzeigenkampagnen lassen sich in wenigen Minuten aufsetzen, einfache Onlineshops können auch ohne Programmierkenntnisse erstellt werden und die Reaktionen der Zielgruppe lassen sich ohne teure Marktforschung messen. 

So lässt sich der von Eric Ries entwickelte Lean-Startup-Kreislauf aus den drei Schritten

  1. build (machen) 
  2. measure (messen) 
  3. learn (lernen) 

ganz easy durchlaufen, und zwar immer wieder, bis du ein Angebot präsentieren kannst, das genau auf die Bedürfnisse deiner Kunden zugeschnitten ist.

Eine Crowdfunding-Kampagne eignet sich auch sehr gut, um zu testen, ob das Produkt Anklang findet, sowie um Reichweite und Interessenten zu generieren und dadurch gleichzeitig die Herstellung eines MVPs zu finanzieren.

Diese bekannten Startups wurden mit einem Minimum Viable Product erfolgreich

Einige der erfolgreichsten Startups der letzten Jahre haben mit einem Minimum Viable Product angefangen: 

  • Der Legende nach haben die Gründer von Airbnb ein Zimmer ihrer WG mit einer Luftmatratze ausgestattet und über eine simple Website an Touristen und Geschäftsreisende vermietet. Fertig war ihr MVP. Das positive Feedback ihrer Gäste und die Einfachheit des gesamten Prozesses brachte sie auf die Idee, ihr Konzept (wenn man es damals überhaupt schon so nennen konnte) zu einer internationalen Plattform auszubauen.
    Heute bietet ihr Unternehmen nach eigenen Angaben weltweit über sieben Millionen Übernachtungsmöglichkeiten an und ist in 62 Sprachen in über 220 Ländern und Regionen verfügbar. 
     
  • Auch der Streamingdienst Spotify hat mal klein angefangen. Der Gründer Daniel Ek hatte die Vision, den Nutzer*innen illegaler Musiktauschbörsen eine legale Alternative zu bieten. Dafür konnte er aber zunächst nur die schwedische Musikindustrie gewinnen. Sein Minimum Viable Product bestand also ausschließlich in der Musik schwedischer Künstler*innen. Erst als die internationalen Musikgiganten sahen, wie gut diese Idee funktionierte, waren auch sie zu einer Kooperation bereit. Damit war der Weg frei für den weltweiten Siegeszug des Streamingdienstes.
     
  • Besonders anschaulich zeigt die Geschichte von Zappos-Gründer Nick Swinmurn, wie ein MVP die Gründung eines Startups beschleunigen kann. Nick war Ende der 1990er-Jahre der erste, der einen Onlineshop für Schuhe aufbaute. Doch bevor er viel Zeit und Geld in diese Idee investierte, wollte er wissen, ob die Leute überhaupt bereit wären, Schuhe übers Internet zu kaufen. Er bastelte kurzerhand eine Website mit Fotos, die er in Schuhgeschäften in der Nachbarschaft aufgenommen hatte. Klickte ein Kunde auf „Bestellen“, kaufte Nick die gewünschten Schuhe dort, wo er sie zuvor fotografiert hatte, und brachte sie zur Post. Erst als er wusste, dass sein Plan aufgehen würde, entwickelte er seinen Onlineshop, den er später für ein hübsches Sümmchen an Amazon verkaufte.

Erfolgsgeschichten wie diese sind der Grund, warum Minimum Viable Products von Startup-Gründer*innen und Gründungs-Fachleuten gleichermaßen geliebt werden. Es gibt eben keine bessere Methode, um mit wenig Aufwand und Risiko zu prüfen, was eine Geschäftsidee taugt und wie sie an die Bedürfnisse der Kunden angepasst werden kann. 

MVP Buchstaben und Tastatur

Umsetzung in der Praxis: Möglichkeiten und Fehlerquellen

Nicht immer lässt sich ein MVP so sparsam umsetzen, wie in den genannten Beispielen. Manchmal braucht man selbst für die Schmalspur-Version eines Produkts mehr Geld, als man alleine aufbringen kann. Falls das bei dir der Fall sein sollte und du eine Finanzierung brauchst, ist es eine gute Idee, deinen Geldgebern in deinem Businessplan darzulegen, wann du einen soliden Markttest mittels MVP durchführen wirst und wie dieses aussehen kann. 

Viele MVP basieren allerdings auf einem Trick: Sie gaukeln dem Kunden nur vor, es gebe ein fertiges Produkt. Dabei startet die Produktion erst, wenn entsprechende Bestellungen eingegangen sind. Oder es wird in Wahrheit von Hand erledigt, was später automatisch erfolgen soll – wie bei Zappos. Diese kleinen Flunkereien sind in Ordnung, solange sie nicht den Kernnutzen deines Angebots betreffen. Denn mit einem unfertigen Produkt, das die Erwartungen der Käufer*innen nicht ansatzweise erfüllt, könntest du deine Zielgruppe nachhaltig verärgern. Das vermeidest du, indem du dich auf den Kernnutzen konzentrierst. Lass alles weg, was nicht absolut notwenig ist, aber achte darauf, dass dein Minimum Viable Product dennoch einen echten Nutzen für den Kunden bringt. 

Das führt zu einem weiteren wichtigen Punkt, bei dem Fehler passieren können: der Definition der Zielgruppe. Mach dir bewusst, dass du mit deinem Minimum Viable Product (noch) nicht alle deine potenziellen Kunden glücklich machen wirst. Ein MVP ist kein Massenprodukt.Fokussiere dich zunächst auf diejenigen, die den größten Bedarf an deiner Lösung haben – und dafür bereit sind, gewisse Einschränkungen hinzunehmen. Und such dir für den Markteintritt eine passende Nische, in der du auch mit deinem Minimal-Produkt überzeugen kannst. 

Ein weiterer typischer Fehler, den du vermeiden solltest: ein MVP auf den Markt bringen, um möglichst schnell Umsatz zu machen. Denn darum geht es nicht. 

Sinn und Zweck eines MVP ist es, möglichst viele Informationen über deine Zielgruppe zu bekommen und diese zu nutzen, um dein Produkt zu verbessern.

Fazit

Ein Minimum Viable Product dient dazu, schnell und einfach in den Markt einzusteigen. Das Feedback der ersten Nutzer*innen hilft dabei, die Minimal-Version immer weiter zu entwickeln, bis nach mehrmaligem Durchlaufen des Lean-Startup-Kreislaufs ein vollwertiges Produkt entstanden ist, das den Kundenwünschen zu 100 Prozent entspricht. 

Dieses Vorgehen eignet sich vor allem für innovative Geschäftsmodelle, bei denen noch unklar ist, welche Erwartungen und Wünsche die Zielgruppe hat. 

Mit einem MVP zu gründen, hat zwei Vorteile:

  1. Der richtige Zeitpunkt für den Markteintritt wird nicht verpasst. Das ist vor allem in dynamischen Branchen von Bedeutung, bei denen es darum geht, sich bloß nicht von der Konkurrenz abhängen zu lassen 
  2. Das Produkt wird nicht an der Zielgruppe vorbei entwickelt und es werden keine Ressourcen für die Entwicklung von Zusatzfunktionen verschwendet, die die Kunden gar nicht brauchen. 

Weniger Risiko, kundenfreundlichere Lösungen, nachhaltiger Erfolg – das sind tatsächlich gute Gründe, um den „Umweg“ über ein MVP zu gehen und dein Produkt schrittweise mit dem Feedback deiner Kund*innen zu verbessern. 

Tipp: Unser Partner LaborX Hamburg veranstaltet regelmäßig Gründer-Events, sowohl vor Ort also auch online. Wenn du Inspiration suchst, mehr über Entrepreneurship und die Entwicklung von Geschäftsmodellen lernen möchtest oder schon eine Idee oder ein MVP hast und dazu Feedback und Tipps brauchst, bist du hier genau richtig. 
Das LaborX wurde von Prof. Günter Faltin ins Leben gerufen und findet auch in anderen Städten statt 

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bhp