Die Bilanzierungspflicht ist die gesetzliche Verpflichtung für buchführungspflichtige Kaufleute, die finanzielle Lage des Unternehmens in einer Bilanz transparent zu machen. Diese Informationen sind relevant für Stakeholder und werden auch für Kreditanfragen angefordert.
In diesem Beitrag erfährst du, für wen die Bilanzierungspflicht gilt, was bei der Bilanzierung zu beachten ist und welche Folgen es haben kann, wenn ein Unternehmen seiner Bilanzierungspflicht nicht nachkommt.
Bilanzierungspflicht: Was ist das?
Die Bilanzierungspflicht ist ein zentraler Bestandteil der Finanzbuchhaltung und beschreibt die gesetzliche Verpflichtung von Unternehmen, ihre finanzielle Lage und ihre Vermögenswerte in Form von Bilanzen transparent und nachvollziehbar darzustellen. Die Basis einer Bilanz ist die doppelte Buchführung.
Diese Pflicht ist im Handelsgesetzbuch (HGB) und in den Steuergesetzen verankert und hat zum Ziel, Investor*innen, Gläubiger*innen und andere Interessengruppen über die finanzielle Stabilität und Entwicklung des Unternehmens zu informieren. In dieser Hinsicht schafft die Bilanzierungspflicht Transparenz und stellt eine wichtige Grundlage für wirtschaftliche Entscheidungen dar. Damit bildet sie einen zentralen Baustein für das Vertrauen in die Finanzmärkte.
Wer ist bilanzierungspflichtig?
Die Bilanzierungspflicht hängt von der Rechtsform und der Größe deines Unternehmens ab. Für Einzelkaufleute, Freiberufler*innen und bestimmte Personengesellschaften besteht grundsätzlich keine Bilanzierungspflicht. Bist du Freiberufler*in, reicht in der Regel eine Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) für die Steuererklärung aus.
Als Einzelunternehmer*in bist du bilanzierungspflichtig, wenn dein jährlicher Umsatz über 800.000 EUR oder dein Jahresgewinn über 80.000 EUR liegt. Die genauen Vorgaben richten sich in erster Linie nach den Steuergesetzen. Wenn das Finanzamt keine Bilanz von dir verlangt, reicht eine Einnahmenüberschussrechnung aus.
Personenhandelsgesellschaften wie OHG und KG unterliegen der Bilanzierungspflicht, müssen ihre Bilanz aber nicht im Bundesanzeiger veröffentlichen.
Beschränkt haftende Gesellschaftsformen wie GmbH, GmbH & Co. KG und Limited sind zur Erstellung einer Bilanz und zur Veröffentlichung im Bundesanzeiger verpflichtet. Dabei sind eine Gewinn-und-Verlust-Rechnung sowie Erläuterungen erforderlich. Je nach Unternehmensgröße muss die Bilanz von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geprüft werden. Diese strengen Regelungen dienen dem Schutz der Gläubiger*innen.
Grenzbeträge und Ausnahmen
Das Handelsgesetzbuch (§ 241a) regelt, dass Unternehmen, die grundsätzlich zur Buchführung und Bilanzierung verpflichtet sind, von der Bilanzierungspflicht befreit sind, wenn sie in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren
- nicht mehr als 80.000 EUR Jahresüberschuss (Gewinn) erwirtschaften oder
- einen Umsatz von nicht mehr als 800.000 EUR haben.
Unternehmen, die diese Grenzen nicht überschreiten, haben die Möglichkeit, eine Einnahmenüberschussrechnung zu erstellen. Hierbei werden lediglich die Einnahmen und Ausgaben des Geschäftsjahres gegenübergestellt, ohne dass eine Bilanz aufgestellt werden muss. Genaueres zur EÜR liest du etwas weiter unten.
Wann sind Gesellschaften bilanzierungspflichtig?
Unabhängig von ihrer Größe oder ihrem Umsatz sind in Deutschland Kapitalgesellschaften wie die GmbH, AG oder KGaA sowie eingetragene Genossenschaften immer bilanzierungspflichtig. Auch wenn sie keinen Gewinn erwirtschaften, müssen sie eine Bilanz erstellen und veröffentlichen.
Für Einzelunternehmer*innen und Personengesellschaften wie die OHG oder KG gibt es Grenzbeträge, ab denen eine Bilanzierungspflicht besteht.
Bilanzierungspflicht: Einzelunternehmer*innen und Personengesellschaften
Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften wie die OHG oder KG hängt die Bilanzierungspflicht, wie bereits oben dargestellt, von bestimmten Grenzbeträgen ab.
Es ist jedoch zu beachten, dass es je nach Rechtsform und Branche des Unternehmens Ausnahmen und Sonderregelungen geben kann. Daher ist es ratsam, sich von Steuerberater*innen oder Fachexpert*innen beraten zu lassen, um sicherzustellen, dass die Bilanzierungspflicht ordnungsgemäß erfüllt wird.
Bilanz oder EÜR: Was sind die Unterschiede?
Die EÜR ist eine vereinfachte Form der Gewinnermittlung und eignet sich besonders für Kleinunternehmer*innen oder Freiberufler*innen mit überschaubaren Einnahmen und Ausgaben. Sie basiert auf der Erfassung von Einnahmen und Ausgaben in einem Kalenderjahr und der Ermittlung des Gewinns durch den Vergleich der beiden Gesamtbeträge. Die EÜR kann in der Regel leichter und schneller erstellt werden als eine Bilanz, erlaubt aber auch weniger detaillierte Einblicke in die finanzielle Situation des Unternehmens.
Die Bilanz hingegen bietet eine genaue Darstellung des Vermögens, der Schulden und des Eigenkapitals eines Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt. Sie gibt einen umfassenden Überblick über die finanzielle Situation und eignet sich insbesondere für größere Unternehmen, die Transparenz über ihre Finanzen für Dritte schaffen wollen, weil sie beispielsweise Investoren suchen oder weitere Mittel benötigen. Die Bilanzierung ist jedoch aufwendiger und erfordert in der Regel Unterstützung durch Steuerberater*innen oder Fachexpert*innen.
Wie wird eine Bilanz erstellt?
Bei einer Bilanz handelt es sich um eine Übersicht über die Vermögens-, Schulden- und Eigenkapitalsituation eines Unternehmens oder einer Person zu einem bestimmten Zeitpunkt.
Die Erstellung einer Bilanz erfordert folgende grundlegende Schritte:
- Ermittlung des Vermögens: Das Vermögen umfasst alle Ressourcen, die das Unternehmen besitzt, einschließlich Bargeld, Forderungen, Vorräte, Anlagevermögen und eventuell auch immaterielle Vermögensgegenstände. Ermittle den Wert dieser Vermögenswerte zum Bilanzstichtag
- Ermittlung der Schulden: Die Schulden sind alle Verbindlichkeiten, die das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt hat, wie Kredite, Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, Steuern und andere Verbindlichkeiten
- Ermittlung des Eigenkapitals: Das Eigenkapital ist der Wert, den das Unternehmen besitzt, nachdem alle Schulden vom Vermögen abgezogen wurden. Es umfasst das gezeichnete Kapital sowie die Rücklagen und Gewinne
- Aufstellung der Bilanz: Die Bilanz besteht aus zwei Seiten, der Aktivseite und der Passivseite. Auf der Aktivseite werden die Vermögenswerte aufgelistet, während auf der Passivseite die Schulden und das Eigenkapital aufgeführt werden. Die Summe der Aktivseite muss der Summe der Passivseite entsprechen
- Prüfung der Bilanz: Überprüfe die Bilanz sorgfältig, um sicherzustellen, dass alle Beträge korrekt sind und die Bilanz ausgeglichen ist
Wichtig: Beachte, dass die Erstellung einer Bilanz je nach Art und Größe des Unternehmens und der Art der Vermögenswerte und Schulden, die es hat, recht komplex sein kann. Es ist daher sinnvoll, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um sicherzugehen, dass die Bilanz korrekt und vollständig ist.
Eröffnungsbilanz und Schlussbilanz
Die Eröffnungsbilanz wird zu Beginn des Geschäftsjahres aufgestellt und gibt einen Überblick über die Vermögenswerte und Schulden, die das Unternehmen zum Zeitpunkt der Geschäftseröffnung besitzt. Hier werden alle Vermögensgegenstände und Schulden des Unternehmens erfasst und gegenübergestellt. Die Eröffnungsbilanz bildet somit den Ausgangspunkt für die weitere Buchführung im Geschäftsjahr.
Die Schlussbilanz wird hingegen am Ende des Geschäftsjahres erstellt und gibt Auskunft über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens zum Abschluss des Geschäftsjahres. Auch hier werden alle Vermögenswerte und Schulden des Unternehmens erfasst und gegenübergestellt, wobei die Veränderungen im Vergleich zur Eröffnungsbilanz berücksichtigt werden. Außerdem werden die Erträge und Aufwendungen des Geschäftsjahres erfasst und der Gewinn oder Verlust des Unternehmens ermittelt.
Die Eröffnungsbilanz und die Schlussbilanz sind somit wichtige Instrumente der Buchführung und bilden eine Grundlage für die weitere Steuerung und Planung des Unternehmens. Sie dienen als Basis für die Aufstellung der Gewinn-und-Verlust-Rechnung sowie der weiteren betriebswirtschaftlichen Auswertungen und Analysen.
Buchführungspflicht: Einfache oder doppelte Buchführung?
Die Buchführungspflicht kann durch die sogenannte einfache Buchführung oder die doppelte Buchführung erfüllt werden.
Kleingewerbetreibende und Freiberufler*innen, die nicht bilanzierungspflichtig sind und deren Umsatz unter bestimmten Grenzwerten liegt, können ihre Buchführungspflicht in der Regel durch die einfache Buchführung erfüllen. Hierbei werden alle Geschäftsvorfälle in einer Art Kassenbuch oder Journal erfasst. Es müssen also lediglich alle Einnahmen und Ausgaben aufgezeichnet werden, ohne dass eine systematische Aufteilung in verschiedene Konten erfolgt. Diese Art der Buchführung ist vergleichsweise einfach und zeitsparend, eignet sich aber nur für kleine Unternehmen mit geringem Geschäftsvolumen.
Größere Unternehmen müssen hingegen die doppelte Buchführung anwenden. Hierbei werden alle Geschäftsvorfälle systematisch auf verschiedenen Konten gebucht, wodurch eine detaillierte Übersicht über die finanzielle Situation des Unternehmens entsteht. Die doppelte Buchführung ist wesentlich aufwendiger als die einfache Buchführung, erlaubt aber detaillierte Auswertungen und Analysen, die für größere Unternehmen unerlässlich sind.
In jedem Fall ist es wichtig, dass die Buchführung ordnungsgemäß und sorgfältig durchgeführt wird, um eine korrekte Abwicklung der steuerlichen Angelegenheiten und eine transparente Darstellung der finanziellen Situation des Unternehmens zu gewährleisten.
Gewinn-und-Verlust-Rechnung
Zusammen mit der Bilanz stellt die Gewinn-und-Verlust-Rechnung den Jahresabschluss dar und muss von allen Unternehmen erstellt werden, die zur doppelten Buchführung verpflichtet sind.
Die Gewinn-und-Verlust-Rechnung, auch als GuV oder Einkommensrechnung bezeichnet, ist eine betriebswirtschaftliche Kennzahl, die das Ergebnis eines Unternehmens innerhalb eines bestimmten Zeitraums (z. B. eines Geschäftsjahres) ausweist. Sie stellt die Erträge und Aufwendungen eines Unternehmens gegenüber und ermittelt somit den Gewinn oder Verlust.
Die Gewinn-und-Verlust-Rechnung gliedert sich in der Regel in verschiedene Positionen, die nach Art und Funktion aufgeteilt sind. Zu den Ertragspositionen gehören z. B. der Umsatz, Zinserträge oder auch Erlöse aus dem Verkauf von Vermögensgegenständen. Zu den Aufwandspositionen zählen hingegen beispielsweise Materialkosten, Personalkosten, Abschreibungen oder Zinsaufwendungen.
Die Gewinn-und-Verlust-Rechnung zeigt, ob das Unternehmen einen Gewinn oder Verlust erwirtschaftet hat und in welchem Umfang dies geschehen ist. Sie ist somit ein wichtiges Instrument der betriebswirtschaftlichen Analyse und Steuerung des Unternehmens. Darüber hinaus dient die sie als Grundlage für die Erstellung des Jahresabschlusses und der Steuererklärung.
In Deutschland sind in der Regel alle Unternehmen, die buchführungspflichtig sind, dazu verpflichtet, eine Gewinn-und-Verlust-Rechnung aufzustellen und im Jahresabschluss zu veröffentlichen. Dazu gehören insbesondere Kapitalgesellschaften wie GmbHs und AGs, aber auch Einzelunternehmen und Personengesellschaften, wenn sie bestimmte Größen- oder Umsatzgrenzen überschreiten.
Die genauen Regelungen zur Aufstellung und Veröffentlichung der Gewinn-und-Verlust-Rechnung sind im HGB sowie im Steuerrecht geregelt. Demnach müssen Unternehmen in der Regel eine ordnungsgemäße Buchführung aufweisen und am Ende des Geschäftsjahres einen Jahresabschluss aufstellen, der aus einer Bilanz, einer Gewinn-und-Verlust-Rechnung sowie einem Anhang besteht.
Insgesamt gibt es jedoch verschiedene Kriterien und Ausnahmeregelungen, die für die Pflicht zur Aufstellung einer Gewinn-und-Verlust-Rechnung relevant sind. Daher solltest du dich im Zweifel immer an eine*n Steuerberater*in oder eine andere Fachkraft wenden, um die konkreten Pflichten und Anforderungen in deinem individuellen Fall zu klären.
Vorteile und Nachteile der Bilanzierung
Wie alle Dinge im Leben hat auch die Bilanzierungspflicht sowohl Vor- als auch Nachteile, die im Folgenden näher erläutert werden:
Die Vor- und Nachteile der Bilanzierungspflicht hängen stark von der individuellen Situation des Unternehmens ab. Daher solltest du die konkreten Auswirkungen und Anforderungen in deinem spezifischen Fall sorgfältig abwägen und gegebenenfalls Fachleute zurate ziehen.
Bilanzierungspflicht: Das passiert bei einer Nichteinhaltung
Die Nichteinhaltung der Bilanzierungspflicht kann ernsthafte Konsequenzen für Unternehmen haben. Dazu gehören beispielsweise hohe Bußgelder, rechtliche Schritte durch die Finanzbehörden oder auch der Verlust der Geschäftslizenz.
Es ist daher sehr wichtig, die Bilanzierungspflicht zu erfüllen, um negative Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit zu vermeiden.
Fazit
Die Bilanzierungspflicht ist ein wichtiges Instrument der Unternehmenssteuerung, das Transparenz schafft.
Die gesetzliche Verpflichtung zur Erstellung von Jahresabschlüssen gibt Investor*innen, Gläubiger*innen und anderen Interessengruppen einen Überblick über die finanzielle Lage und die Geschäftsentwicklung von Unternehmen.
Die Bestandteile einer Bilanz sind dabei in der Regel immer gleich und umfassen Aktiva, Passiva und Eigenkapital. Die genauen Vorgaben zur Bilanzierungspflicht sind jedoch von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich und hängen von verschiedenen Faktoren wie Größe und Rechtsform des Unternehmens ab.
In jedem Fall ist die Einhaltung der Bilanzierungspflicht von großer Bedeutung, da der Jahresabschluss eine wesentliche Grundlage für die Unternehmensanalyse bereitstellt.