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30.05.2018 | Ulrich Reinders

Partnerporträt: Stephanie Bargfrede von der HWK zu Köln
„Handwerker gründen anders.“

Dem Handwerk fehlt der Nachwuchs. Allein im Bezirk der Handwerkskammer (HWK) zu Köln sucht in den nächsten zehn Jahren jeder vierte Betrieb Nachfolger*innen. Betriebsübernahmen sind daher eine gängige Form der Gründung im Handwerk, sagt Stephanie Bargfrede, Leiterin des Geschäftsbereichs Unternehmensberatung und Internationales der HWK zu Köln. Die Beratung dazu wird in der Domstadt groß geschrieben.

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Stephanie Bargfrede der HwK zu Köln (Fotocredit: Schröder/HwK Köln)

Frau Bargfrede, gründen Handwerker*innen anders als andere?

Im zulassungspflichtigen Handwerk definitiv! Dafür benötigen die Gründer*innen nach wie vor einen Meisterbrief - übrigens der einzige Berufsabschluss, der direkt zum Unternehmertum befähigt. Im zulassungsfreien Handwerk hingegen, zu dem beispielsweise Fotograf*innen und Fliesenleger*innen zählen, ist das Gründungsverhalten kaum anders als in anderen Branchen.

Worauf müssen Handwerker*innen bei einer Gründung besonders achten?

In erster Linie natürlich darauf, dass sie die richtige Qualifizierung haben. Wer sich als Tischler*in oder Frisör*in selbstständig machen will, muss die Meisterschule absolvieren. Dann ist das Thema Finanzierung ein großes. Viele Handwerker*innen benötigen Maschinen oder eine spezielle Einrichtung. Nicht zuletzt spielt auch die Standortwahl eine Rolle, denn es soll ja auch genug Kund*innen geben, die den Betrieb florieren lassen. Handwerker*innen brauchen einen langen Atem, drei bis vier Jahre müssen sie rechnen, bevor sie etabliert sind.

Welche Gründungsberatung bietet die Handwerkskammer in Köln?

Wir beraten angehende selbstständige Handwerker*innen individuell, objektiv und kostenfrei. Und zwar sowohl bei der Neugründung als auch bei der Betriebsübernahme. Denn auch die Übernahme eines bestehenden Betriebes ist eine Gründung.

Welche Leistungen der Kammer werden denn besonders nachgefragt?

Unsere Kund*innen informieren sich über grundlegende Themen wie Kalkulation und Controlling, aber auch über Versicherungen, Marketing und Förderprogramme. Wir unterstützen mit Stellungnahmen zu Förderanträgen und einer neutralen Bewertung von Betrieben, die übernommen werden sollen.

Welchen Nutzen können angehende Gründer*innen im Handwerk aus www.gruenderplattform.de ziehen?

Die Seite macht einfach Lust, zu gründen. Sie ist gut strukturiert und nimmt die Angst vor dem eigentlichen Schritt in die Selbstständigkeit. Wir waren von Anfang an in die Erstellung involviert, denn es ist toll, dass es ein solches Angebot gezielt für junge Leute gibt. Für das Handwerk muss ich einschränkend sagen, dass es dennoch kaum ohne persönliche Beratung geht.

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Fehlen also konkrete Angebote für Handwerker*innen?

Nein, es gibt so viele Regelungen für zulassungspflichtige Handwerke, das lässt sich in der Gründerplattform nicht abbilden. Eine sinnvolle Ergänzung auf der Seite wäre die Beratung zur Existenzgründung durch Betriebsübernahme. In den kommenden zehn Jahren wird jeder vierte Betrieb in unserem Kammerbezirk einen Nachfolger suchen. Das sind 8.500 Unternehmen.

In welchen Handwerksarten wird im Kölner Raum aktuell am meisten gegründet? Gibt es Unterschiede zum Bund?

Jede Großstadt hat ihre Besonderheiten, es gibt einige Exoten und die Nähe zur Industrie zieht bestimmte Zulieferer an. Aber im Grunde gleicht sich das Bild deutschlandweit. Die meisten Gründungen gibt es im Bereich Elektro- und Metallgewerk, gefolgt vom Bau- und Ausbau-Gewerbe und dem großen Bereich Gesundheit, Körperpflege und Gebäudereinigung an dritter Stelle.

Gibt es Branchen, in denen zu wenige Meister*innen gründen?

Auf jeden Fall! Es fehlt an Bäcker*innen und Metzger*innen. Und das Gesundheitshandwerk, zu dem beispielsweise Orthopädietechniker*innen und Hörgeräte-Akustiker*innen gehören, sucht auch Gründer*innen.

Und was machen die Frauen im Handwerk?

Zunächst einmal: 27 Prozent der eingetragenen Betriebe werden von einer Frau geführt. Das sind aber fast alles klassische Frauenbetriebe, also Friseure, Konditoreien, Optiker- und Zahntechnikbetriebe. Wir verzeichnen aber einen schönen Trend. Die Töchter rücken zunehmend in den etablierten Familienbetrieben nach. Das gilt auch für klassische Männerberufe. Töchter trauen sich das zu – und ihre Väter auch. Das macht Hoffnung für die nächsten Jahre!

Der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans-Peter Wollseifer, sagte kürzlich in einem Interview, dass die Auftragsbücher der Handwerker*innen gut gefüllt sind und viele Betriebe keine Aufträge mehr annehmen könnten, weil ihnen die Fachkräfte fehlen. Wie steuert die Handwerkskammer dem entgegen?

Es gibt seit einigen Jahren die sehr erfolgreiche, bundesweite Imagekampagne des Handwerks. In Köln organisieren wir jedes Jahr eine Großveranstaltung mit etwa 15.000 Teilnehmern auf dem Heumarkt, Azubi-Speeddatings und 150 Ausbildungsbörsen und Schulinfoveranstaltungen. Die bieten wir auch in verschiedenen Sprachen an, damit Migrant*innen und ihre Eltern sich über das Handwerk informieren können. Und wir werben gezielt um Studienabbrecher*innen und Abiturient*innen mit dem Trialen Studium. Innerhalb von fünf Jahren können Interessierte eine Handwerksausbildung inklusive Meister und Bachelor absolvieren. Das ist dann die perfekte Befähigung, einen Betrieb zu führen. Insgesamt ist durch alle diese Maßnahmen die Zahl der Ausbildungsverträge in unserem Kammerbezirk in den vergangenen Jahren um fünf Prozent gestiegen. Das ist ein echter Erfolg.
 
Weiterführende Informationen zur Betriebsübernahme findest du hier: Unternehmens­nachfolge

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bhp