Schritt für Schritt zur Genossenschaftsgründung

Der basisdemokratische und solidarische Weg zum erfolgreichen Unternehmen

Der Weg zur Genossenschaftsgründung: Schritt für Schritt erklärt

Am Anfang steht eine Vision: Du möchtest mit einigen Gleichgesinnten ein Unternehmen gründen, das euch gemeinsam eine bessere Marktposition verschafft. Maßgeblich ist für euch dabei nicht die unbedingte Gewinnmaximierung, sondern vielmehr die Möglichkeit einer basisdemokratisch organisierten, solidarischen Zusammenarbeit. In diesem Fall ist die eingetragene Genossenschaft (eG) die ideale Rechtsform für euer Projekt. Sie verbessert in der Regel auch die Wettbewerbsfähigkeit, vor allem für Kleinunternehmer*innen.

Zweck einer Genossenschaft ist gemäß § 1 Genossenschaftsgesetz die Förderung des Erwerbs, der Wirtschaft sowie der sozialen und kulturellen Belange der (ordentlichen) Mitglieder. Vorteil für die Beteiligten: Teile des privaten Konsums können steuerfrei werden. Bei genossenschaftlichen Fahrzeugen, die den Genossen zur Verfügung stehen, ist beispielsweise keine 1%- bzw. Fahrtenbuchregelung nötig, wenn das Fahrzeug auch privat genutzt wird. Wichtige Bedingung ist aber immer: Die Förderung der Genossenschafts-Mitglieder muss gleich sein.

Bevor wir uns näher mit den Details beschäftigen, sei eines vorweggestellt: Die großen finanziellen Vorteile, die Genossenschaften bei richtiger Gestaltung ermöglichen, haben dazu geführt, dass diese Rechtsform immer stärker für Steuersparkonstruktion bei Großvermögen eingesetzt wird. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber hier irgendwann gegensteuert.

 

Auf einen Blick: Vor- und Nachteile der eingetragenen Genossenschaft

Wie bei jeder anderen Unternehmensgründung sollte euren Überlegungen zur Wahl der passenden Rechtsform ein Abwägen der Vor- und Nachteile vorangehen. Stichpunktartig findet ihr die wichtigsten im Folgenden aufgelistet.

Vorteile

  •  Kein Mindestkapital bei Gründung notwendig
  • Teile des privaten Konsums für ordentliche Mitglieder steuerfrei
  • Demokratische Strukturen – jedes Mitglied hat unabhängig von der Höhe seiner Einlage ein Stimmrecht
  • Erhöhte Insolvenzsicherheit wegen aktiver Kontrolle durch den Prüfverband
  • Mieterträge bei Wohnungsgenossenschaften steuerfrei
  • Vorstand kann ehrenamtlich, auf Minijob-Basis oder sozialversicherungspflichtig arbeiten.
  • Ausschluss des Stimmrechtes bei investierenden Mitgliedern möglich
  • Ausschluss von Mitgliedern durch andere Mitglieder schwer möglich
  • Austretende Mitglieder erhalten nur den Nennwert ihrer Anteile zurück, nicht den „gemeinen“ (also tatsächlichen) Wert
  • im Todesfall eines Mitglieds müssen die Erben nur auf den Nennwert der Anteile Erbschaftsteuer zahlen 

Nachteile

  • Weniger Entscheidungsfreiheit für Einzelne durch Stimmrecht aller Mitglieder
  • Kosten durch Mitgliedschaftspflicht im genossenschaftlichem Prüfverband
  • Keine hohen Gewinne für Einzelne möglich
  • Keine individuelle Förderung der Mitglieder möglich
  • Unliebsam gewordene Mitglieder wird man schwer los
  • Bei Austritt erhält man nur den Nennwert der Anteile zurück, nicht den „gemeinen“ (also tatsächlichen) Wert

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Rechtsform und besondere Eigenschaften der eingetragenen Genossenschaft

Rechtlich ist die eingetragene Genossenschaft eine Kapitalgesellschaft. Das bedeutet, dass alle Gründer*innen ein Startkapital in die Genossenschaft einbringen müssen. Es gibt hier jedoch keine rechtlichen Vorgaben, die ein Mindestkapital verlangen. Wie viel jede/r von euch einbringt, bestimmt ihr im sogenannten Gesellschaftsvertrag, den ihr vor der Gründung gemeinsam erstellen müsst.

In vieler Hinsicht ist die eingetragene Genossenschaft einem Verein ähnlich – Gründer*innen und Mitglieder teilen gemeinsame Interessen und Ziele und fördern durch ihre Tätigkeit soziale und kulturelle Belange. Im Gegensatz zum Verein, der gewöhnlich nicht wirtschaftlich tätig ist, hat die Genossenschaft jedoch genau diesen Zweck: Es handelt sich um einen Zusammenschluss, der an erster Stelle auf wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgelegt ist.

Podcast-Tipp: In Großstädten gibt es so einige Projekte, die von außen betrachtet hoch idealistisch wirken und wenig unternehmerisch. Wie die KulturEnergieGenossenschaft-Altona (KEGA) eG., bei der Marcus Flatten seit 2016 Mitvorstand ist. In dieser Folge spricht Jan mit Markus über die Vorteile der Gründung einer Genossenschaft. Außerdem geht es um Alternativen zu einer öffentlichen institutionellen Förderung für gemeinnützige Projekte. Denn anders als vielleicht gedacht verbrigt sich hinter der KEGA, die für Wärme aus erneuerbaren Energien, Freiräume in der Stadt und Kultur und Nachbarschaft steht, ein Business-Case!

Sonderform: Bürgergenossenschaft

Eine besondere Form der Genossenschaft ist die Bürgergenossenschaft. Sie entstehen auf Initiative von Bürger*innen, die sich zusammenschließen, um bestimmte Aufgaben und Dienstleistungen in ihren Gemeinden eigenverantwortlich zu leisten. Damit handelt es sich zum einen um ein klassisches wirtschaftlich tätiges Unternehmen und zum anderen um eine Organisation der Gesellschaft, initiiert und getragen von bürgerlichem Engagement. Im Gegensatz zu einer Genossenschaft verfolgen Bürgergenossenschaften nicht nur Ziele der eignen Mitglieder, sondern stellen ihre Leistungen auch einem breiten Kreis an lokalen Adressat*innen zur Verfügung und leisten damit einen Beitrag für das Gemeinwesen. 

Um eine Bürgergenossenschaft zu gründen, solltest du zunächst wissen, dass es sich dabei um ein demokratisches und bürger*innengetragenes Partizipationsmodell handelt. Aus einer Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geht hervor, dass Bürgergenossenschaften sich aufgrund ihrer Rechtsform besonders eignen, um neue Lösungsmöglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Bürger*innen und Gemeinden zu erkunden und Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zu vernetzen. Diese Form der Genossenschaft ist deshalb meist in den Bereichen Nahversorgung, Infrastruktur, Kultur, Mobilität und nachbarschaftlicher Hilfe zu finden. Indem zivilgesellschaftliches Engagement mit unternehmerischem Erfolg verbunden wird, bieten Bürgergenossenschaften laut der Studie des BMWK zukünftig auch mögliche Lösungsmodelle für Versorgungsprobleme im ländlichen Raum. Bürgergenossenschaften sind somit ein gutes Beispiel dafür, was mit der Idee einer genossenschaftlichen Selbsthilfe, bürgerlichem Engagement, Kompetenz und der Unterstützung von Öffentlichkeit und Kommunen erreicht werden kann. 

Nichtsdestotrotz erfolgt auch die Gründung einer Bürgergenossenschaft nicht voraussetzungslos und es sind förderliche Rahmenbedingungen notwendig. Wichtig zu wissen ist, dass finanzielle Mittel, unternehmerisches Wissen, ein Netzwerk aus Unterstützer*innen, Durchhaltevermögen und Förderung durch Politik und Kommunen benötigt werden, bevor du mit einer Bürgergenossenschaft durchstarten kannst.

Hier findest du die ausführliche Version der Studie zu Bürgergenossenschaften des BMWK

Kosten und Zeitaufwand

Die Gründung einer Genossenschaft ist an bestimmte Rechtsvorschriften gebunden und kostenpflichtig. Wie hoch die Gründungskosten tatsächlich sind, hängt von mehreren Faktoren ab, unter anderem von der Vollständigkeit der notwendigen Unterlagen und der Größe der Genossenschaft. Den größten Brocken stellt dabei die gesetzlich vorgeschriebene Prüfung des Gründungsvorhabens durch Sachverständige dar, die in eigenen Prüfungsverbänden zusammengeschlossen sind. Ihr solltet je nach Besonderheit eures Gründungsvorhabens von Gesamtkosten zwischen 850 und 2500 EUR ausgehen. In Ausnahmefällen – wenn etwa der Prüfungsaufwand besonders hoch ist – kann die Gründung auch bis zu 4000 EUR kosten.

Der Zeitaufwand für die Gründung einer eingetragenen Genossenschaft ist schwer abschätzbar: Auf jeden Fall solltet ihr von einigen Wochen, manchmal auch Monaten, ausgehen, wenn ihr sämtliche Vorarbeiten und behördlichen Bearbeitungszeiten mit einberechnet. Es ist außerdem sinnvoll, für die Erstellung der Satzung und des Wirtschaftskonzeptes ausreichend Zeit einzuplanen. Je professioneller ihr dabei vorgeht, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Überprüfung durch Sachverständige positiv ausfällt. Dann verzögert sich die Gründung nicht aufgrund notwendiger Korrekturen. Ein enger Kontakt mit dem Prüfungsverband empfiehlt sich bereits von Beginn an.

Ist die Gründungsprüfung positiv abgeschlossen, geht es gewöhnlich schnell. Die Eintragung ins Genossenschaftsregister dauert meist nur einige Tage.

Haftungsfragen

Wie für jeden Wirtschaftsbetrieb bestehen auch für die eingetragene Genossenschaft spezielle Vorgaben zur Regelung der Haftung: Grundsätzlich haften Mitglieder – im Gegensatz zu anderen Rechtsformen – im Insolvenzfall nicht mit ihrem gesamten Privatvermögen. Allerdings haftet die Genossenschaft als Wirtschaftsbetrieb für Verbindlichkeiten mit dem genossenschaftlichen Vermögen. Dieses besteht aus den Einlagen der Mitglieder.

Regelungen, die die Haftung betreffen, könnt ihr auch zusätzlich in eure Satzung aufnehmen. Damit lässt sich zum Beispiel die sogenannte Nachschusspflicht, die Mitglieder zu einer Erhöhung ihres Kapitalanteils oder zur erweiterten Haftung bei Insolvenz zwingt, ausschließen.

Die Haftung der Genossenschafter*innen ist nur einer der wichtigen formalen Punkte, die ihr vor der Gründung der Genossenschaft klären solltet. Es gibt noch einige weitere, die im Wesentlichen im Genossenschaftsgesetz vom 20. Mai 1889 festgehalten sind.

Schritte zur Gründung der eingetragenen Genossenschaft

Und damit wären wir auch schon bei den Gründungsformalitäten: Die eingetragene Genossenschaft ist auf Kooperation der Gründer*innen und ihrer (zukünftigen) Mitglieder ausgelegt. Dies sollte bereits in der Gründungsphase in die Überlegungen zur Erstellung des Businessplanes und der Gründungssatzung einfließen. Ihr solltet also als erstes festlegen, wer von euch die Funktion eine/r Gründer*in übernehmen möchte.

Mitglieder

Das Gesetz gibt vor, dass mindestens drei Gründungsmitglieder vorhanden sein müssen. Das können auch drei UGs oder GmbHs sein, die euch gehören und in denen ihr Geschäftsführer*in seid. Der/die Geschäftsführer*in vertritt dann die Körperschaft und kann gefördert werden. Eine weitere Möglichkeit ist, dass ihr selbst, euer/eure Partner*in und eine gemeinsame GbR eine Genossenschaft gründet – also zwei natürliche Personen und ihre gemeinsame juristische.

Hier kommt es aber auf die geplante Struktur der Genossenschaft an: Wollt ihr schon bei der Gründung den zukünftigen Aufsichtsrat und Vorstand festlegen, benötigt ihr mindestens fünf Gründer*innen – zwei für den Vorstand, drei für den Aufsichtsrat. Das ist besonders dann sinnvoll, wenn ihr vorhabt, mehr als zwanzig Mitglieder aufzunehmen. In diesem Fall ist die Bestellung eines Aufsichtsrats nämlich gesetzlich vorgeschrieben.

Konzepterstellung und Name

Als zweiter und dritter Schritt sollten zwei Konzepte erstellt werden: Eines für die Erstellung der Satzung, ein weiteres für ein tragfähiges wirtschaftliches Modell. Hier könnt ihr ausformulieren, welchem Zweck eure Genossenschaft dienen soll, welche Unternehmungen und geschäftlichen Tätigkeiten ihr betreiben wollt, wer welche Ämter und Aufgaben übernehmen soll. Wer eine Genossenschaft gründen will, muss ihr außerdem einen Namen geben. Der muss nicht zwingend mit der geplanten Tätigkeit in Verbindung stehen. Überlegt aber dennoch, ob das nicht für eure „Corporate Identity” von Vorteil wäre.

Sind die Ideen weitgehend ausgearbeitet, geht es daran, Satzung und Wirtschaftskonzept in eine Fassung zu bringen, die der Überprüfung durch den genossenschaftlichen Prüfungsverband standhält.

Im Gegensatz zum Verein, der gewöhnlich nicht wirtschaftlich tätig ist, hat die Genossenschaft jedoch genau diesen Zweck: Es handelt sich um einen Zusammenschluss, der an erster Stelle auf wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgelegt ist.

Satzung

In der Satzung wird die Struktur der Genossenschaft festgelegt, Aufgaben und Kompetenzen müssen so klar wie möglich geregelt sein. Dazu gehört auch eine Liste der sogenannten zustimmungspflichtigen Geschäfte, die durch den Aufsichtsrat beziehungsweise den Vorstand genehmigt werden müssen. Es ist sinnvoll, die Satzung durch ein Rechtsanwalts- oder Notarbüro, das auf Genossenschaftsrecht spezialisiert ist, durchsehen zu lassen. Ihr riskiert dann nicht, dass euer Entwurf vom Prüfungsverband aufgrund rechtlicher Mängel zurückgewiesen wird.

Wirtschaftskonzept

Das Wirtschaftskonzept muss einen Businessplan für mindestens drei Jahre enthalten. Darin müsst ihr möglichst genau darlegen, welche Tätigkeiten und Investitionen ihr plant, wie hoch eure Eigenmittel sind, welche Einnahmen und Ausgaben zu erwarten sind. Der gesamte Wirtschaftsplan hat einen gewichtigen Stellenwert bei der Beurteilung durch den genossenschaftlichen Prüfungsverband.

Habt ihr diese beiden Punkte erledigt, kann die Gründungssitzung stattfinden. Alle Gründer*innen unterschreiben nun die gemeinsam erarbeitete Satzung, im nächsten Schritt gehen die Unterlagen an einen der dafür vorgesehenen Prüfungsverbände.

Prüfung

Dort erfolgt nun die sogenannte Gründungsprüfung. Der Verband untersucht, ob die zukünftige Genossenschaft die rechtlichen und formalen Voraussetzungen erfüllt und ob das eingereichte Wirtschaftskonzept den Anforderungen realer wirtschaftlicher Tätigkeit entspricht. Man prüft im Grunde, ob eure Idee auch wirtschaftlich erfolgversprechend erscheint.

Ergeht ein positiver Bescheid, steht euch so gut wie nichts mehr im Weg. Ihr könnt ganz offiziell eure Genossenschaft gründen. Ein letzter Schritt ist dazu noch notwendig:
Die Eintragung ins Genossenschaftsregister. Diese erfolgt ganz unkompliziert mittels elektronischem Eintragungsantrag, der allerdings von einem Notarbüro eingebracht werden muss.

Sobald der Eintrag registriert ist, seid ihr amtlich bestätigte Genoss*innen.

Fazit

Die Gründung einer eingetragenen Genossenschaft stellt vor allem für Kleinunternehmer*innen, die gemeinsam wirtschaftlich vorteilhafter handeln wollen, eine interessante Alternative zu anderen unternehmerischen Strukturen dar. Im Mittelpunkt der genossenschaftlichen Tätigkeit stehen die Interessen der Mitglieder anstelle der Gewinnmaximierung.

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bhp