Das Marktpotenzial

So einfach ermittelst du das Marktpotenzial deiner Geschäftsidee

Du hast eine spannende Gründungsidee und planst, ein innovatives Produkt auf den Markt zu bringen? Dann stehen vor dem großen Durchbruch noch einige Recherchen und Berechnungen an. Schließlich musst du erst einmal wissen, ob überhaupt eine ausreichend große Nachfrage für dein Produkt bestehen könnte. Darüber gibt das Marktpotenzial Aufschluss.

Die Ermittlung des Marktpotenzials ist Teil der Marktanalyse, zu der unter anderem auch Themen wie Marktvolumen, Marktdurchdringung und Marktanteil zählen. Die Marktanalyse brauchst du für deinen Businessplan, mit dem du dich zum Beispiel bei der Bank um einen Kredit bemühst. Aber auch für dich ist es wichtig, zu wissen, ob deine Idee tatsächlich erfolgversprechend und wachstumsfähig ist. Und später, wenn du schon gegründet hast, bleibt das Marktpotenzial eine wichtige Kennzahl für den gesamten Produktlebenszyklus. Dann dient es vor allem im Produktmanagement und im Marketing der Orientierung. Es hilft dir, immer wieder zu überprüfen, ob es noch weitere Wachstumschancen gibt oder das potenzielle Marktvolumen bereits ausgeschöpft ist. Hier erfährst du, was genau es mit dem Marktpotenzial auf sich hat, wie du es berechnest und was es dir bringt.

Definition: Was ist eigentlich das Marktpotenzial?

Der Begriff Marktpotenzial beschreibt das theoretisch maximal mögliche Marktvolumen, also die maximale Absatzmenge eines Produktes bzw. dein maximales Umsatzvolumen. Hierbei geht es zunächst um einen rein theoretischen Wert, nicht darum, welche Menge bzw. welches Volumen tatsächlich erreicht wird. Dieses Marktpotenzial zu ermitteln, hilft dabei, die Marktsituation einzuschätzen, bevor du dein eigenes Produkt herausbringst. Das ist zusammen mit anderen Aspekten der Marktanalyse notwendig, um beispielsweise eine Finanzierung zu bekommen. Aber auch dir als Gründer*in kann das Marktpotenzial Aufschluss darüber geben, wie gut deine Idee tatsächlich ist und ob sie Potenzial hat.

Auf einem wachsenden Markt ist das Marktpotenzial am größten. Durch neue Trends entsteht zum Beispiel gerade erst eine erhöhte Nachfrage und es gibt noch wenig Konkurrenz. In einem gesättigten Markt ist das Marktpotenzial dagegen relativ gering – es gibt bereits genügend Angebote, die die Nachfrage befriedigen. Auf einem schrumpfenden Markt ist logischerweise kaum noch Marktpotenzial vorhanden und es ist fraglich, ob es sich überhaupt lohnt, in diesen Markt einzutreten.

Abgrenzung zu anderen Aspekten der Marktanalyse

Das Marktpotenzial ist nicht zu verwechseln mit anderen Begriffen, die mit „Markt-“ beginnen und für die Marktanalyse wichtig sind. Diese weiteren Aspekte haben jeweils eine eigene Bedeutung:

  • Das Marktvolumen beschreibt die tatsächliche Absatzmenge bzw. den tatsächlichen Umsatz einer bestimmten Branche innerhalb des Marktes.
  • Das Absatzvolumen bezieht sich auf den tatsächlichen Absatz deines Unternehmens.
  • Genauso ist es beim Absatzpotenzial: Es bezieht sich auf die theoretisch maximal mögliche Absatzmenge deines Unternehmens, während sich das Marktpotenzial auf den gesamten Markt bezieht.
  • Der Marktanteil gibt den Anteil deines Unternehmens am Gesamtumsatz innerhalb eines Marktes an – also das Verhältnis von Absatzvolumen zu Marktvolumen.
  • Die Marktsättigung gibt an, wie viel Marktpotenzial bereits durch das Marktvolumen ausgeschöpft wird.
  • Der Grad der Marktdurchdringung gibt an, zu wie viel Prozent du das Absatzpotenzial bereits ausschöpfst und wie hoch dementsprechend deine Wachstumschancen sind.

So ermittelst du das Marktpotenzial in drei Schritten

Das Marktpotenzial lässt sich mit einer einfachen Formel berechnen – sofern du die entsprechenden Werte kennst. Dazu ist zunächst etwas Marktrecherche notwendig. Erst einmal musst du deine Zielgruppe definieren und genau unter die Lupe nehmen, um herauszufinden, wie groß sie eigentlich ist. Dann solltest du dich fragen, wie hoch und wie häufig der Bedarf deiner Zielgruppe an deinem Produkt ist. Außerdem ist zu berücksichtigen, wie viel dein Produkt kosten soll und wer es sich leisten kann. Am einfachsten sind die folgenden Schritte anhand eines Beispiels zu verstehen. Stell dir also vor, du möchtest einen leckeren veganen Proteinriegel auf Mandelbasis auf den Markt bringen. Nun beginnst du, das Marktpotenzial für dein Produkt zu ermitteln.

1. Zielgruppe definieren

Im ersten Schritt überlegst du dir, welche potenziellen Käufer*innen in deine Zielgruppe passen. Deinen Proteinriegel möchtest du vielleicht an Erwachsene zwischen 20 und 40 Jahren verkaufen, die ins Fitnessstudio gehen. Über öffentlich zugängliche Statistiken, beispielsweise vom Statistischen Bundesamt, findest du leicht heraus, wie viele Personen es in der Altersgruppe an deinem Standort gibt. Nehmen wir an, du verkaufst deinen Riegel über einen Onlineshop deutschlandweit. Laut Statistischem Bundesamt sind 24,6 Prozent der deutschen Bevölkerung zwischen 20 und 40 Jahre alt. Das sind also ca. 20.450.000 Menschen. 

Nicht alle diese Leute werden sich für deinen Proteinriegel interessieren. Das Produkt richtet sich besonders an Menschen, die viel Sport treiben und dafür beispielsweise regelmäßig ins Fitnessstudio gehen. Wie findest du nun heraus, wie viele das sind? Auch hierfür kannst du Statistiken zu Rate ziehen – zum Beispiel aus Branchenberichten oder Marktforschungsstudien. Eine dieser Studien zeigt, dass 4,4 Millionen Deutsche 2019 mehrmals wöchentlich ins Fitnessstudio gingen – also etwa jede*r 20. 

Um herauszufinden, wie viele Menschen zwischen 20 und 40 mehrmals wöchentlich ins Fitnessstudio gehen, teilst du nun 20.450.000 durch 20. Du erhältst also eine Zielgruppe von insgesamt 1.022.500 potenziellen Käufer*innen. 

2. Anzahl und Häufigkeit der Käufe schätzen

Im zweiten Schritt versuchst du herauszufinden, wie häufig deine Kund*innen sich einen deiner Proteinriegel kaufen werden. Gehen wir einmal davon aus, dass sie dreimal die Woche im Fitnessstudio sind und sich dazu einen Proteinriegel kaufen. Auf ein Jahr hochgerechnet sind das 156 Proteinriegel pro Person. Angenommen, dein Proteinriegel kostet 3 Euro. Das heißt also, du kannst mit jeder Person aus deiner Zielgruppe 468 Euro Umsatz im Jahr machen.

3. Marktpotenzial berechnen

Nun hast du alle Voraussetzungen erfüllt, um das Marktpotenzial für deinen Proteinriegel berechnen zu können. Du hast Marktrecherche betrieben, daher weißt du, wie groß deine Zielgruppe ist und wie häufig dein Proteinriegel gekauft werden könnte. Jetzt setzt du die Werte in folgende Formel ein:

Marktpotenzial = Anzahl potenzieller Käufer*innen  durchschnittlicher Bedarf/Jahr  Preis/Stück

Für unser Beispiel mit dem Proteinriegel würdest du also folgende Werte einsetzen:

Marktpotenzial = 1.022.500 x 156 x 3 €

Marktpotenzial = 478.530.000 €

Das Marktpotenzial deines veganen Proteinriegels auf Mandelbasis beträgt also rund 478,5 Millionen Euro. Das ist wie gesagt nur ein theoretischer Wert. Schließlich hast du auch Konkurrenz – es werden also nicht alle 20 - 40-jährigen Menschen, die dreimal die Woche ins Fitnessstudio gehen, ausgerechnet deinen Proteinriegel kaufen. Deine Spezialrezeptur auf Mandelbasis klingt zwar spannend, wird aber nicht jede*n überzeugen. Manch eine*r ist vielleicht Allergiker*in. Außerdem musst du deine Produktionskapazitäten berücksichtigen und dich fragen: Wie viele Proteinriegel kann ich überhaupt im Jahr produzieren? Unsere Rechnung lässt sich natürlich optimieren, zeigt dir aber die Herangehensweise für deine Recherche und Berechnung. Weitere Einflussfaktoren auf das Marktpotenzial haben wir dir im nächsten Abschnitt zusammengestellt.

Foto von gekreuzten Händen vor einem Laptop

Faktoren, die das Marktpotenzial beeinflussen

Das tatsächliche Marktpotenzial hängt auch von folgenden Fragen ab:

  • Für welche Phase des Produktentwicklungszyklus möchtest du das Marktpotenzial berechnen?
  • Welche aktuellen Trends könnten den Erfolg deines Angebots beeinflussen?
  • Wie sieht es mit der Konkurrenz aus?
  • Wie schätzt du die Akzeptanz deines Produkts oder deiner Innovation bei der Zielgruppe ein?
  • Spielen aktuelle wirtschaftliche oder gesellschaftliche Krisen eine Rolle für den Erfolg deines Produktes?

Entwickelst du dein Produkt gerade erst neu, wirst du mit wachsendem Absatz rechnen können (dabei ist natürlich auch die Marktsättigung insgesamt zu berücksichtigen). In einer späteren Phase des Produktlebenszyklus, wenn schon ein großer Teil des Absatzpotenzials ausgeschöpft ist, stagniert oder sinkt der Absatz oft eher. 

Ein aktueller Trend kann deinem Angebot Auftrieb verschaffen, da das Marktpotenzial wächst, und damit auch dein Absatzpotenzial – vorausgesetzt, du springst früh genug auf. Sowohl gesellschaftliche als auch Branchentrends solltest du also genau beobachten, um rechtzeitig deine Chance zu erkennen. Trends erfahren aktuell zum Beispiel Nachhaltigkeit, E-Mobilität sowie Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI). 

Im Zusammenhang mit Trends sowie ganz allgemein gilt es, die Konkurrenz im Blick zu haben: Wie viel Marktpotenzial schöpft sie bereits aus? Was kannst du anders und besser machen? 

Vor allem bei nie dagewesenen Innovationen ist nicht immer absehbar, ob und wie gut eine Zielgruppe entsprechende Produkte annehmen wird. Um das Ablehnungsrisiko einzuschätzen, kannst du dich an ähnlichen Neuheiten orientieren und recherchieren, welche Erfahrungen in Sachen Akzeptanz andere Gründer*innen gemacht haben. Die gute Nachricht: Viele Innovationen wurden zunächst skeptisch beäugt – und gehören heute wie selbstverständlich zum Alltag, wie beispielsweise das Internet oder Smartphones!

Nicht zu vergessen ist außerdem der Einfluss wirtschaftlicher und gesamtgesellschaftlicher Krisen. Sie beeinflussen zum Beispiel, wie viel Geld für bestimmte Produkte noch ausgegeben und wo eher verzichtet wird. In Zeiten der COVID19-Pandemie sind manche Geschäfte auch gar nicht möglich, zum Beispiel kulturelle Veranstaltungen oder Café-Besuche. Andererseits tun sich in Krisenzeiten auch neue Möglichkeiten auf. So gewannen für Gastronomiebetriebe durch die Pandemie Liefer- und Abholservices an Bedeutung. 

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Hörtipp: In Folge 95 des Ideencouch-Podcats erhältst du einen Einblick in die Herausforderungen und Erfolge von Confias AI Solutions, einem KI-Startup, das trotz Partnerschaften mit Großkonzernen vor Wachstumshürden steht. Jan spricht mit seinem Gast Jan Schmidt-Prüfer über seine Erfahrungen mit ersten Kund*innen, Vertriebsstrategien und der Nutzung von KI für den Geschäftserfolg. Ein Muss für Interessierte an Start-up-Strategien und KI-Innovationen. Lass dich inspirieren und gewinne wertvolle Erkenntnisse für deine eigenen Projekte. Reinhören lohnt sich!

Fehler vermeiden: Das China Syndrom

Ein häufiger Logik-Fehler bei der Einschätzung des Marktpotentials wird von dem renommierten Autor und MIT-Professor Bill Aulet als das „China-Syndrom“ bezeichnet. Hierbei fokussieren sich angehende Gründer nicht auf die Erschließung eines neuen kleinen Marktes oder einer Nische, sondern spielen mit dem Gedanken, sich einen Bruchteil eines riesigen Marktes zu sichern. Den zugrundeliegenden Logik-Fehler dieses Ansatzes wird von Bill Aulet mittels eines Vergleichs zum Zahnbürsten-Markt in China verdeutlicht: 

“Im Internet steht, dass in China über 1,3 Milliarden Menschen leben. Wenn die alle Zähne haben, ist der Markt 1,3 Milliarden Kunden groß. Ich werde eine Zahnbürste für den chinesischen Markt entwickeln und vielleicht bekommen wir im ersten Jahr 0,1 Prozent Marktanteil. Kauft jede Person drei Zahnbürsten pro Jahr und verkaufen wir sie für jeweils 1 Euro, beträgt unser Umsatz im ersten Jahr über 3,9 Millionen Euro – und da ist noch viel Luft nach oben.”

Bill Aulet in Startup mit System

Aber so einfach ist das leider nicht – nach dieser Logik könnte jede*r Gründer*in in kurzer Zeit zum/zur Millionär*in werden. Weder zeigt diese Argumentation den eigentlichen Grund für den Kauf des Produktes auf, noch wurde die Geschäftsidee durch direkten Kontakt zur Zielgruppe überprüft. Nebenbei hat ein Startup wohl kaum die notwendigen Ressourcen, um dieses Vorhaben umzusetzen. Anstatt dein Geschäftsmodell auf unrealistischen Annahmen aufzubauen, empfiehlt Bill Aulet, mit deinen verfügbaren Ressourcen einen kleinen, sorgfältig ausgewählten, neuen Markt zu erschließen.  

Bill Aulet spricht hier auch von dem Eintrittsmarkt, den du im Rahmen deiner Markteintrittsstrategie definierst. 

Zusätzliche Tipps, wie du das Marktpotenzial nutzen kannst

Das Marktpotenzial zu berechnen, ist nicht nur nützlich, wenn du gerade dein Unternehmen gründest oder ein neues Angebot entwickelst. Auch später bleibt es eine wichtige Kennzahl: Das Marktpotenzial gibt zum Beispiel Aufschluss über den Produktlebenszyklus und die Produktlebensdauer. Je weniger Marktpotenzial noch vorhanden ist und nicht ausgeschöpft wurde, desto niedriger sind die Wachstumschancen. 

Durch Trends und erhöhte Nachfrage kann das Marktpotenzial aber auch wachsen. Es regelmäßig neu zu berechnen, bietet dir langfristig die Möglichkeit, Marktentwicklungen zu beobachten und nachvollziehen zu können. So kannst du beispielsweise die Marktsättigung ableiten und rechtzeitig entsprechende Maßnahmen treffen. Vor allem im Zusammenhang mit dem Marktvolumen ist das Marktpotenzial von Bedeutung. Es hilft, einzuschätzen, ob das aktuelle Volumen den Markt bereits ausgeschöpft ist oder wo noch Potenziale vorhanden sind. Davon ausgehend kannst du dir überlegen, auf welche Weise du diese Potenziale nutzen kannst – etwa durch Marketingaktivitäten, zusätzliche Services oder Produktanpassungen und -erneuerungen.

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Fazit

Das Marktpotenzial ist eine wichtige Kennzahl für dein Business – zusammen mit den weiteren Bestandteilen deiner Marktanalyse. Als Gründer*in solltest du auf jeden Fall eine Marktanalyse durchführen, denn sie gehört in jeden Businessplan. Später kannst du mit ihrer Hilfe den Markt beobachten und rechtzeitig auf Veränderungen reagieren. Für dein Marketing sowie die Entwicklung neuer Produkte ist dein Wissen über das Marktpotenzial ebenfalls nützlich.

Zum Glück ist es ziemlich einfach, das Marktpotenzial zu berechnen. Du musst dich nur gut vorbereiten und eine ausführliche Marktrecherche machen. Kennst du deine Zielgruppe, brauchst du lediglich die Anzahl potenzieller Käufer*innen mit dem Bedarf pro Jahr und dem Preis deines Produktes zu multiplizieren. Unser Beispiel mit dem Proteinriegel lässt sich auf alle möglichen anderen Situationen übertragen. Viele Zielgruppen sind bereits erforscht; außerdem kannst du auf deine Erfahrung zurückgreifen, wenn du schon länger in deiner Branche tätig bist. Willst du dich zum Beispiel als Dachdecker*in selbstständig machen, weißt du sicher, wie häufig Dächer ungefähr repariert oder erneuert werden müssen. Dieses Wissen kannst du dir zunutze machen.

Zu beachten ist immer, dass das Marktpotenzial ein theoretisch mögliches Absatz- bzw. Umsatzvolumen zeigt und sich auf den gesamten Markt bezieht. Über das für dein Unternehmen mögliche Absatzvolumen gibt das Absatzpotenzial Aufschluss. Das Marktpotenzial ist nicht statisch. Mit den Schwankungen der Nachfrage kann es wachsen oder sich verringern und weist so auf die jeweilige Marktsättigung hin. 

Die Berechnung des Marktpotenzials ist sehr nachfrageorientiert. Dabei wird das Marktpotenzial auch von anderen Faktoren wie Konkurrenz, aktuellen Trends, Akzeptanz, Produktlebenszyklusphase oder Wirtschaftskrisen beeinflusst. Auch das solltest du für deine Marktanalyse immer im Hinterkopf behalten. Das Marktpotenzial erweist sich in allen Unternehmensphasen als nützlich. Es lohnt sich also, sich einmal damit zu beschäftigen!

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bhp