Der Online-Handel gehört seit Jahren zu den stark wachsenden Branchen, ein Ende dieses Trends ist nicht abzusehen. In den E-Commerce einzusteigen, ist also eine lohnende Idee mit Zukunftsaussicht. Eine Möglichkeit für den Einstieg ist es, von Grund auf einen Onlineshop zu erstellen, also von der Entwicklung eines innovativen Konzepts über die Sortimentsgestaltung bis zur technischen Umsetzung im Back- und Frontend, inklusive Design und Aufbau des Marketings. Eine andere Möglichkeit für den Einstieg in den Online-Handel ist der Kauf eines bestehenden Shops. Diese Möglichkeit wollen wir in diesem Beitrag näher beleuchten, dir die Chancen und Risiken aufzeigen, dich vor Stolperfallen bewahren und dir Tipps mit auf den Weg geben, damit du erfolgreiche*r Onlineshop-Betreiber*in wirst.
So gelingt die Übernahme eines Onlineshops
Jede Übernahme eines bestehenden Unternehmens ist mit Vor- und Nachteilen verbunden. Branchenübergreifende Chancen und Risiken haben wir dir in unserem Artikel zur Unternehmensnachfolge zusammengestellt. Außerdem findest du hier auch allgemeine Empfehlungen, wie du in acht Schritten erfolgreich ein Unternehmen kaufst.
Ganz wichtig, neben der persönlichen Eignung, ist dein fachliches Know-how. Wenn du zum Thema Onlineshop noch nicht so bewandert bist oder dir nochmal einen schnellen Überblick über das Thema Webshop verschaffen willst, lies dir unseren Beitrag zum Thema Onlineshop erstellen durch.
Achte vor dem Kauf und beim laufenden Betrieb darauf, dass du beim Thema Online-Marketing auf dem aktuellen Stand bist. Heutzutage reicht es nicht aus, einen Shop nur zu betreiben, du musst ihn laufend bewerben und vor allem in Suchmaschinen nach vorne bringen. Zögere vor und auch nach dem Kauf nicht, dich zu Spezialthemen aus- und weiterzubilden. Und hol dir Hilfe, wenn du alleine nicht weiterkommst. Als Unternehmer*in musst du nicht alles alleine machen, es zeugt von Stärke, wenn man Schwächen erkennt und sich Unterstützung holt.
Nun wollen wir uns aber explizit dem Kauf eines Onlineshops zuwenden, schließlich sollst du nach dem Lesen dieses Textes einen konkreten Plan haben, wie du den Kauf (d)eines Onlineshops tatkräftig angehst.
Vorteile, von denen du profitierst, wenn du einen bestehenden Onlineshop kaufst
Einen etablierten Onlineshop zu kaufen, hat wesentliche Vorteile. Zu diesen gehören:
- Du kannst ab Tag eins mit einem fertigen Shop arbeiten.
- Du erzielst sofort Umsatz. Du musst keine Startphase überbrücken.
- Der Shop ist von Suchmaschinen indexiert und hat ein möglichst gutes Ranking in den Suchmaschinenergebnissen.
- Du hast einen bestehenden Kundenstamm.
- Du kannst auf eine solide Datenbasis zum Kaufverhalten und zu Onlinemarketing-Aktivitäten zurückgreifen.
- Du bietest ein erprobtes Sortiment an und kannst auf gewachsene Lieferantenbeziehungen aufbauen.
- Dein Fokus kann auf der Optimierung des Shop-Angebots liegen, du musst dich nicht übermäßig mit „Basisarbeit“ beschäftigen.
Nachteile, die du bedenken und möglichst umgehen solltest, wenn du einen Onlineshop kaufst
Wichtig ist, dass du dir den Shop vor dem Kauf ganz genau anschaust und auf Herz und Nieren prüfst. Das größte Risiko besteht nämlich darin, dass du die „Katze im Sack“ kaufst und nach dem Kauf feststellst, dass der Shop doch nicht so erfolgreich und zukunftsfähig ist, wie du angenommen hast. Worauf du bei der Prüfung achten solltest, erklären wir dir gleich ausführlich. Wir sind jedoch ganz ehrlich: Ein Restrisiko bleibt immer, denn so richtig beurteilen, was für ein Unternehmen du gekauft hast, kannst du erst nach einigen Monaten, wenn du Einblick in alle Prozesse hast, die laufenden Kennzahlen analysierst und siehst, was in deine Kasse gespült wird und welche Ausgaben anstehen.
Zu diesen Kennzahlen solltest du dich vor dem Kauf informieren
Im Handel, und gerade im Online-Handel, dreht sich vieles um Kennzahlen. Neben den einschlägigen Unternehmenskennzahlen, die es bei jedem Unternehmenskauf zu analysieren gilt, solltest du dich auch mit onlinespezifischen Zahlen beschäftigen. Wichtig sind die folgenden Kennzahlen, mindestens für die letzten zwei Jahre und idealerweise noch weiter davor:
- Umsätze der Vorjahre – mit und ohne Retouren
- Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (EBITDA) der letzten Jahre
Tipp: Prüfe, ob im EBITDA bzw. Gewinn vor Steuern der Unternehmerlohn berücksichtigt ist. - Durchschnittlicher Rohertrag, also die Differenz zwischen Umsatz und Wareneinsatz
- Durchschnittliche Shop-Besucherzahlen
- Konversionsraten (also der Anteil der Shop-Besucher*innen, die einen Kauf tätigen)
- Durchschnittlicher Warenkorbwert
- Anteil des Streckengeschäfts (auch als Dropshipping und Reihengeschäft bezeichnet)
- Anteile des Umsatzes via eigenem Shop, Marktplätzen (wie z.B. Amazon und Ebay), Social Media und Offline-Kanälen
- Anteil von Geschäfts- und Privatkunden
- Anteil wiederkehrender Käufer*innen und Entwicklung dieser Rate
- Anteil von Eigenmarken im Sortiment
- Wert des Warenlagers auf Basis der Einkaufspreise
Ein Einblick in diese Kennzahlen ist wichtig, denn diese Kenntnisse helfen dir, den Kaufpreis zu bewerten, den der/die Verkäufer*in aufruft. Zum Thema Kaufpreis hilft dir unser Beitrag zur Unternehmensbewertung weiter, in dem wir dir einen Überblick über die verschiedenen Verfahren und ihre Vor- und Nachteile geben.
Tipp für die Anwendung des Multiplikationsverfahrens: Für die Branche „Handel und E-Commerce“ sind Multiples von 6,5 bis 8,8 üblich. Die genaue Höhe des Multiples hängt von Faktoren wie Zukunftsfähigkeit des Unternehmens, Potenziale, Automationsprozesse, Position in Suchmaschinen-Rankings, Shop-Gestaltung, Branchenentwicklung etc. ab. Ist der Faktor bestimmt, wird er mit dem prognostizierten Gewinn vor Zinsen und Steuern (Earnings Before Interest and Tax – EBIT) multipliziert. Es gibt auch Multiplikatoren, die im Verhältnis zum Umsatz eines Unternehmens gerechnet werden. Diese liegen für Handel und E-Commerce zwischen 0,58 und 0,91.
Welche weiteren Fragen solltest du dem/der bisherigen Onlineshop-Besitzer*in stellen?
Sei mit deinen Fragen an den/die bisherige*n Besitzer*in nicht zu zögerlich. Ein*e seriöse*r Verkäufer*in wird dir deine Fragen offen beantworten. Unbedingt fragen solltest du:
- Gab es in der Vergangenheit Probleme mit Abmahnungen?
- Welche (Online-)Bewertungen existieren zum Shop?
- Gab es in den letzten Monaten Veränderungen in der Umsatz- und Kundenentwicklung?
- Wie hat sich das Suchmaschinen-Ranking zuletzt entwickelt?
Tipp: Lass dir die Entwicklung des Rankings ausdrucken und bestehe spätestens in der Due Diligence, also der Detail-Analyse des Unternehmens, auf den direkten Zugang zu den Analysedaten. Hole dir hierzu Fachleute an deine Seite, die die Ergebnisse einordnen können.
- Auf welchem Stand ist die Shop-Software?
- Bestehen besondere Vertriebsrechte und Marktzugänge?
- Welche Einkaufskonditionen hatte der/die bisherige Shop-Betreiber*in und kannst du diese übernehmen?
- Fallen dem/der bisherigen Eigentümer*in nicht ausgeschöpfte Marketingpotenziale ein?
Frage den/die bisherige*n Shop-betreiber*in auch, warum er/sie den Shop verkauft.
Und wie findest du jetzt einen Onlineshop, für den ein*e neue*r Eigentümer*in gesucht wird? Mittlerweile existieren verschiedene Verkaufsbörsen im Internet. Außerdem veröffentlichen die großen Unternehmensbörsen wie nexxt-change und Deutsche Unternehmerbörse sowie die Industrie- und Handelskammern Verkaufsanzeigen.
Wenn du einen passenden Shop gefunden hast, die Chemie zwischen dir und dem/der Verkäufer*in stimmt und ihr den (Ver-)Kaufprozess beginnt, plane in etwa fünf bis neun Monate dafür ein.
Tipp: Wenn du unseren Text zur Unternehmensnachfolge noch nicht gelesen hast, schau dir an dieser Stelle unbedingt die acht Schritte an, die wir für den erfolgreichen Kauf eines Unternehmens empfehlen.
Diese rechtlichen Aspekte solltest du beim Kauf eines Onlineshops beachten
Möchtest du einen Shop kaufen, der ausschließlich oder auch auf Marktplätzen wie Ebay und Amazon vertreten ist, solltest du unbedingt die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Marktplätze aufmerksam prüfen. Meist sind in den AGB Inhaberwechsel streng geregelt bis hin, dass ein Verkauf des Shops ausgeschlossen erscheint. Lass dich hier nicht irritieren und hol dir im Zweifelsfall rechtliche Hilfe.
Noch eine grundsätzliche Anmerkung zur Präsenz deines (zukünftigen) Shops auf Marktplätzen: Auf den ersten Blick sind diese Plattformen eine gute Möglichkeit, um einen Teil der Marketingkosten und eigene Aktivitäten wie Newsletter und Werbe-Banner einzusparen. Doch du solltest nicht vergessen, dass du mit steigendem Erfolg quasi zur Konkurrenz für die Plattform wirst und der Marktplatz anfangen kann, deine Produkte selbst anzubieten und das zu einem geringeren Preis als du… Überlege dir also genau, ob du diese Plattformen nutzt und wie sehr du dein Geschäftsmodell auf sie stützt.
Wenn du dich mit dem/der Verkäufer*in in den Details und beim Kaufpreis geeinigt hast, geht es daran, den Kaufvertrag aufzusetzen. Hast du vor, einen kleinen Shop zu kaufen, sind die Risiken überschaubar und dementsprechend einfach ist dann auch der Kaufvertrag, der aus einer Rechnung mit Inventarliste bestehen kann. Wenn du einen größeren Shop übernehmen möchtest, empfehlen wir dir, professionelle Unterstützung zu holen.
Die genaue Ausgestaltung des Kaufvertrags richtet sich vor allem nach der Rechtsform des Unternehmens sowie nach den steuerlichen und rechtlichen Zielen. Für alle Übernahmen und Unternehmenskäufe gilt: Als neue*r Eigentümer*in haftest du für sämtliche bestehenden Verträge (z.B. Arbeitsverträge) und für alle betrieblichen Steuerverbindlichkeiten und Sachmängel (Garantien). Zusammengefasst: Mit dem Kauf eines Onlineshops gehen alle Verpflichtungen des Unternehmens auf dich über. Daher solltest du den Kaufvertrag so präzise wie möglich schließen. Worauf du hierbei achten solltest, haben wir dir in unserem Text zum Thema Unternehmensnachfolge im 7. Schritt: Verträge zusammengestellt.
Der passende Businessplan
Wie für eine Neugründung, solltest du auch für die Übernahme eines Onlineshops einen Businessplan erstellen. Schau dir hierzu unsere Empfehlungen zum Businessplan bei einer Unternehmensübernahme: Schritt 6 an.
Fazit
Die Übernahme eines Onlineshops hat große Vorteile. Du erwirbst ein etabliertes Unternehmen, mit erprobtem Sortiment und einem bestehenden Kundenstamm. Idealerweise hat dein Shop gute Bewertungen und ist in den gängigen Suchmaschinen gut auffindbar.
Lass dich beim Kauf aber nicht zu sehr von der Vergangenheit und dem Status quo des Shops blenden. Die Online-Welt wandelt sich schnell, was heute noch voll im Trend liegt, kann morgen schon nicht mehr angesagt sein. Das gilt vor allem auch technisch. Prüfe daher sehr genau, wie zukunftsfähig das Shop-Konzept, das Sortiment und die IT-Infrastruktur sind. Und höre in dich hinein, ob du Spaß an deinem zukünftigen Sortiment hast und dich auch in die Themen Technik und Online-Marketing einarbeiten magst. Wenn du dich mit Handel und IT identifizieren kannst, ist der Kauf eines Onlineshops für dich ein guter Weg in die Selbständigkeit.