Die Geburt seiner Kinder hat Matthias Pflügner jedes Mal dazu inspiriert, ein neues Unternehmen zu gründen. Beim zweiten Mal war auch die Finanzierung ein Kinderspiel.
Matthias Pflügner ist ein Wiederholungstäter. Er hat schon zwei Unternehmen gegründet. Das erste 2015, direkt nach der Geburt seiner ersten Tochter. Damals fehlte aber ein finanzstarker Partner, der den jungen Gründer unterstützt hätte. Jetzt startete der Ingenieur ein zweites Mal durch, mit einer neuen Idee – und endlich auch mit der passenden Finanzierung!
Wir haben mit Matthias über seine spannende Gründungsgeschichte gesprochen und ihn gefragt, woher er den Elan nahm, nach einem ersten Versuch erneut den Weg in die Selbstständigkeit zu gehen.
Also Matthias, erzähl doch mal, warum hast du deinen sicheren und gut bezahlten Job in der Automobilbranche an den Nagel gehängt und bist unter die Unternehmer*innen gegangen?
Ich hatte schon lange den Wunsch, etwas Eigenes zu machen, und auch viele Ideen. Aber ich war beruflich immer so stark eingespannt – zeitlich, aber auch gedanklich – dass ich über die Ideenphase nie hinweggekommen bin.
Das änderte sich, als meine Tochter geboren wurde und ich in Elternzeit ging. Endlich hatte ich den Kopf frei, um meine Ideen weiterzuentwickeln. Damals wollte ich eine mathematische Lösung auf den Markt bringen, einen innovativen Algorithmus. Ich habe Kontakt zu Unis und Unternehmen aufgenommen, die als Partner infrage kämen. Alle waren wohlwollend und interessiert, aber keiner war bereit, ins Risiko zu gehen. Ich habe sogar schon eine GmbH gegründet – aber da ich keinen Partner fand, ist nie etwas aus meinem Vorhaben geworden.
Woran lag’s?
Ich glaube, das Konzept war nicht ausgereift genug. Damals fehlte mir eine Art Leitfaden für meine Gründung: Welchen Schritt gehe ich wann? Wann muss ich mich wo anmelden? Wie schreibe ich einen Businessplan? Im Internet habe ich tausende von Businessplan-Vorlagen gefunden, kostenlose und kostenpflichtige, aber das Richtige war einfach nicht dabei. Auch für die GmbH-Gründung hätte ich mir eine bessere Anleitung gewünscht. Toll, dass ihr das alles jetzt auf der Plattform bietet.
Wir haben seit Kurzem für alle Rechtsformen eine Step-by-Step-Anleitung auf der Gründerplattform. Hast du sie schon gesehen?
Ja, ich bin die GmbH-Anleitung neulich spaßeshalber durchgegangen, und weißt du was? Obwohl meine GmbH längst gegründet ist, bin ich dabei auf etwas gestoßen, das ich bislang versäumt hatte: Die Anmeldung bei der Berufsgenossenschaft. Da ich keine Angestellten habe, muss ich zwar keine Beiträge zahlen, aber anmelden muss ich mein Unternehmen trotzdem. Das habe ich inzwischen nachgeholt!
Den Papierkram abhaken!
Mit personalisierter Start-Anleitung zum ersten Umsatz
Das freut uns. Und wie ging es weiter mit deiner Selbstständigkeit?
Eigentlich gar nicht. Ich bin nach der Elternzeit zurück in den Job und war drauf und dran, meine GmbH zu liquidieren, als drei Jahre später mein Sohn auf die Welt kam. Das war im Juni 2018. Wieder ging ich in Elternzeit und wieder merkte ich, wie meine kreativen Geister zurückkehrten.
Ich glaube, wir müssten auch noch ein Interview mit deiner Frau führen, das wäre sicher sehr interessant!
Ja, da hast du recht (lacht). Ich hatte schon drei Tage nach der Geburt so viele neue Ideen im Kopf und durch die ganze Euphorie spürte ich so viel Kraft, dass ich mir direkt eine davon herausgegriffen und weiterverfolgt habe. Erst habe ich geprüft, ob die Idee wirklich so neu war. Und tatsächlich: Etwas Vergleichbares war auf dem Markt nicht zu finden. Dann erzählte ich einem Kumpel aus Studienzeiten davon, und er war sofort begeistert und schloss sich mir an. Wir entschieden, einfach meine alte „GmbH-Hülle“ für unser neues Unternehmen zu nutzen, sodass die eigentliche Gründung schnell über die Bühne ging.
Jetzt sind wir aber neugierig auf deine Idee. Um was geht es? Hat es etwas mit Autos zu tun?
Nein, überhaupt nicht. Genau kann ich unsere Produkte leider nicht beschreiben, weil wir uns noch in der Patentphase befinden und ich dadurch die Patentwürdigkeit gefährden würde. Nur so viel: Es geht um Produkte für Babys und Kleinkinder, mit denen wir gezielt Väter ansprechen möchten. Noch immer richten sich alle Marken in diesem Segment vorrangig an Frauen. Das ist nicht mehr zeitgemäß. Europaweit nehmen immer mehr Väter Elternzeit und kümmern sich intensiv um ihre Kinder. Wir möchten ihnen mit unseren Produkten dabei helfen, eine enge Bindung zu ihrem Kind aufzubauen und ihm in jeder Situation beizustehen. Den Markennamen kann ich übrigens verraten, der ist nämlich schon geschützt: PAPALAPAPA.
Die GmbH besteht, die Patentphase läuft, die Marke ist geschützt – eure Gründung hat also schon ganz schön an Fahrt aufgenommen. Was ist diesmal anders als drei Jahre zuvor?
Wie schon beim ersten Mal habe ich wieder im Internet recherchiert und bin diesmal auf die Gründerplattform gestoßen. Ich habe mich gleich registriert und angefangen, meinen Businessplan mit eurem Tool zu schreiben. Das war im August 2018. Eine große Hilfe war die vorgegebene Gliederung mit den Leitfragen zu jedem Kapitel. Außerdem bin ich auf der Plattform auf einen Gründer gestoßen, mit dem ich mich sehr gut identifizieren konnte: Stefan Clauss mit seinem aufblasbaren Zelt. Auch er hat ja ein innovatives Produkt entwickelt, für das er Produzenten brauchte. Immer, wenn ich im Businessplan einen Textteil bearbeitet hatte, habe ich anschließend das passende Video angeschaut oder meinen Text mit dem verglichen, was Stefan geschrieben hat. Das hat mich sehr inspiriert!
Bei Stefan habe ich mir unter anderem abgeschaut, wie man seine Kundenzahlen ermitteln kann und wie man ein Worst-Case-Szenario erstellt. Das Wichtigste aber war: Sein Beispiel hat mich ermutigt. Ich habe mir gedacht: „Wenn der es mit seinem Zelt schafft, dann schaffen wir das auch!“
Es freut uns zu hören, dass unsere Vorbilder dazu beitragen, andere zum Gründen zu ermutigen. Das ist genau das, was wir erreichen wollen.
Wenn man sonst irgendwo Beispiele findet, sind sie meistens ausgedacht und völlig unrealistisch. Da man auf der Gründerplattform von realen Gründer*innen lernen kann, wird man auf viele Fragen gestoßen, auf die man von alleine gar nicht gekommen wäre – oder erst viel später, wenn es fast schon zu spät ist.
Wie lange hast du an deinem zweiten Businessplan gesessen?
Ich habe mehrere Nächte durchgeschrieben und war nach gut einer Woche fertig. Also zu 90 Prozent fertig. Mit diesem fast fertigen Plan bin ich dann direkt zu meiner Bank gegangen. Ich dachte mir: „Wenn die Bank den Plan anders haben will, kann ich ihn ja immer noch ändern.“ Das war mutig, aber meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass man manchmal eben Gas geben und einfach machen muss, ohne allzu große Angst zu haben. Hauptsache man ist bereit, dazuzulernen.
Wie war die Reaktion?
Ich gebe zu, dass ich wohl etwas naiv zum Bankgespräch gegangen bin. Ich habe eine alte Socke ausgestopft, ihr ein Gesicht aufgemalt und sie meinem Berater auf den Schreibtisch gesetzt. Das war quasi mein Prototyp. Mein Berater, ein junger Mann ohne Kinder, verstand offenbar nicht das Problem, das ich zu lösen versprach – weil er die Situation eben nicht kannte. Nach dem Gespräch habe ich jedenfalls drei Wochen lang nichts mehr von ihm gehört und als ich anrief, bekam ich die Absage: „Wir stehen nicht hinter Ihrem Produkt “. Das war leider kein Feedback, aus dem ich hätte lernen können.
Das lief bei der Deutschen Bank, bei der ich zeitgleich meine Finanzierungsanfrage online gestellt hatte, schon anders. Zwar bekamen wir wieder eine Absage, aber die Beraterin erklärte mir wenigstens, woran es lag: Die Idee sei gut, aber der Kapitalbedarf mit 170.000 EUR zu hoch und die Sicherheiten für die Bank zu niedrig.
Viele Banken befürchten ja, dass Gründer*innen, die vorher gut verdient haben, sich selbst ein zu hohes Einkommen auszahlen, selbst wenn die Erlöse ihres Unternehmens das noch gar nicht hergeben. War das bei euch auch der Fall?
Nein. Zwar haben mein Partner und ich in der Autoindustrie gut verdient, aber uns war klar, dass wir diesen Standard als Gründer nicht würden aufrechterhalten können. Wir sind mit unseren Einkommen stark runter gegangen, auf etwa ein Drittel. Die Bankberaterin hat uns aber darauf gestoßen, dass es noch besser wäre, wenn einer von uns beiden weiterarbeitet und mit seinem Gehalt die Firma absichert.
Wir haben uns ihre Kritik zu Herzen genommen und unseren Businessplan überarbeitet. Dabei habe ich erst gemerkt, dass man direkt über die Gründerplattform an Banken und Sparkassen eine Finanzierungsanfrage schicken kann. Das war früher nicht so leicht erkennbar, das habt ihr jetzt deutlich besser gelöst. Ich habe also unseren aktualisierten Businessplan an eine eurer Partnerbanken, eine Volksbank, weitergeleitet.
Insgesamt habe ich bei vier Banken angefragt. Zwei haben uns zum Gespräch eingeladen und uns anschließend eine Zusage gegeben. Beide habe ich über die Plattform kennengelernt.
Glückwunsch! Das klingt fast so schön, als hätten wir es uns ausgedacht – vor allem nach deiner ernüchternden Erfahrung vor drei Jahren. Haben wir aber nicht! Wie ist eure Finanzierung denn aufgebaut?
Die Finanzierung läuft jetzt über die Startfinanzierung 80 der L-Bank. Das Darlehen ist zusätzlich mit einer achtzigprozentigen Bürgschaft der Bürgschaftsbank Baden-Württemberg abgesichert. Außerdem wurde ein großer Teil des Kapitals von uns bzw. Freunden und Verwandten aufgebracht, um alle geplanten Ausgaben stemmen zu können.
Ihr profitiert damit nahezu mustergültig von den unterschiedlichen Fördermöglichkeiten in Deutschland. Wie würdest du die Zusammenarbeit der verschiedenen Fördernden beschreiben?
Die Zusammenarbeit hat gut geklappt, war aber recht zeitraubend: Die Volksbank hat uns im November die Zusage gegeben und kurz darauf lagen unsere Anträge bei der Bürgschaftsbank. Dann war Weihnachten und es passierte drei Wochen lang gar nichts. Anfang Februar konnten wir endlich die Verträge unterschreiben und ein bis zwei Wochen später war dann das Geld auf unserem Konto.
Und ganz ehrlich? Ich habe nie so genau verstanden, warum wir aus Sicht der Bank unbedingt diese Bürgschaft brauchten. Ich bin Ingenieur, ich kann jederzeit zurück in die Industrie und den Kredit abarbeiten, wenn alle Stricke reißen.
Und wo steht ihr jetzt?
Wichtige Themen sind zurzeit der Aufbau unserer Website, das Marketing und der Wareneinkauf. Hier besteht die größte Herausforderung darin, die Sicherheit unserer Produkte zu gewährleisten, also sie gründlich zu testen und zertifizieren zu lassen. Im August beginnen wir dann mit dem Verkauf.
Wo und wie habt ihr eure Lieferfirmen gefunden?
Wir haben unsere Lieferfirmen über Alibaba gefunden und lassen in China produzieren. Das ist schon großartig: Von der Idee bis zum ersten Prototyp sind gerade mal drei Monate vergangen! Die Kommunikation läuft ausschließlich schriftlich und auf Englisch, über E-Mail oder WeChat, das WhatsApp in China. Zwar gehen aufgrund der Sprachbarriere manchmal Informationen verloren und es fehlt der persönliche Kontakt, aber im Großen und Ganzen funktioniert es erstaunlich gut.
Sicher hilft es mir, dass ich schon in meinem früheren Beruf mit Lieferfirmen aus Asien verhandelt habe. Da habe ich gelernt, dass man auf sein Bauchgefühl hören sollte. Wir haben schon einmal unsere Lieferfirma gewechselt, weil die Kommunikation nicht mehr gut lief. Da haben wir schnell die Reißleine gezogen und die Zusammenarbeit beendet.
Zum Schluss noch mal eine Frage zur Gründerplattform: Was läuft gut und wo können wir noch besser werden?
Also, ich bin total begeistert von der Gründerplattform! Wenn es sie früher schon gegeben hätte, wäre meine erste Gründung sicherlich anders verlaufen! Das Tolle ist, dass Gründer*innen dort alles aus einer Hand bekommen. Egal, ob sie am Anfang stehen und Inspiration brauchen, ob sie an ihrem Businessplan sitzen oder nur noch auf der Suche nach einer Finanzierung sind.
Das Beste ist die Funktion, den Businessplan kopieren zu können und mehrere Szenarien vergleichen zu können. In den drei Monaten, die die Klärung der Finanzierung bei uns gedauert hat, durfte sich unser Businessplan ja nicht ändern. Aber das Leben geht nun mal weiter und so haben wir einfach für uns selbst eine Kopie angefertigt und sie an die Realität angepasst.
Gibt es etwas, was du dir von der Gründerplattform wünschen würdest?
Eine Übersicht zur Mittelverwendung wurde mehrfach von den Banken angefragt, die mussten wir dann nachreichen. Es wäre toll, wenn so eine Tabelle in euer Tool bereits integriert wäre.
Außerdem wäre es cool, wenn sich Startups über die Gründerplattform untereinander vernetzen könnten, um voneinander zu lernen. Es gibt bereits Dienste, die diese Vernetzung fördern. Vielleicht könntet ihr die Idee aufgreifen und in einem größeren Umfang ermöglichen.
Wir entwickeln die Gründerplattform ja ständig weiter und haben überlegt, ob es unseren Nutzer*innen helfen würde, über die Gründerplattform ihre Fragen an Brancheninsider und Fachleute zu stellen. Wäre das hilfreich für dich?
Ja, das wäre gut. Die „Senioren der Wirtschaft“ bieten so etwas ja an, aber eben nicht online. Es wäre doch praktisch, wenn man dann auch die Fragen und Antworten der anderen nachlesen könnte, dann müssten sich die Fachleute nicht immer wiederholen.
Und welche Themen wären für dich besonders interessant?
Ich hätte vor allem Fragen zum Thema Marketing, weil ich als Ingenieur auf diesem Gebiet nicht so firm bin, und zum Thema E-Commerce. Hierbei wäre ich vor allem an der rechtlichen Seite interessiert, also etwa „Was muss ich beachten, wenn ich meine Produkte nach Polen verkaufe?“. Und schließlich wäre Insiderwissen rund um das Thema Sourcing [Einkauf / Beschaffung, Anm. d. Red.], insbesondere in China oder im asiatischen Raum, sicherlich sehr spannend. Vielleicht als Tipp für andere: Ich bin bei meiner Recherche auf das Portal chinaimportal.com gestoßen, das von einem Skandinavier betrieben wird.
Vielen Dank, dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast, und alles Gute für PAPALAPAPA.
Wie es mit PAPALAPAPA weiterging...
„Unsere größte Herausforderung war die Zeit. Von den Laborprüfungen, um die Sicherheit der Produkte zu gewährleisten über die Produktion mit anschließender Qualitätskontrolle bis zum Transport ins Lager vergingen 6 Monate. Geplant war ein Start im Juli. Letztendlich hat es bis November und somit über ein Jahr vom ersten Businessplan bis zum ersten Verkauf gedauert.“
Aus der Idee und dem Prototypen ist nun Realität geworden.
Seit dem 05.11.2019 ist die Seite von PAPALAPAPA online!
Wir gratulieren und wünschen weiterhin viel Erfolg!