Frau Klaus, Sie und ihr Team beraten seit vielen Jahren Gründerinnen. Hat sich in diesen Jahren in puncto Gründungen durch Frauen etwas verändert?
Wir spüren seit Jahren eine hohe Nachfrage: Etwa 850 Frauen jährlich nutzen die Angebote aus unserem Leistungskatalog. Davon nimmt rund die Hälfte unsere individuelle Gründungsberatung in Anspruch. Unterm Strich machen sich mehr als 200 Frauen auch wirklich selbstständig. Die Kurve ging in den vergangenen Jahren erfreulicherweise stetig nach oben. Das sind deutlich mehr Gründerinnen als in ganz Niedersachsen, wo der weibliche Anteil bei 31,5 Prozent liegt – und erheblich mehr Frauen als bundesweit. Der Deutsche Startup-Monitor listet nur 15 Prozent der so genannten Innovationsgründerinnen auf. Das ist noch deutlich zu niedrig. Langfristig wollen wir erreichen, dass die Frauen zu den Männern aufschließen.
In welchen Bereichen gründen Frauen?
Ganz klar im Dienstleistungssektor und hier speziell in den Bereichen Gesundheit, Kreativwirtschaft und wissensbasierten Dienstleistungen. Das sind Wachstumsbranchen, die gute Perspektiven bieten. Frauen haben aber auch gute Chancen, wenn sie fit im Bereich Digitalisierung sind. Weil sie häufig als Solounternehmerin starten, halten da z.B. Chatbots einige Potenziale für sie bereit.
Wo fehlt der weibliche Nachwuchs?
Im Bereich Innovationsgründung. Das hat allerdings auch damit zu tun, dass dieser Begriff fast ausschließlich auf High-Tech ausgerichtet ist, Frauen jedoch im Technik- und MINT-Bereich nur wenig gründen. Die sozial-technischen Innovationen werden noch immer nicht als genauso wertvoll für die Volkswirtschaft eingestuft, Förderprogramme darauf nicht ausgerichtet. Insofern ist die Startup-Szenerie weiter männlich geprägt.
Müsste eine Organisation wie die Ihre dann nicht bereits vor den Gründerinitiativen mit der Frauenförderung beginnen?
Das tun wir schon. Gerade ist ein Projekt mit der Universität Oldenburg angelaufen. Die Hochschule bietet bundesweit den einzigen Lehrstuhl Female Entrepreneurship an. In enger Kooperation hat das EU-Projekt Gründerinnen-Consult ein Forschungsprojekt zu weiblichen Startups gestartet. Wir suchen dort gemeinsam nach Voraussetzungen für erfolgreiche Gründungen durch Frauen, auch in gemischten Teams. Und wie sich eine solche Gründung in der Rollenverteilung im Verlauf entwickelt. Wir suchen nach Vorbildern für Innovationsgründerinnen. Das ist nach wie vor eine ganz entscheidende Stellschraube, um den Anteil an weiblichen Gründungen hochzufahren.
Vorbilder sind ja auch auf der Gründerplattform ein ganz wichtiger Punkt.
Ja, das ist toll gelöst auf der Gründerplattform. Die dortigen Videobeispiele mit Gründerinnen, die über ihre persönlichen Erfahrungen und Erfolgsrezepte erzählen, sind hervorragend, weil sie authentisch sind und wirklich Mut machen. Es ist wichtig, dieses Know-how auch an Multiplikator*innen weiterzugeben. Und die bundesweite Strahlkraft der Gründerplattform ist gut für die gesamte Gründungsszene.
Mit welcher Motivation kommen angehende Gründerinnen zu Ihnen?
Frauen sehen in einer Gründung die Chance, einer qualifizierten Tätigkeit nachzugehen und dort auch eine Leitungsfunktion übernehmen zu können. Gerade während oder nach der Rückkehr aus der Elternzeit gestaltet sich dies im klassischen Arbeitnehmerverhältnis immer noch schwierig. Gründerinnen können in begrenztem Maß ihre Arbeit flexibel gestalten. Home Office machen zu können, ist nur ein Beispiel – im Angestelltenverhältnis herrscht weiterhin vielfach noch Präsenzkultur. Viele Frauen treibt der Wunsch an, sich einen Arbeitsplatz nach ihren Vorstellungen gestalten zu können. Meist sind die Kandidatinnen im Alter ab 35 Jahren, haben viel Berufserfahrung und die nötige Qualifikation.
Welche Leistungen bieten Sie Gründerinnen?
Wir stellen sie in den Mittelpunkt und machen ihnen frauenspezifische Angebote. Immer mittwochs gibt es beispielsweise einen Coaching-Zirkel, in dem sich Frauen austauschen können. Wir wollen dort inspirieren, Spaß am Gründen vermitteln und junge Frauen frühzeitig für das Thema begeistern. Die Teilnehmerinnen sind in unterschiedlichen Gründungsphasen. Manche sind noch in der Entscheidungs- und Ideenphase, andere arbeiten bereits an konkreten Geschäftsmodellen und Businessplänen bzw. können Tipps zur Finanzierung geben. Die Themen bringen die Frauen selbst ein. Sie knüpfen Kontakte und erweitern ihr Netzwerk. Und der Zirkel ist kostenlos, wie fast alle unserer Beratungsangebote.
Unterstützen Sie auch bei der konkreten Gründung?
Ja, wir bieten individuelle Gründungsberatungen an, unternehmen Tragfähigkeitsprüfungen und helfen bei der Beantragung von Gründungszuschüssen. Das sind zum Beispiel Mikrodarlehen in Höhe von 5.000 bis 25.000 Euro. Die Höhe richtet sich nach dem im Business- und Finanzplan beschriebenen Vorhaben und wird von der Investitions- und Förderbank Niedersachsen begutachtet und bewilligt. Das Besondere an dem Mikrodarlehen ist, dass es kein Hausbankprinzip gibt. Die Gründerinnen müssen den Antrag also nicht über eine Hausbank stellen und sie müssen auch kein Eigenkapital mitbringen.
Bieten Sie auch Leistungen an, die Gründerinnen dabei helfen, ihren Auftritt zu verbessern?
Dreimal im Jahr veranstalten wir ein Gründerinnencamp, in dem wir mit Hilfe externer Expertinnen die gesamte Geschäftsfrau von der Idee über den Pitch bis hin zum eigenen Auftreten coachen. Außerdem gibt es bei hannoverimpuls ein Unternehmerinnenzentrum. Dort können sich angehende Gründerinnen vernetzen und Tipps einholen. Und hannoverimpuls kooperiert mit der Leibniz-Universität im Projekt starting business, wo wir mit dem EU-Projekt gezielt Studentinnen zu Gründungen motivieren.
An welchen Stellen brauchen Frauen die meiste Unterstützung beim Gründen?
Gründerinnen sind ehrgeizig und kompetent und sie haben ein großes Bewusstsein für soziale und gesellschaftliche Bedingungen. Diese weichen Faktoren stehen häufig über dem Wunsch, viel Geld zu verdienen. Frauen brauchen daher die größte Unterstützung dabei, zu identifizieren, wie sie mit ihrem geplanten Produkt einen Markt erschließen und langfristig erfolgreich sein können. Wir nutzen dafür das sogenannte Persona-Modell, damit können sich die Gründerinnen in die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe hineinversetzen. Auch das ganze Themenfeld Social Media, Influencer-Marketing, Digitalisierung, Chat Bots bietet für Frauen ein großes Potenzial, das sie mit unseren Angeboten sondieren.
*Finanziert wird das Projekt aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) im Rahmen des F.I.F.A.-Landesprogrammes (Förderung von Frauen zur Integration in den Arbeitsmarkt) aus Mitteln des Landes Niedersachsen, der Landeshauptstadt Hannover und hannoverimpuls GmbH.