Gründen bedeutet nicht, dass du zwangsläufig Geld aus fremden Quellen auftreiben musst. Vielen erfolgreichen Gründer*innen ist es gelungen, ihre Geschäftsidee ohne die Hilfe von Risikokapitalgebern, Business Angels, Fördermitteln oder Banken umzusetzen. Für dieses Vorgehen hat sich der Begriff „Bootstrapping“ etabliert: die Finanzierung aus Eigenmitteln, die ausschließlich von dir und deinem Gründungsteam stammen. Laut dem aktuellen KfW-Gründungsmonitor starten 44 Prozent aller deutschen Gründungen mit Eigenmitteln.
Übrigens: Eigenmittel sind eine Unterform von Eigenkapital – letzteres kann grundsätzlich aber auch von Investoren oder aus Fördermitteln stammen. Mehr Informationen zu diesem Thema findest du bei unserem Partner existenzgruender.de unter Finanzierungsmöglichkeit Eigenkapital.
Steckbrief zu Bootstrapping
- du über Eigenmittel verfügst und bereit bist, sie in deine Geschäftsidee zu investieren.
- du voraussichtlich sehr schnell nach der Gründung Einnahmen generieren wirst.
- du noch in der Phase der Ideenfindung bist.
- du dich nicht in finanzielle Abhängigkeit begeben willst.
- du vermeiden willst, dass dir Investoren sagen, was du zu tun hast.
- du eine Idee hast, die sich mit geringen Mitteln realisieren oder austesten lässt.
Bootstrapping ist am besten für Geschäftsideen geeignet, deren Umsetzung mit überschaubaren Mitteln möglich ist – typischerweise in einer Größenordnung zwischen 5.000 und 50.000 EUR: Summen also, die beispielsweise aus einer kleinen Erbschaft, aus einer Abfindung oder deinem Ersparten stammen könnten. Dieses Geld muss dich bis zu dem Zeitpunkt tragen, ab dem du den laufenden Geschäftsbetrieb, deinen Lebensunterhalt und notwendige Investitionen aus dem Cashflow bestreiten kannst – also aus den regelmäßigen Einnahmen, die dein Startup erwirtschaftet.
Auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob beim Bootstrapping überhaupt keine Kosten entstehen würden. Aber dieser Eindruck täuscht. Denn Kaufleute kennen auch „Opportunitätskosten“. Um diese zu berechnen, musst du dir die Frage stellen: Wie viel könntest du mit deinen Eigenmitteln verdienen, wenn du sie anderweitig verwenden würdest? Liegt das Geld auf einem Sparbuch, lautet die Antwort auf diese Frage: „Sehr wenig“. Anders sieht es jedoch aus, wenn du damit Aktien oder Anteile an anderen Firmen erwerben würdest – dann könnten dir jedes Jahr mehrere Prozentpunkte Rendite entgehen.
Noch schlechter wird die Rechnung für dich, wenn du fest angelegtes Geld für deine Selbstständigkeit einsetzen willst. Löst du etwa eine Kapitallebensversicherung vorzeitig auf, ist das in der Regel mit hohen Verlusten verbunden. Davon würden wir dir eher abraten – in dein Unternehmerleben solltest du nicht mit Verlusten starten.
Der Aufwand für eine Gründung mit Eigenmitteln ist nicht zu unterschätzen. Auch das mag zunächst überraschen, schließlich musst du niemanden von deiner Idee überzeugen: Der Aufwand für das Vorbereiten von Pitches vor Investierenden oder für Crowdinvesting-Kampagnen entfällt. Aber dafür musst du umso mehr Zeit in deine Finanzplanung stecken. Denn in der Regel hast du beim Bootstrapping geringere Mittel zur Verfügung als beim Einsatz von externem Kapital, zudem riskierst du bei einem Fehlschlag, dein eigenes Geld zu verlieren. Um immer über genügend Liquidität zu verfügen, musst du jeden kleinen Schritt präzise planen. Frage dich immer wieder: „Könnte man das auch mit weniger Geld umsetzen?“
Business Angels und Investierende versorgen dich nicht nur mit Geld, sondern im besten Fall auch mit Ratschlägen und mit Kontakten aus ihrem Netzwerk. Verzichtest du auf fremdes Kapital, verzichtest du auch auf diese Vorteile. Feedback aber ist enorm wichtig. Zum einen aus rein unternehmerischen Gründen: So vermeidest du, dich zu verrennen und kannst Fehlentwicklungen oder Chancen rechtzeitig erkennen. Aber auch aus psychologischer Sicht ist es nicht gut, wenn du alle Herausforderungen allein bewältigen musst. Du solltest darum sicherstellen, dass du dich regelmäßig mit Freunden, Verwandten oder Fachleuchten austauschst und dir Feedback einholen kannst. Mehr zu diesem Thema findest du in der Gründerplattform unter Gründungsberatung.
Wortherkunft
Bootstrap ist das englische Wort für Stiefelschlaufe oder Stiefelriemen. In der Gründerszene hat es sich als Begriff für Gründungen mit Eigenmitteln etabliert. Der Ausdruck steht als Sinnbild dafür, aus eigener Kraft Schwierigkeiten zu überwinden. Oft wird als Idee dahinter auch die Geschichte vom Baron von Münchhausen erwähnt, der sich selbst aus dem Sumpf zog – obwohl er dafür nicht seinen Stiefelriemen benutzte, sondern seinen Haarschopf.
Grundprinzip
Bootstrapping ist für viele Gründer*innen attraktiv, denn im Vergleich zu der aufwändigen und manchmal auch frustrierenden Suche nach Geldgebern spart diese Finanzierungsmethode Nerven und zum Teil auch Zeit (siehe: „Arbeitsaufwand“). Hinzu kommt, dass die Zahl der Gründungsprojekte, für die Bootstrapping in Betracht kommt, wächst – denn die Digitalisierung ermöglicht es, schon mit geringem finanziellen Einsatz Produkte und Dienstleistungen auf den Markt zu bringen. Und: Sollte sich die Idee als tragfähig erweisen, stehen keine Geldgeber im Hintergrund, die in die unternehmerischen Entscheidungen hineinreden könnten.
Erfolgreiche Gründungen mit Bootstrapping
Weltbekannte Firmen wie Microsoft oder SAP zeigen, dass auch eine Gründungsfinanzierung mit Eigenmitteln zu Erfolgen führen kann. Auch aus der jüngeren Vergangenheit gibt es Bootstrapping-Beispiele.
Diese Gründer*innen starteten alle mit ihrem eigenen Ersparten, teilweise mit nur ein paar tausend Dollar:
- Hubertus Bessau, Max Wittrock, Philipp Kraiss, Gründer von Mymuesli, einer Plattform zum Selbstmischen hochwertiger Müslis
- GitHub: Software zur Versionsverwaltung für Software-Entwicklungsprojekte
- Nick Woodman, Erfinder der Action-Kamera Gopro
- Dénes Honus, Peter Sänger, Zhengliang Wu und Victor Splittgerber von Green City Solutions, einem Anbieter von bepflanzten Stadtmöbeln
- Sara Blakely, Gründerin von Spanx, einem Hersteller figurformender Bekleidung
Voraussetzung für Bootstrapping
Die offensichtliche Voraussetzung für Bootstrapping ist natürlich, dass du Geld zur Verfügung hast. Eine mindestens ebenso wichtige Voraussetzung ist: Du musst dir sehr genau überlegen, wofür du dieses Geld verwendest. Das zwingt dich oft zu Kompromissen. Auch Verluste kannst du dir im Wortsinn nicht leisten. Darum musst du dir genau überlegen: Welche Geschäftsidee und welches Geschäftsmodell lässt sich mit diesem Betrag umsetzen?
Mach dir klar, dass Eigenmittel nur einen kurzen Zeitraum abdecken können, in der Regel einige Monate bis maximal ein Jahr. Du solltest dich darum für ein Geschäftsmodell entscheiden, mit dem ein schneller Break-even erreicht werden kann. Ab diesem Moment ist es wahrscheinlich, dass du in Zukunft Gewinne erwirtschaften kannst, die das Unternehmen am Laufen erhalten und weitere Investitionen möglich machen.
„Auf jeden Cent achten zu müssen hilft bei der Fokussierung“, so Mirco Wolf Wiegert, einer der Mitgründer von fritz-kulturgüter, wozu unter anderem die fritz-kola gehört. Er hat gebootstrapped! Als Startkapital hatten er und sein Mitgründer 7.000 EUR – erspart aus der Ausbildungszeit und durch die Auflösung von Bausparverträgen. Warum sie nicht zu einer Bank gingen? Sie wollten zeigen, dass sie es allein schaffen können und dass ihre Idee funktioniert! Eltern und Familie wussten davon bis zum Start der Testphase nichts. Wie das Unternehmen erfolgreich wurde und warum er einen frühen Track-Record wichtig findet, das erfährst du im KfW-Podcast „Ungeschönt“!
Beispielrechnung
Berechne die monatlichen Kosten, die dein Unternehmen verursacht. Denk daran, dass dazu nicht nur Leasing- und Lizenzgebühren für Hard- und Software und die Miete für ein Büro oder einen Lagerraum gehören, sondern auch Versicherungen und dein eigenes Gehalt. Diese Ausgaben musst du bis zum Break-even aus deinen Eigenmitteln bestreiten können. Darüber hinaus solltest du unbedingt eine Rücklage besitzen, beispielsweise für unvorhergesehene Investitionen oder Zahlungsausfälle von Gläubigern. Diese Rücklage sollte ausreichen, um mindestens drei, besser sechs Monate lang deine Kosten abzudecken, und zwar inklusive deines Gehalts.
Beispiel: Du kalkulierst mit 800 EUR monatlichen Kosten für Mieten, Lizenzen, und einem Gehalt von 1.200 EUR, also zusammen 2.000 EUR monatlich. Wenn du davon ausgehst, dass du nach zehn Monaten den Break-even erreichst, benötigst du für diesen Zeitraum 20.000 EUR. Hinzu kommen zusätzliche 12.000 EUR als Rücklage für Unvorhergesehenes. Du solltest also über Eigenmittel von insgesamt 32.000 EUR verfügen.
Vorteile von Bootstrapping für Gründer*innen
Nachteile von Bootstrapping für Gründer*innen
Fazit
Eine Finanzierung mit Eigenmitteln ist für dich das Richtige, wenn du schnelle Erfolge erzielen willst, viel Arbeit dich nicht abschreckt und dir Unabhängigkeit so wichtig ist, dass du dafür bereit bist, finanzielle Risiken in Kauf zu nehmen. Gelingt es dir, deine ersten Schritte in die Selbstständigkeit mit Bootstrapping zu meistern, steht dir immer noch die Möglichkeit offen, für die nächsten, größeren Schritte Fremdkapital einzuwerben – dann mit einer Geschäftsidee, die ihren ersten Praxistest (Proof of Concept) bereits bestanden hat.