Jobs to be done

Finde heraus, was Kunden wirklich wollen

Hast du dich schon mal gefragt, wie du eigentlich herausfindest, ob dein Produkt oder deine Dienstleistung auch wirklich den Bedürfnissen deiner Kunden entspricht? Oft wagen sich Unternehmen mit einem ausgeklügelten Produkt oder einer innovativen Idee an den Markt, ohne zu wissen, welches Problem sie damit eigentlich lösen. So kann es passieren, dass du ein Top-Angebot entwickelt hast – aber niemand kauft es. 

Eine Methode, die den ganzen Prozess einmal auf den Kopf stellt, zeigen wir dir in diesem Artikel: das Jobs to be done-Framework! Es rückt die Wünsche und das Warum deiner Kunden in den Mittelpunkt und lagert die Produktentwicklung nach. So startest du nicht ins Blaue hinein, sondern schaffst dir eine solide Basis, die dir dabei hilft, wirklich kundenzentrierte Angebote zu entwickeln. Aber auch bestehende Produkte und Dienstleistungen lassen sich mithilfe der Jobs to be done-Methode verbessern. Es lohnt sich also auf jeden Fall, sich mit ihr beschäftigt zu haben!

Ursprung der Jobs to be done-Methode

Vorläufer und erste Ideen, die später zum Jobs to be done-Framework wurden, existierten in der Wirtschaftslehre schon lange. In den 1990er-Jahren kam Bewegung in die Sache: Der Harvard-Professor Clayton M. Christensen schrieb ein Buch mit dem Titel „The Innovator’s Dilemma“ und prägte darin den Begriff der disruptiven Innovation. Damit sind Innovationen gemeint, die etablierte Unternehmen verdrängen und die Marktführerschaft übernehmen – häufig durch neue Technologien. 

Zur gleichen Zeit entwickelte der Innovationsberater Anthony W. Ulwick die Outcome-Driven-Innovation-Theorie, kurz ODI. Sie besagt, dass neue Produkte und Dienstleistungen dann besonders erfolgreich werden, wenn sie die Kunden bei der Aufgabe, also dem „Job“, den sie erledigen wollen, besser unterstützen als bisherige Angebote.

1999 kamen Ulwick und Christensen zusammen und entwickelten ausgehend von Ulwicks Jobs-Theorie die Jobs to be done-Methode. Sie hilft dir, besser zu verstehen, was deine Kunden wollen und brauchen. Die ODI-Methode baut darauf auf und ermöglicht es dir, das zu diesen Bedürfnissen passende Produkt zu entwickeln.

Definition: Was bedeutet Jobs to be done?

Jobs to be done, kurz JTBD, ist eine innovative, kundenzentrierte Denk- und Arbeitsweise, die sich von bisherigen Methoden unterscheidet. Der klassische Weg, den immer noch viele Unternehmen gehen, ist folgender: Sie entwickeln zunächst ein Produkt, das vielleicht eine ganz neue Technik beinhaltet und Prozesse beschleunigt oder automatisiert. Welchen Nutzen das Produkt den Kunden bringt, überlegen sie sich erst, wenn sie es bereits entwickelt oder konzipiert haben. Diese spekulative Vorgehensweise kann leicht nach hinten losgehen. Vielleicht möchte die Kundin gar kein selbstfahrendes Auto, weil sie das Autofahren genießt und als Ausgleich zum stressigen Alltag nutzt. Oder sie wünscht sich keine Ausweitung des Sortiments, sondern eher eine Verbesserung ihres Lieblingsprodukts.

Die Jobs to be done-Theorie folgt einem anderen Ansatz. Hier stehen die Kund*innen im Mittelpunkt und die Produkte oder Dienstleistungen werden um sie herum gesponnen. Dabei hilft nicht unbedingt die naheliegendste Maßnahme, die Kund*innen einfach zu fragen, was sie wollen. Meistens wissen sie das nämlich gar nicht – denn ein großer Teil unserer Wünsche und unseres Kaufverhaltens ist uns gar nicht bewusst. Vieles geschieht unterbewusst und ohne, dass wir es so recht in Worte fassen können. Deshalb ist es wichtig, die richtigen Fragen zu stellen – oder genau zu beobachten. 

Jobs to be done zufolge gilt:

  • Es gibt einen Job, also eine Aufgabe, die dein Produkt für die Kund*innen erfüllen soll.
  • Deine Kund*innen sind daran interessiert, bei diesem Job Fortschritte zu erzielen – zum Beispiel mit deinem Angebot.
  • Die Umstände, unter denen der Job erfüllt wird, beeinflussen den Fortschritt bzw. das Ergebnis – und dein Produkt kann diese Umstände idealerweise verbessern.

Das heißt also, du musst wissen, welchen Job deine Kund*innen erledigen wollen, was sie dafür brauchen und welche die bestmöglichen Umstände sind, unter denen sie ihrem Ziel näherkommen können. Dabei ist es hilfreich, von der Funktion her zu denken.

Grundlagen der Jobs to be done-Methode

Um mithilfe der Jobs to be done-Theorie erfolgreich zu werden, musst du zunächst deine Kund*innen verstehen lernen. Dabei reicht es nicht, an der Oberfläche zu bleiben, sondern du musst wirklich in die Tiefe gehen. Deine Kund*innen haben in der Regel ein direktes Ziel, ihren Main Job, bei dem sie von deinem Angebot unterstützt werden wollen. Aber das ist nicht alles! Auch indirekte Ziele (Related Jobs) spielen eine wichtige Rolle. Sie sind besonders häufig unbewusst und daher in deinen Kund*innen verborgen. 

Direkte wie indirekte Ziele können funktional, emotional oder sozial sein. Nehmen wir einfach mal an, du stellst E-Fahrräder her. Ein funktionales Ziel deiner Kund*innen könnte sein, morgens schnell und nicht verschwitzt zur Arbeit zu kommen. Ein emotionales Ziel wäre der Wunsch, auf einem coolen Fahrrad mit möglichst bequemen Sattel zu sitzen. Und ein soziales Ziel könnte Umweltfreundlichkeit sein, denn deine Kund*innen wollen gern aufs Autofahren verzichten.

JTBD Methode Grafik

Die richtigen Fragen stellen

Wie findest du nun aber heraus, welche Ziele deine Kund*innen verfolgen und warum sie zur Erledigung ihres Jobs ausgerechnet bei dir einkaufen sollten? Indem du die richtigen Fragen stellst: 

  • Hilft das, was ich anbiete, meinen Kund*innen dabei, ihren Job zu erledigen?
  • Ist es wirtschaftlich?
  • Und könnten sich daraus neue Umsatzquellen ergeben?

Willst du verstehen, was deine Kund*innen wollen, hilft es, direkt mit ihnen in Kontakt zu treten, aber auch, ihr Verhalten zu beobachten:

  • Wozu nutzen sie dein Angebot?
  • In welcher Situation befinden sie sich, wenn sie dein Angebot kaufen?
  • Wann, wo und wie nutzen sie es?
  • Wie fühlen sie sich, während sie dein Angebot nutzen?
  • Mit welchen „netten Nebeneffekten“ geht die Nutzung deines Produkts einher?

Die zentrale Frage ist also, welche Aufgabe deine Kund*innen mithilfe deines Angebots erledigen wollen. Von ihr ausgehend entwickelst du dein Produkt oder deine Dienstleistung. Das erfordert ein Mindset, das über den Horizont des Bekannten hinausreicht. Du musst in der Lage sein, dir Dinge vorzustellen, die es noch nicht gibt – und darfst dabei nie den Kundennutzen aus den Augen verlieren. Nur so kannst du Pionier*in auf deinem Gebiet werden und ein innovatives Angebot erschaffen, das wirklich hilft! Denn nicht jede Innovation ist tatsächlich bahnbrechend und erfolgreich. Manche sind technisch total ausgefeilt – aber leider nutzlos. Nur wenn eine Innovation genau auf die Kundenbedürfnisse passt, kann sie Altbewährtes ablösen.

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Jobs to be done: Anwendungs­möglichkeiten der Methode

Die Jobs to be done-Methode gibt dir Aufschluss über die wahren Wünsche und Bedürfnisse deiner Kund*innen. Dieses Wissen kannst du dir in verschiedensten Bereichen deiner Unternehmung zunutze machen. Typische Einsatzgebiete sind zum Beispiel diese: 

  • Anforderungsanalyse für bestehende und neue Produkte
  • Produktentwicklung
  • Ermitteln neuer Umsatzpotenziale
  • Kundenzentrierung und -segmentierung
  • Markt- und Wettbewerbsbetrachtung
  • Produktmarketing
  • Verbesserung der Unternehmensstrategie
  • Innovation neuer Geschäftszweige

Du siehst, dass Jobs to be done deine gesamte Unternehmensstrategie beeinflussen kann. Richtig angewendet erzielst du mit der Methode kundenorientierte Erfolge, die dich von deinen Mitbewerber*innen abheben. Zahlreiche Beispiele aus der Praxis bestätigen dies!

Das Milchshake-Experiment

In diesem Beispiel wurde die Jobs to be done-Theorie zum ersten Mal in die Praxis umgesetzt. Das Experiment führten Clayton und sein Team persönlich durch. Sie hatten einen Kunden, der ein Milchshake-Geschäft führte und gern seine Verkäufe erhöhen wollte. Obwohl er ausführliche Kundenbefragungen bezüglich Geschmack, Konsistenz, Preis und Becherbeschaffenheit durchgeführt hatte, gelang ihm das nicht. Seine Kund*innen wussten zwar, welche Milchshakes ihnen schmeckten, aber nicht, warum und was genau sie wollten.

Clayton und seine Kolleg*innen gingen der Sache auf den Grund. Sie beobachteten die Kund*innen einen Tag lang im Laden und stellten fest, dass die meisten vor acht Uhr morgens und immer allein kamen. Und sie kauften immer nur einen Milchshake, keine anderen Snacks aus dem Sortiment. An einem zweiten Tag interviewte Claytons Team einige Kund*innen, indem sie ganz bestimmte Fragen stellten. Diese zielten auf den Job ab, den die Kund*innen mithilfe des Milchshakes erledigen wollten.

Es stellte sich heraus, dass die meisten Kund*innen jeden Morgen eine lange Strecke mit dem Auto zur Arbeit zurücklegten. Der Milchshake diente ihnen auf dieser Fahrt als ein zweites Frühstück, das sie bis mittags satt hielt, aber auch als Beschäftigung. Denn die Pendler*innen langweilten sich auf der langen Autofahrt. Aus den Ergebnissen der Umfrage leitete Clayton dem Jobs to be done-Ansatz entsprechend folgende direkte Ziele ab, die der Milchshake erfüllen kann:

  • zweites Frühstück (funktionaler Nutzen)
  • Beschäftigung (emotionaler Nutzen)
  • bis zum Mittag satt bleiben (funktionaler, emotionaler und sozialer Nutzen)

Das Team bohrte noch ein bisschen weiter und fragte die genauen Umstände ab, unter denen der Milchshake den Kund*innen dabei half, ihre direkten Ziele zu erreichen. So identifizierten sie die indirekten Ziele:

  • Milchshakes krümeln nicht, Hände und Auto bleiben sauber (funktionaler Nutzen)
  • Milchshakes sind gesünder als Schokoriegel oder Ähnliches (emotionaler Nutzen)
  • Becher lässt sich gut im Becherhalter des Autos abstellen (funktionaler Nutzen)

Ergebnisse des Experiments

Clayton und sein Team wussten nun, was genau die Kund*innen des Milchshake-Geschäfts antrieb. Vielleicht fragst du dich jetzt, was der Ladenbetreiber mit diesen Erkenntnissen anfangen sollte. Sie zeigten ihm gleich mehrere Wege auf, über die er sein Ziel, die Verkäufe anzukurbeln, erreichen konnte:

  • Andere Snacks, die zusätzlich zu den Milchshakes angeboten werden, müssen dem Job ebenso gut gerecht werden, damit sie sich verkaufen – sie dürfen also zum Beispiel nicht krümeln und sollen lange satt machen.
  • Die Kund*innen können segmentiert werden, zum Beispiel in Pendler*innen und Wochenendkäufer*innen, die vielleicht Eltern sind und mit ihrer Familie in den Laden kommen. Dementsprechend könnten spezielle Pendler- oder Familienangebote gemacht werden.
  • Den Kundenbedürfnissen entsprechende Innovationen können eingeführt werden – zum Beispiel größere Becher, engere Strohhalme und eine dickere Konsistenz, damit das Trinken lange dauert und beschäftigt. 
Milchshake

Umsetzung der Jobs to be done-Methode

Wenn du Jobs to be done anwenden möchtest, kannst du ähnlich vorgehen wie beim Milchshake-Experiment und deine bestehenden Kund*innen analysieren. Ist dein Produkt noch nicht auf dem Markt, kannst du den Kundennutzen aber auch schon vorab definieren. Dazu bieten sich Workshops mit den jeweils Beteiligten an, wenn du ein Team hast oder Leute, mit denen du künftig zusammenarbeiten wirst. So kannst du eine Strategie erarbeiten, die Jobs to be done bewusst einbezieht.

Fang am besten damit an, zu überlegen, warum Kund*innen dein Produkt brauchen, also welchen Job es für sie erledigen kann. Diskutiere verschiedene Ansätze und nähere dich so der Antwort auf die Frage nach dem Warum an. Bei bereits bestehenden Produkten kannst du dich fragen, warum Kund*innen nicht bei dir einkaufen und wie du das ändern kannst. Formuliere außerdem direkte und indirekte Ziele und sortiere sie nach ihren Dimensionen (funktional, sozial, emotional). Ganz wichtig ist es schließlich, tatsächlich mit echten Kund*innen ins Gespräch zu kommen – und auch mit Nichtkund*innen. So erfährst du mehr über die Lebenswelt derjenigen, die sich für dein Produkt interessieren könnten.

Alternativen zu Jobs to be done

Jobs to be done ist eine Expertenmethode, die sich nicht einfach nach einmaligen Lesen umsetzen lässt. Wenn du noch ganz am Anfang stehst, kannst du deshalb auch erstmal Folgendes ausprobieren:

  • Personas entwickeln: Personas stehen für typische Kund*innen oder Interessent*innen für dein Angebot. Sie helfen dir, zu visualisieren, wie der*die ideale Käufer*in aussieht – in Bezug auf demografische Merkmale, Interessen, Probleme usw.
  • Mental Models: Dieses Verfahren stammt aus der Psychologie und kann dir dabei helfen, herauszufinden, welche Annahmen Kund*innen deinem Produkt gegenüber haben. Diese unterscheiden sich oft von dem, was bei der Produktentwicklung eigentlich intendiert war. Mental Models können dir also sehr hilfreiche Erkenntnisse liefern und deinen Horizont erweitern.
  • Design-Thinking: Design-Thinking ist eine Kreativitätstechnik, bei der Menschen aus verschiedensten Bereichen interdisziplinär zusammenkommen und neue Ideen entwickeln – dabei steht ebenfalls das Verstehen deiner Kund*innen im Fokus.

Mehr über diese und weitere hilfreiche Tools erfährst du in unserem Artikel über agile Arbeitsmethoden. Natürlich kannst du auch mehrere Methoden kombinieren und dich so langsam an die Jobs to be done-Methode herantasten.

Fazit

Die Jobs to be done-Theorie besagt, dass alle Kund*innen einen Job zu erledigen haben, bei dem das richtige Angebot sie optimal unterstützt. Es hilft ihnen, schnellere und effektivere Fortschritte zu machen. Gleichzeitig verbessert es die Umstände, sodass direkte und indirekte Ziele gleichermaßen erreicht werden. Auch als Anfänger*in kannst du dir von dieser Methode in Sachen Kundenorientierung einiges abgucken und zum Beispiel deine Value-Proposition verbessern. Und wenn du dich noch etwas mehr reinfuchst, wird es dir gelingen, dein ganzes Unternehmen um Jobs to be done herumzubauen

Fang am besten einfach mal an und beobachte das Verhalten deiner Zielgruppe oder Kund*innen und stelle ihnen die richtigen Fragen. Im Feld Kundennutzen unseres Geschäftsmodell-Tools kannst du mit Leitfragen dazu optimal arbeiten. So kannst du mithilfe der Jobs to be done-Methode schnell erste Erkenntnisse sammeln und diese für dein Business nutzen.


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bhp