Das Honorar ist eines der brennendsten Themen für Selbstständige. Und eines, das mit vielen Fragen verbunden ist: Verlange ich zu viel oder zu wenig von meinen Kunden? Soll ich mit einem geringen Stundensatz anfangen, um überhaupt Aufträge zu ergattern? Und wie kann ich meine Honorarvorstellungen gegenüber den Kunden durchsetzen?
In diesem Artikel lernst du, wie du einen Stundensatz berechnest, von dem du wirklich leben kannst, und welche Dinge du bei der Stundensatzkalkulation berücksichtigen solltest.
Was ist der Stundensatz?
Der Stundensatz ist der Betrag, den du deinen Kunden für deine Arbeitsleistung pro Stunde in Rechnung stellst. Die Kosten für verbrauchtes Material sind darin in der Regel nicht enthalten. Deine Betriebskosten (etwa für Miete, Fahrtkosten oder Versicherungen) und dein Gewinn hingegen schon.
Wenn du zum Beispiel bei deinem Kunden das Badezimmer fliest und dafür zehn Stunden brauchst, bekommst du dafür zehnmal deinen Stundensatz. Die Kosten für die Fliesen stellst du gesondert in Rechnung.
In manchen Fällen bietet sich statt des Stundensatzes ein Tagessatz an – dafür nimmst du ganz einfach den Stundensatz mal acht.
Den Stundensatz berechnen in zwei Schritten
Viele Freiberufler*innen und Selbstständige verkaufen ihre Leistung unter Wert. Vor allem in kreativen Berufen werden häufig Honorare gezahlt, von denen bei genauer Betrachtung kein Mensch leben kann. „Immer noch besser, als gar keinen Auftrag“ – diese Denkweise führt leider häufig in eine Spirale aus Selbstausbeutung und Dumpinglöhnen, aus der du nur schwer wieder herauskommst. Wir empfehlen deshalb, von Anfang an auf fairen und angemessenen Preisen zu bestehen.
Es ist völlig klar, dass du direkt nach der Gründung wahrscheinlich noch keine Höchstpreise verlangen kannst. Schließlich musst du dir erst einen Namen machen, Kontakte knüpfen und Erfahrungen sammeln. Aber auch als Neuling solltest du von deinem Stundensatz leben können.
Zwei Fragen solltest du dir stellen, um deinen Stundensatz zu berechnen:
- Wie viele Stunden kannst du realistischer Weise pro Tag auf Rechnung arbeiten?
- Wie hoch sind die Kosten, die du von dem verdienten Geld bestreiten musst?
1. Schritt: Berechnung der produktiven Arbeitszeit
Schauen wir uns zunächst den Zeitfaktor an. Viele Selbstständige gehen offenbar davon aus, dass sie acht Stunden täglich an 365 Tagen im Jahr Geld verdienen können. Aber ist das realistisch? Von den 365 Tagen eines Jahres kannst du die Wochenenden und Feiertage schon mal abziehen. Dann bleiben noch 250 Tage übrig. Und wie sieht es mit Urlaub aus? Wenigstens 20 Tage Auszeit solltest du dir gönnen, um deine Energiereserven aufzufüllen. Außerdem musst du leider damit rechnen, dass du krank wirst. Ob und wie lange es dich erwischt, lässt sich natürlich nicht vorhersehen. Aber mit einem Durchschnittswert von 14 Tagen bist du ganz gut beraten.
365 Tage/Jahr
- 104 Wochenendtage/Jahr
- 11 Feiertage/Jahr (je nach Bundesland)
- 20 Tage Urlaub
- 14 Fehltage (wg. Krankheit oder dergl.)
216 Arbeitstage/Jahr
Bleiben also durchschnittlich 216 Arbeitstage im Jahr bzw. 18 Arbeitstage im Monat übrig. Allerdings wirst du an diesen Tagen, selbst wenn du von morgens bis abends am Schreibtisch sitzt, wohl kaum ununterbrochen für deine Kunden arbeiten. Hast du daran gedacht, dass du einiges tun musst, bis überhaupt ein Auftrag zustande kommt? Marketing und Werbung, Kontakte knüpfen, Angebote erstellen, Verhandlungen mit dem Kunden, diverse Telefonate – all das geht einem Auftrag voraus und bedeutet Arbeitszeit, für die dich keiner bezahlt. Und das ist noch nicht alles: Auch für die Buchhaltung, für Fahrtzeiten oder den üblichen Ärger mit der Technik solltest du Zeit einplanen.
Pauschal lässt sich das Verhältnis zwischen bezahlter, „produktiver“ und unbezahlter Arbeit nicht bemessen. Das hängt unter anderem von deinem Geschäftsmodell ab. Dir bleibt nichts anderes übrig, als vor deiner Gründung so gut es geht abzuschätzen, wie viel Zeit du für Akquise, Fortbildungen und Orga-Kram einplanen musst. Sprich doch einfach mal mit anderen Selbstständigen, die etwas Ähnliches machen wie du. Ihre Erfahrungswerte sind für deine Stundensatz-Kalkulation Gold wert.
2. Schritt: Berechnung der Kosten
Wenn du deine Arbeitszeit ermittelt hast, besteht deine nächste Aufgabe darin, dich offen und ehrlich mit deinen Kosten auseinandersetzen. Auch hier verfahren leider viele Selbstständige nach dem Motto „Augen zu und durch“. Dabei lässt sich die Machbarkeit einer Geschäftsidee nur dann wirklich beurteilen, wenn klar ist, ob nach Abzug aller Kosten vom Stundenlohn noch etwas übrig bleibt.
Auch die Kosten variieren je nach Geschäftsmodell. Ein Friseur mit eigenem Salon und zwei Beschäftigten muss deutlich höhere Ausgaben stemmen, als eine freie Autorin, die nicht viel mehr als ihren Laptop braucht. Hinzu kommen deine privaten Lebenshaltungskosten, da ja auch sie durch dein Honorar gedeckt werden müssen. Und nicht zuletzt musst du auch die Steuern und deine private Absicherung für das Alter und den Krankheitsfall abziehen, die du zu zahlen hast.
Tipp: Das interaktive Businessplan-Tool der Gründerplattform kannst du prima nutzen, um deine Kosten zu ermitteln. Unter der Überschrift Finanzen findest du sowohl für deine Betriebsausgaben als auch für deine privaten Kosten digitale Planungsassistenten. Dort sind bereits einige typische Dinge aufgelistet, für die Selbstständige Geld ausgeben. Du kannst diese Listen natürlich ergänzen und an deine individuelle Situation anpassen. Vergiss dabei nicht, auch außergewöhnliche Ausgaben einzukalkulieren. Da du nicht alle Ereignisse vorhersehen kannst, ist es ratsam, sowohl für die beruflichen als auch für die privaten Kosten eine ausreichende Reserve einzuplanen.
Persönlichen „Mindestlohn“ ausrechnen
Jetzt kannst du deine Kosten und deine produktive Arbeitszeit zueinander ins Verhältnis setzen. Die Formel dafür lautet:
Kosten / Arbeitszeit = Stundensatz
Der Wert, der dabei herauskommt, gibt deinen kalkulatorischen Stundensatz an. Das ist der Stundensatz, den du mindestens verdienen solltest, um kein Minus zu machen. Nehmen wir an, du kommst beruflich und privat (inkl. Steuern und Altersvorsorge) auf monatliche Ausgaben von 6000 Euro und gehst davon aus, dass du etwa 90 Stunden im Monat im Auftrag deiner Kunden tätig sein wirst – dann bräuchtest du einen Stundensatz von mindestens 66 Euro netto, um über die Runden zu kommen. Dein Ziel sollte aber sein, jeden Monat Gewinn zu machen. Nicht, um ein Leben in Saus und Braus zu führen, sondern um ausreichende Rücklagen zu bilden. Schließlich musst du auch für schlechte Zeiten vorsorgen, in denen du kein Geld verdienst (die Corona-Krise hat uns schmerzhaft vor Augen geführt, wie bedeutsam dieser Punkt ist). Von daher empfehlen wir die Berücksichtigung eines Gewinnaufschlages z.B. von 10 Prozent. Im Anschluss wird die entsprechende Umsatzsteuer dazugerechnet, mit Ausnahme Kleinunternehmer nach §19 UstG.
Die Beispielrechnung sieht dann so aus:
6.000 EUR (Betriebskosten netto + private Kosten brutto)
/ 90 Stunden/Monat
= 66,67 EUR netto
+ 6,67 EUR Gewinnaufschlag (laut Beispiel 10 Prozent)
= 73,34 EUR netto
+ Umsatzsteuer = Bruttobetrag
Hinweis: Liegt schon dein kalkulatorischer Stundensatz deutlich über dem, was in deiner Branche an Honoraren üblich ist, bleiben dir zwei Optionen: Massiv die Kosten senken – oder dein Geschäftsmodell überdenken.
Stundensatz-Rechner: Unser Tool für die Stundensatzkalkulation
Nutze unseren Stundensatz-Rechner, um schnell und einfach deinen Stundensatz zu ermitteln. So funktioniert er:
- Klicke auf den Button “Angaben zur Stundensatzkalkulation”
- Gib die benötigten Zahlen im Pop-up Fenster ein und klick am Ende auf "Speichern”
- Nun wird dir das Ergebnis angezeigt!
Fünf goldene Regeln für die Berechnung deines Stundensatzes
Deinen kalkulatorischen Stundensatz kennst du jetzt. Aber ist es damit mit der Berechnung deines Stundenlohns schon getan? Noch nicht ganz. Denn dieser Satz gibt ja nur die untere Linie vor, die du nicht unterschreiten solltest – nach oben aber sind theoretisch keine Grenzen gesetzt. Solange du nicht einen Beruf ausübst, in dem eine Gebührenordnung die Preise festlegt (wie es zum Beispiel bei Architekt*innen der Fall ist), schreibt dir keiner vor, wie viel du für eine Stunde nehmen darfst. Abgesehen – und das ist der Knackpunkt – vom Markt natürlich. Das führt uns zu den fünf goldenen Regeln, die du bei der Stundensatz-Kalkulation beachten solltest:
1. Tanze nicht (zu sehr) aus der Reihe
Dir wird schon klar sein, dass deine Kunden nicht bereit sein werden jeden Preis zu zahlen. Denn ihre Finanzmittel sind begrenzt und sie werden, wenn sie die Wahl haben, das günstigere Angebot wählen. Deshalb ist es sinnvoll, bei der Preiskalkulation die Konkurrenz unter die Lupe nehmen und deine Stundensätze an dem zu orientieren, was auf dem Markt üblich ist.
2. Bescheidenheit ist eine Zier...
... doch weiter kommt man ohne ihr. Diese Redewendung sollten sich alle Selbstständigen zu Herzen nehmen. Viele trauen sich nämlich nicht, einen angemessenen Preis für ihre Arbeit zu verlangen.
Auch wenn es okay ist, wenn du dich anfangs eher im unteren Bereich der marktüblichen Preisspanne einsortierst, solltest du früh üben, selbstbewusst deinen Stundensatz durchzusetzen. Hab keine Angst davor, einen Auftrag nicht zu bekommen, weil du zu teuer bist – in vielen Fällen ist das unbegründet. Zudem haben dein Know-How, deine Kompetenz und deine Qualitäten eben ihren Preis.
3: Du brauchst Gewinn
Wenn du dich selbstständig machst, musst du lernen, unternehmerisch zu denken. Und das heißt: Du musst zusehen, dass du nicht nur deine Kosten reinholst, sondern Gewinn machst. Dabei geht es nicht um die Finanzierung deiner Luxusyacht, sondern um deine Zukunft (und die deiner Mitarbeitenden, sofern du welche hast). Du allein trägst nämlich das wirtschaftliche Risiko und musst dafür sorgen, dass du Durststrecken überstehen kannst oder auch die nächste Wachstumsphase finanziert bekommst. Wovon willst du Rücklagen bilden, wenn du immer nur von der Hand in den Mund lebst?
4. Werde unverzichtbar
Einen Stundensatz durchzusetzen, der deinen (Gewinn-) Vorstellungen entspricht, fällt dir umso leichter, je einzigartiger dein Angebot ist und je mehr du deine Kunden begeisterst. Es lohnt sich also, vor der Gründung ausgiebig über ein pfiffiges Geschäftsmodell nachzudenken, das die Kundenwünsche perfekt befriedigt. Denn je besser dein Geschäftsmodell, desto höher der Stundensatz, den du später verlangen kannst.
Auf der Gründerplattform findest du jede Menge Methoden und Tipps für deine Geschäftsmodellarbeit und sogar ein interaktives Tool, mit dem du Schritt für Schritt aus einer ersten Geschäftsidee ein wirklich großartiges Geschäftsmodell entwickeln kannst.
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5. Bleib flexibel
Dein Stundensatz muss jedoch nicht für alle gleich sein. Es ist durchaus sinnvoll, Unterschiede zu machen. Bei Kunden, die dir sehr umfangreiche oder sehr viele Aufträge erteilen, kannst du eine Art Stammkundenrabatt einkalkulieren – schließlich sparst du unbezahlte Arbeitsstunden für Akquise und Verwaltung. Auch aus Prestigegründen kann es sinnvoll sein, mal ein Projekt zu übernehmen, das nicht so gut bezahlt ist. Die Hauptsache ist, dass du unterm Strich bzw. am Ende des Monats immer mehr verdienst, als du ausgibst.
Fazit
Du solltest dir schon früh Gedanken darüber machen, zu welchem Stundensatz du arbeiten willst bzw. kannst. Davon hängt nämlich ab, ob deine Geschäftsidee überhaupt umsetzbar ist. Deine Kosten und deine produktive Arbeitszeit sind die beiden wichtigsten Faktoren, die deinen Stundensatz bestimmen – jedenfalls, was die untere Grenze angeht. Nach oben bist du allein durch den Markt beschränkt. Dabei gilt die einfache Formel: Je besser dein Geschäftsmodell, desto höhere Preise kannst du deinen Kunden in Rechnung stellen.
Auch wenn du ein Greenhorn und auf jeden Auftrag angewiesen bist: Achte darauf, dass du deine Leistungen nicht zu Dumpingpreisen anbietest. Das bist du dir selbst, aber auch deinen Mitbewerber*innen schuldig.
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