Die eigene Praxis ist für viele Physiotherapeut*innen ein Traum. Damit der Start gelingt, haben wir die wichtigsten Punkte zusammengetragen, die es bei der Gründung einer Physiotherapiepraxis zu beachten gilt.
Die Rahmenbedingungen, um sich als Physiotherapeut*in selbstständig zu machen, sind in Deutschland schon mal sehr gut: Der Bedarf an Physiotherapie steigt, physiotherapeutische Behandlungen gehören zum Leistungskatalog der Krankenkassen und immer mehr Menschen sind bereit, Behandlungskosten auch selbst zu bezahlen. Der demografische Wandel wird dafür sorgen, dass die Nachfrage nach Physiotherapeut*innen und ihren Leistungen noch steigen wird.
Doch wie so häufig ist der Blick ins Detail unerlässlich, wenn du dich als Physiotherapeut*in selbstständig machen willst. Für die Gründung einer Physiotherapiepraxis gibt es einige Vorschriften und Regeln, die du unbedingt kennen solltest.
Gründungsvoraussetzungen
Wenn du dich als Physiotherapeut*in selbstständig machen möchtest, musst du eine staatlich anerkannte physiotherapeutische Ausbildung absolviert haben (z.B. als Masseur*in, medizinische*r Bademeister*in oder Physiotherapeut*in / Krankengymnast*in). Abgesehen davon brauchst du für die Gründung einer eigenen Praxis keine besondere Qualifizierung. Es ist jedoch eine ganze Reihe formaler Bestimmungen zu beachten.
Sicherlich ist es hilfreich, wenn du schon etwas Berufserfahrung gesammelt hast, bevor du dich als Physiotherapeut*in selbstständig machst. Dann weißt du schon, ob du zum Beispiel lieber mit Kindern oder mit älteren Patient*innen arbeitest und welche Behandlungen dir besonders liegen. Das hilft dir, deine Zielgruppe einzugrenzen und einen Schwerpunkt für dein Leistungsangebot zu setzen.
Wie bei jeder Gründung empfehlen wir, dir deine persönlichen Stärken bewusst zu machen und dem Berufsalltag als selbstständige*r Physiotherapeut*in objektiv ins Auge zu blicken: Jede Gründung ist mit Herausforderungen verbunden und es passiert immer wieder Unvorhergesehenes, mit dem du selbstständig klarkommen musst. Es sind keine Vorgesetzten da, die die Probleme lösen. Du bist die/der Vorgesetzte, du bist die Lösung.
Auch Verhandlungsgeschick und Souveränität im Umgang mit den Patient*innen sind hilfreiche Softskills. Wenn du Familie hast, sollte diese hinter deinem Vorhaben stehen, denn gerade in der Anfangszeit wirst du vielleicht weniger Zeit und Muße für gemeinsame Freizeit haben.
Neben der fachlichen und persönlichen Eignung solltest du dir auch einen Überblick über die nötigen finanziellen Mittel verschaffen. Die Einrichtung einer Praxis kann teuer werden: Du brauchst Geld für die Ausstattung und für mögliche Baumaßnahmen in den Praxisräumen. Im laufenden Betrieb entstehen dann Kosten für Miete, Versicherungen, Strom, ggf. Gehälter und Sozialabgaben sowie für Marketing und Werbung. Nicht zu vergessen deine privaten Lebenshaltungskosten, die ja durch die Einnahmen aus deiner Praxis finanziert werden sollen. Eine gründliche Investitions- und Finanzplanung gehört also dazu, wenn du dich als Physiotherapeut*in selbstständig machen möchtest.
Das ist gar nicht so schwierig, wie du vielleicht denkst: Rechne zusammen, wie hoch deine monatlichen Ausgaben sind und stelle dieser Summe deine erwarteten Einnahmen gegenüber. Wie viele Behandlungen müsstest du pro Monat, pro Woche, pro Tag und pro Stunde durchführen? Ist diese Zahl realistisch?
Überlege, ob eine kaufmännische Zusatzqualifikation für dich sinnvoll ist, oder plane ein, dir für diesen Bereich Unterstützung zu holen. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen und du musst als Praxisinhaber*in auch nicht alles selbst können. Bau dir ein kompetentes Team auf, in dem alle ihre Stärken einbringen. Achte nur darauf, dass du nicht alle Zügel aus der Hand gibst und den Überblick behältst, was deine Angestellten bei Buchführung, Vertrieb etc. treiben. Wenn jemand ausfällt, musst du einspringen, bis Ersatz gefunden ist.
Eine weitere Möglichkeit, verschiedene Kompetenzen zu sammeln: Suche dir von Beginn an Partner*innen und gründe gemeinsam mit ihnen die Praxis.
Hast du eigentlich schon mal darüber nachgedacht, eine bestehende Physiotherapiepraxis zu übernehmen, in eine Praxis einzusteigen oder dich einem Franchisesystem anzuschließen? Es gibt einige Alternativen zur Gründung einer neuen Praxis, mit denen du dich auseinandersetzen solltest.
Werde Nachfolger*in einer etablierten Praxis
Apropos Übernahme: Nicht selten suchen Praxisinhaber*innen eine*n Nachfolger*in. Hör dich also ruhig in deinem Netzwerk und an deinem Wunschstandort um, ob eine Praxis zum Verkauf bzw. zur Weiterführung steht. Führst du eine bestehende Praxis weiter, profitierst du z.B. vom bestehenden Kundenstamm, aber auch dem eingespielten Team.
Du möchtest dich näher mit der Übernahme einer Physiotherapiepraxis beschäftigen und prüfen, ob dies der passende Weg in deine Selbstständigkeit ist? Dann informiere dich mit unserem allgemeinen Text zur Unternehmensnachfolge genauer über die Chancen und Risiken und nutze unsere Tipps, wie der Kauf eines Unternehmens bzw. einer Praxis gelingt. Schau dir hierzu auch die Checkliste Unternehmenskauf an.
Um dich zum Thema Kaufpreis schlauzumachen, empfehlen wir dir unseren Ratgebertext zur Unternehmensbewertung, denn Unternehmenswert und Kaufpreis hängen eng zusammen und die Aushandlung eines angemessenen Kaufpreises ist entscheidend für den Erfolg deiner Übernahme.
Wenn du eine geeignete Praxis gefunden hast, solltest du über Möglichkeiten nachdenken, sie zu verbessern und auszubauen. Vielleicht verfügst du ja über eine Zusatzausbildung, die einer etwas in die Jahre gekommenen Praxis frischen Wind gibt. Nimm unbedingt das Thema Marketing genauer unter die Lupe – Tipps dazu findest du weiter unten in diesem Text.
Brauche ich eine Kassenzulassung?
Eine Kassenzulassung brauchst du nur, wenn du deine Leistungen gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen möchtest. Ob du eine Kassenzulassung beantragen willst oder ob du ausschließlich für Privatpatienten arbeiten möchtest, solltest du möglichst früh in deinem Gründungsprozess entscheiden. Die Entscheidung hat langfristige wirtschaftliche Auswirkungen für deine Physiotherapiepraxis.
Bei der Abrechnung über private Krankenversicherungen ist vorteilhaft, dass häufig mehr Behandlungen pro Diagnose verordnet werden und auch der Satz pro Behandlung höher ausfällt als bei den gesetzlichen Kassen. Vorteile der Zusammenarbeit mit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV/Krankenkassen) wiederum sind die Einnahmesicherheit und die Tatsache, dass in Deutschland die meisten Menschen gesetzlich versichert sind. Einen Großteil der ärztlichen Verordnungen erhalten daher gesetzlich Versicherte. Für die meisten selbstständigen Physiotherapeut*innen ist die Kassenzulassung daher existenziell – zumindest als Mischmodell, wie es auch die meisten Ärzte betreiben. Sie nehmen dann auch die spezifischen Anforderungen in Kauf, die gesetzliche Krankenkassen an Physiotherapeut*innen und Physiotherapiepraxen stellen, wie z.B. die Qualifikation oder die Größe der Räumlichkeiten.
Auch an anderer Stelle wirkt sich die Entscheidung pro oder contra Kassenzulassung im Gründungsprozess aus: Verzichtest du darauf, solltest du bei deiner Standortwahl die örtliche Kaufkraft und die mögliche Anzahl privatversicherter und selbstzahlender Personen berücksichtigen.
Was muss ich für eine Kassenzulassung erbringen?
Nun kurz zu den Formalitäten der Kassenzulassung. Die Leistungserbringung für gesetzlich Versicherte ist geregelt in § 124 SGB V. Strebst du eine Kassenzulassung an, musst du folgende Kriterien erfüllen:
- eine der Leistungserbringung entsprechende, staatlich anerkannte Ausbildung,
- eine geeignete Praxisausstattung zur zweckmäßigen und wirtschaftlichen Leistungserbringung und
- die Anerkennung der geltenden Vereinbarungen für die Versorgung der Versicherten.
Details zu diesen Kriterien kannst du der Zulassungsempfehlung des GKV-Spitzenverbands entnehmen. Teil 1 regelt allgemeine Voraussetzungen, in Teil 2, Abschnitt 1 findest du detaillierte Ausführungen zur Praxisausstattung. Sie enthalten zahlreiche Auflagen, etwa zur Anzahl und Größe der Räume. Schau sie dir genau an, damit du eine geeignete Immobilie auswählst. So ist nicht nur die minimale Nutzfläche definiert, sondern auch die Mindestgröße für jeden einzelnen Therapieraum. Faustregel hier: Je mehr Physiotherapeut*innen in deiner Praxis tätig sind, desto größer muss die Praxisfläche sein.
Neben den Therapieflächen sind ein Wartebereich, eine Toilette und eine separate Aufbewahrung der Patientendokumentation einzuplanen. Auf Barrierefreiheit ist ebenfalls zu achten.
Auch eine gewisse Mindestausstattung mit Geräten ist Pflicht. Dazu gehören:
- zwei höhenverstellbare Behandlungsliegen, inkl. geeignetem Lagerungsmaterial,
- ein Wärmebestrahlungsgerät,
- eine Kurzzeituhr je Behandlungsraum bzw. -bereich,
- eine Notrufanlage in den Behandlungsräumen, in denen Leistungen erbracht werden, die nicht die ständige Präsenz der therapierenden Person erfordern,
- Patientendokumentation,
- Erste-Hilfe-Kasten,
- Feuerlöscher.
Weitere Auflagen an die bauliche Ausgestaltung der Praxisräume, z.B. Patientenparkplätze, können sich aus den in deinem Bundesland geltenden baurechtlichen Vorschriften ergeben.
Du siehst: Wenn du dich als Physiotherapeut*in selbstständig machst, wirst du in recht engen Grenzen agieren, die durch zahlreiche Verordnungen und Gesetze festgelegt werden. Das gilt ganz besonders, wenn du eine Kassenzulassung anstrebst. Doch diesen Anforderungen stehen stabile Verdienstmöglichkeiten gegenüber.
Wie erhalte ich meine Kassenzulassung?
Deine Kassenzulassung, im Amtsdeutsch Zulassung als Heilmittelerbringer genannt, beantragst du bei den Landesverbänden der Krankenkassen. Eine Übersicht der zuständigen Stellen in den Bundesländern findest du auf der Seite des GKV-Spitzenverbands. Die Anmeldung für die Abrechnung mit den Ersatzkassen und der Knappschaft erfolgt über die Landesvertretungen des Verbands der Ersatzkassen.
Möchtest du auch über die Deutsche Rentenversicherung abrechnen, empfehlen wir dir, dich genau mit deren Informationen für Reha-Anbieter und den Anforderungen an Reha-Einrichtungen zu beschäftigen.
Sobald du dir einen Überblick über die Anforderungen der Kassen verschafft hast, bist du mit deinem Gründungsvorhaben ein großes Stück vorangekommen. Du hast eine gute Basis, um die nächsten Schritte anzugehen und später – wenn du die passende Immobilie gefunden und die Finanzierung geklärt hast – die Kassenzulassung zügig und reibungslos in die Wege zu leiten.
Wie viel du für welche Behandlung von den Krankenkassen bekommst, hängt übrigens auch von deinem Standort ab, das heißt vom Bundesland und dem jeweils geltenden Rahmenvertrag. Diese Rahmenverträge werden von den Berufsverbänden mit den Kassen ausgehandelt. Im Internet findest du Preislisten, aus denen hervorgeht, wie hoch die Vergütung ist, die die Krankenkassen für bestimmte Leistungen zahlen. Sie sind eine wertvolle Grundlage für deine Preisgestaltung. So werden beispielsweise in Niedersachsen für eine Bindegewebsmassage von 20 bis 30 Minuten 13,22 EUR gezahlt, für eine rund einstündige manuelle Lymphdrainage immerhin 44,42 EUR. Die Zahlen zeigen deutlich, dass du als selbstständige*r Physiotherapeut*in sorgfältig kalkulieren und deine Ausgaben und Einnahmen stets im Blick behalten solltest.
Mit der richtigen Standortwahl und Wettbewerbsanalyse zur erfolgreichen Physio-Praxis
Als Einzugsgebiet für deine Physiotherapiepraxis kannst du von einem Radius von drei bis fünf Kilometern ausgehen. Bei der Standortwahl solltest du zum einen die Marktzusammensetzung (vor allem Kaufkraft und Demografie) beachten und zum anderen eine Wettbewerbsanalyse durchführen. Schau dir deine Konkurrenz genau an und überlege, mit welchen Alleinstellungsmerkmalen du im Wettbewerb um Patient*innen bestehen kannst: Fehlt ein physiotherapeutisches Angebot an dem von dir angepeilten Standort? Gibt es eine Nische, die noch niemand füllt? Bringen dir besondere Angebote und Zusatzqualifikationen wie manuelle Lymphdrainage, Krankengymnastik am Gerät oder manuelle Therapie einen Wettbewerbsvorteil?
Standort und Leistungsspektrum wirken sich wiederum auf deinen Investitionsbedarf und die späteren Fixkosten aus: Was kosten die notwendigen Geräte in der Anschaffung und wie hoch ist der Mietanteil für den Geräteraum? Was kostet dich ein*e Mitarbeiter*in mit passender Zusatzqualifikation? Denk dran: Alle zusätzlichen Kosten müssen durch zusätzliche Einnahmen gedeckt sein!
Brauche ich Mitarbeiter*innen?
Durch Standort- und Wettbewerbsanalyse und das sich daraus ergebende Leistungsangebot deiner Praxis kommst du früher oder später zu der Frage, ob du Personal einstellen solltest. Die Arbeitsmarktlage für Physiotherapeut*innen ist recht entspannt – für die Arbeitssuchenden. Stell dich darauf ein, dass es unter Umständen etwas dauern kann, bis du geeignete Mitarbeiter*innen findest. Vielleicht brauchst du auch die Hilfe einer Personalberatung, wodurch zusätzliche Kosten entstehen können.
Bei der Personalbeschaffung spielt auch wieder der Standort eine wichtige Rolle. So wird es in einem Ballungsgebiet leichter sein, passende Mitarbeiter*innen zu finden, als im ländlichen Raum oder in einer Kleinstadt. Eine gute Möglichkeit für die Personalbeschaffung ist der Kontakt zu örtlichen Physiotherapieschulen.
Statt der Festanstellung ist eine flexiblere Möglichkeit die Beschäftigung freier Mitarbeiter*innen. Um freie Mitarbeiter*innen beschäftigen zu dürfen, brauchst du von ihnen folgende Nachweise:
- Eine Kopie der Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung Krankengymnast*in / Physiotherapeut*in,
- einen Dienstvertrag, den ihr gemeinsam schließt,
- Ggf. Nachweise und Zertifikate über Fort- und Weiterbildungen, die zu abrechnungsfähigen Positionen führen,
- Nachweis über eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung,
- Nachweis über die Anmeldung beim örtlichen Gesundheitsamt,
- Nachweis über die Anmeldung bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege,
- Meldung an die entsprechenden Krankenkassen, die analog zu deiner Beantragung der Kassenzulassung erfolgt.
Sicherheitshalber solltest du deine freien Mitarbeiter*innen darauf hinweisen, dass sie sich beim Finanzamt anmelden müssen und ihre Kranken- und etwaige Rentenversicherungspflicht nicht vergessen dürfen.
Selbstständig als Physiotherapeut*in: Von der Planung zur Praxis
Nachdem du die Themen Kassenzulassung, Standortwahl, Praxiskonzept und Personal geklärt hast, kannst du dich der finanziellen Seite deines Gründungsvorhabens zuwenden und einen Businessplan erstellen. Gerade wenn du auf einen Kredit zurückgreifst, ist ein Businessplan unerlässlich. Aber auch wenn du deine Praxiseröffnung aus eigenen Mitteln stemmst, gibt dir der Businessplan eine Orientierung in deiner Gründung und wird zum hilfreichen Steuerungsinstrument im laufenden Betrieb.
Was gehört in meinen Businessplan?
In deinem Businessplan stellst du zu Beginn dein Unternehmensziel, deine Geschäftsidee und dein Konzept dar. Du fasst deine Marktanalyse zusammen und erläuterst, wie du aus dieser Analyse dein Leistungsspektrum und dein Alleinstellungsmerkmal abgeleitet hast. Du definierst deine Zielgruppe und skizzierst, wie du diese erreichen willst – Stichwort Marketing. Du beschreibst, welche Maßnahmen du ergreifen willst, um Patient*innen zu gewinnen und die Rentabilität deiner Physiotherapiepraxis zu sichern. Wir haben für dich 7 Marketingmaßnahmen zusammengestellt, die du kennen solltest.
Achte darauf, die einzelnen Schritte deiner Recherchen und die Schlüsse, die du daraus ziehst, in deinem Businessplan möglichst transparent zusammenzufassen. So kann die Leserschaft deines Businessplans nachvollziehen, wie du zu deinem Konzept gekommen bist, und dessen Machbarkeit beurteilen. Auch für dich ist dieser Schritt ein guter „Proof of Concept“, also ein erster Beleg dafür, dass sich dein Vorhaben umsetzen lässt.
Beim Schreiben deines Businessplans wirst du unweigerlich auf eventuelle Lücken deines Konzepts aufmerksam werden. Schließt du diese konsequent, wirst du mehr Sicherheit erlangen und noch selbstbewusster hinter deinem Gründungsvorhaben stehen. Und je selbstbewusster du bist, desto leichter wird es dir fallen, deine Geldgeber von dir und deiner Praxisgründung zu überzeugen.
Unsere kostenlose Businessplan-Vorlage fasst noch einmal das Wichtigste für dich zusammen. Außerdem findest du bei uns viele kostenlose Businessplan-Beispiele.
Die Finanzplanung
Mindestens genauso wichtig wie der inhaltlich-beschreibende Teil deines Businessplans ist der Zahlenteil, also die Finanzplanung, für deine Physiotherapiepraxis. Hierzu zählen vor allem:
- Die Liquiditätsplanung: Wie entwickelt sich dein Kontostand? Wann fließt wie viel ab oder zu?
- Die Rentabilitätsvorschau: Ab welchem Jahr ist dein Unternehmen rentabel?
- Der Kapitalbedarfsplan: Mit wie viel Eigenkapital finanzierst du dein Unternehmen? Welche Summen müssen fremdfinanziert werden? Gibt es Fördermöglichkeiten?
Welche Rechtsform passt zur Physiotherapiepraxis?
Spätestens beim Schreiben des Businessplans wirst du auf die Wahl der Rechtsform stoßen. Grundsätzlich gibt es nicht die eine „richtige“ Rechtsform, wenn du dich als Physiotherapeut*in selbstständig machst. In der Regel kannst du als freiberufliche Person agieren und musst kein Gewerbe anmelden. Doch wenn du beispielsweise nicht-apothekenpflichtige Salben oder ähnliches verkaufst oder Personal beschäftigst, wird der freiberufliche Status problematisch.
Der Status „freiberuflich“ hat einige Vorteile:
- Befreiung von der Gewerbesteuerpflicht
- Vereinfachte Buchführung und keine Bilanzierung
Hinweis: Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht, wenn du Physiotherapeut*in bist, der/ die als Heilpraktiker*in oder Teilheilpraktiker*in (sektorale* Heilpraktiker*in) heilkundlich tätig bist, musst du für deine Leistungen keine Umsatzsteuer abführen. Denn auch heilkundliche Tätigkeiten der (Teil-)Heilpraktiker*innen sind –wie die heilkundlichen Tätigkeiten von Ärzt*innen – gesetzlich von der Umsatzsteuer befreit, § 4 Nr. 14 Buchstabe a UStG.
Liegen die Voraussetzungen für eine freiberufliche Selbstständigkeit vor und du möchtest ihre Vorteile nicht durch die Rechtsformwahl gefährden, stehen vier Rechtsformen zur Auswahl:
- Die Einzelpraxis: Eine natürliche Person ist alleinige Inhaberin der Praxis. Sie allein verfügt über die Geschäftsführung und die Vertretung der Praxis. Sie handelt ausschließlich eigenverantwortlich nach innen und außen. Sie allein hat Anspruch auf die Gewinne der Praxis und trägt auch die Risiken und finanziellen Lasten. Sie haftet unmittelbar und unbeschränkt mit ihrem gesamten Vermögen, es gibt keine rechtliche Trennung zwischen Privat- und Geschäftsvermögen.
- Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR): Schließt du dich mit mehreren Physiotherapeut*innen zusammen, um eure selbstständige Tätigkeit gemeinsam auszuüben, bietet sich die Rechtsform der GbR an. Vorteil dieser Rechtsform: Das Privileg der Gewerbesteuerbefreiung für die freien Berufe bleibt erhalten.
Hierfür ist wesentlich, dass alle Mitunternehmer*innen die Merkmale des freien Berufs erfüllen. Ist eine berufsfremde Person an der Praxis beteiligt, verliert die GbR ihre Eigenschaft der Freiberuflichkeit. In einer GbR haben alle Gesellschafter*innen volle Geschäftsfähigkeit und Vertretungsbefugnis. Jede*r Gesellschafter*in haftet persönlich und unmittelbar – auch mit seinem/ihrem Privatvermögen.
Es ist zwar nicht vorgeschrieben, aber sinnvoll, einen Gesellschaftsvertrag abzuschließen.
- Die Praxisgemeinschaft: Diese Rechtsform ist die einfachste Art der Kooperation und gleichzeitig mit den geringsten juristischen Folgen verbunden. Bei der Praxisgemeinschaft agiert jede einzelne therapierende Person eigenständig. Lediglich die Anmietung und Nutzung der Praxisräume erfolgt gemeinsam, und eventuell werden gemeinschaftlich Mitarbeiter*innen beschäftigt. Jede*r Physiotherapeut*in braucht eine eigene Kassenzulassung. Rechtlich betrachtet handelt es sich um getrennte Einzelpraxen.
- Die Partnerschaftsgesellschaft (PG): Die Partnerschaftsgesellschaft ist ebenfalls ein Zusammenschluss von Freiberufler*innen und unterliegt nicht der Gewerbesteuerpflicht. Die PG wird im Partnerschaftsregister beim Amtsgericht eingetragen. Ein Partnerschaftsvertrag ist für ihre Gründung erforderlich. Eine Haftungsbegrenzung kann vorgenommen werden, aber grundsätzlich haften die Partner*innen auch mit dem Privatvermögen.
Neben den vier genannten Rechtsformen steht auch die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) zur Wahl. Schließen sich Freiberufler*innen zu einer GmbH zusammen, unterliegen ihre Gewinne der Gewerbesteuerpflicht. Unser Rechtsformen-Tool hilft dir dabei, die passende Rechtsform für dich zu finden.
Wann bin ich als Physiotherapeut*in umsatzsteuerpflichtig?
Grundsätzlich gilt, dass Heilbehandlungen von der Umsatzsteuer befreit sind. Verkaufst du allerdings Heilmittel auf eigene Rechnung, agierst du gewerblich und musst für diese Umsätze ggf. Umsatzsteuer ausweisen und an das Finanzamt abführen.
Für die Behandlung von Patient*innen ohne ärztliche Indikation musst du womöglich ebenfalls Umsatzsteuer verlangen und abführen. Die steuerlichen Vorgaben für Physiotherapeut*innen sind recht komplex. Wir empfehlen dir, dich entsprechend deines Leistungsangebots genau zu deinen Rechten und Pflichten zu informieren.
Anmeldungen, Versicherungen und Pflichtmitgliedschaften
Wenn du dich als Physiotherapeut*in selbstständig machst, darfst du überdies nicht die notwendigen Meldungen, Versicherungen und Pflichtmitgliedschaften vergessen. Schaue, welche davon mit Kosten verbunden sind, und berücksichtige diese von Anfang an in deinem Businessplan.
- Selbstständige Physiotherapeut*innen sind Pflichtmitglieder in der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) – auch wenn sie kein Personal beschäftigen.
- Die Aufnahme einer selbstständigen (freiberuflichen) Tätigkeit muss beim Finanzamt gemeldet werden.
- Anmeldung beim örtlichen Gesundheitsamt.
- Anmeldung zum Rundfunkbeitrag (ehemals „GEZ“).
- Anmeldung bzw. Beantragung einer Nutzungsänderung beim örtlichen Bauamt.
- In Deutschland gilt eine Pflicht zur Krankenversicherung. Als Selbstständige*r hast du die Wahl, ob du dich freiwillig gesetzlich oder privat absichern möchtest.
- Freiberuflich tätige Physiotherapeut*innen sind grundsätzlich rentenversicherungspflichtig. Die Rentenversicherungspflicht entfällt allerdings beispielsweise, wenn sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer*innen beschäftigt werden. Informiere dich hierzu bei der Deutschen Rentenversicherung.
- Es besteht die Möglichkeit der freiwilligen Weiterversicherung für Selbstständige in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung.
- Die Berufshaftpflicht gehört zu den essentiellen Versicherungen jeder selbstständigen Person. Dich als Physiotherapeut*in sichert diese Versicherung gegen Regressansprüche von Patient*innen ab. Planst du auch „Behandlungen ohne Verordnung“ anzubieten, also z. B. Präventionskurse, solltest du in deiner Versicherungspolice prüfen, ob diese Tätigkeiten mitversichert sind.
Ob und welche weiteren Versicherungen du benötigst, solltest du für dich individuell prüfen. So können z.B. eine Geschäftsversicherung gegen Einbruch, Betriebsunterbrechung etc. und eine Rechtsschutzversicherung infrage kommen.
- Ggf. Beantragung einer Kassenzulassung. Wie du diese erhältst, haben wir oben schon umfassend erläutert.
- Last but not least: Das sogenannte Institutionskennzeichen (kurz: „IK“) ist für die Abrechnung mit den Sozialversicherungsträgern erforderlich. Die Beantragung erfolgt über die Arbeitsgemeinschaft Institutionskennzeichen.
Schau dir außerdem die unterschiedlichen Berufsverbände der Physiotherapeut*innen an. Neben der Interessenvertretung gegenüber den Krankenkassen informieren sie dich über aktuelle Entwicklungen der Branche und bieten hilfreiche Services an. Eine Mitgliedschaft kann sinnvoll sein, gerade wenn du Angebote wie Abrechnungs- und Rechtsberatung nutzen möchtest.
Erfolgreiches Marketing für deine Physiotherapiepraxis
Zurück zu einem weiteren Bestandteil deines Businessplans. Wie schon erwähnt, gehört auch das Marketing in deine Praxisplanung. Wer deine Zielgruppe ist, hast du dir ja schon bei der Standortanalyse und beim Beschreiben deines Praxiskonzepts erarbeitet. Nun solltest du konkreter werden und dich fragen, mit welchen Instrumenten und Maßnahmen du deine zukünftigen Patient*innen erreichst und wie du sie langfristig an deine Praxis bindest. Entwickle konkrete Ideen für Marketing und Werbung und berücksichtige in deiner Finanzplanung ein entsprechendes Budget – zur Eröffnung der Praxis und auch im laufenden Betrieb.
Mache dir außerdem Gedanken zu einer eigenen Corporate Identity und einem Corporate Design, um deinen Wiedererkennungswert bei allen Marketingaktivitäten zu steigern. Entwickle gemeinsam mit einem Profi ein Logo und Geschäftsausstattung wie Briefpapier, Rechnungsbögen, Gruß- und Visitenkarten sowie Flyer und andere Werbemittel, z.B. Kugelschreiber. Nicht zu vergessen ein Schild an der Praxistür, das ins Auge fällt.
Fast jede Suche nach gesundheitlicher Hilfe beginnt heute im Internet. Um hier gefunden zu, solltest du deine Website an die Suchanfragen deiner Zielgruppe anpassen. Fachleute sprechen von Suchmaschinenoptimierung, auf englisch: Search Engine Optimization (SEO). Überlege dir, welche Begriffe deine potenziellen Patient*innen wohl in ihre Suchmaschine eingeben, und verwende diese prominent auf deiner Website (beachte aber die gesetzlichen Vorschriften, auf die wir weiter unten noch näher eingehen werden). Viele Physiotherapeut*innen glänzen im Netz mit unaussprechlichen Fachbegriffen (kraniosakrale Osteopathie, evidenzbasierte Physiotherapie etc.) und vergessen zu erwähnen, wie sie ihren Patient*innen konkret helfen können (zum Beispiel „Rückenschmerzen lindern“ oder „Verspannungen lösen“). Mach es besser und sichere dir durch hochwertigen SEO-Content auf deiner Website einen der vorderen Plätze unter den Suchergebnissen.
Unabdingbar ist neben einer professionellen und suchmaschinenoptimierten Website ein Google-Unternehmensprofil, damit deine Praxis über Google Maps auffindbar wird.
Generell solltest du prüfen, ob zu deinem Konzept und deiner Zielgruppe eher klassische oder eher digitale Marketing-Aktivitäten passen. Digitale Aktivitäten können z.B. das Einrichten und die kontinuierliche Pflege von Social-Media-Profilen sein oder der regelmäßige Versand eines E-Mail-Newsletters. Zu den klassischen Maßnahmen können Zeitungsanzeigen und Plakate gehören sowie Neujahrsgrüße und Briefe/Postkarten mit Hinweisen auf Kurse in der Praxis.
Bei den Inhalten deines Marketings und deiner Werbung solltest du die gesetzlichen Werbeeinschränkungen genau beachten, denen Physiotherapeut*innen unterliegen. So ist es grundsätzlich untersagt, mit konkreten Kassenleistungen zu werben – Verstöße werden mit hohen Geldbußen geahndet. Wie für alle Unternehmer*innen gelten auch für Physiotherapeut*innen die gesetzlichen Regelungen gegen unlauteren Wettbewerb.
Ausdrücklich untersagt ist das Werben mit der Zusage, die Patientenzuzahlung für Heilleistungen zu übernehmen. Außerdem ist noch das Heilmittelwerbegesetz zu beachten, das Bilder untersagt, die dich selbst in Berufsbekleidung mit Patient*innen bei der Behandlung zeigen. Faustregel für dein Marketing: Bewirb deine Praxis und die Personen, die dort mit den Patient*innen arbeiten, und nicht eine bestimmte Behandlungsmethode.
Mit Qualität zu deinen Marketing-Zielen
Was im ersten Moment nach starker Einschränkung klingt, lässt sich in der Praxis durch etwas Kreativität mit Leben füllen: Auf deiner Website kannst du dein Leistungsportfolio auflisten und objektiv beschreiben. Gehe dabei immer von den Problemen deiner Patient*innen aus.
In deiner Werbung solltest du den Fokus auf die Leistungen setzen, die nicht unbedingt Kassenleistung sind. Dies können z.B. Kurse sein, die du in deiner Praxis anbietest. Schaue auch nach Multiplikatoren an deinem Standort, die nicht unter Werbeverbote fallen und die dich weiterempfehlen können.
Die beste Werbung sind und bleiben die Qualität deiner Behandlung, der Service und die organisatorischen Abläufe in deiner Praxis. Gerade in Zeiten, in denen Online-Bewertungen für die Praxiswahl immer wichtiger werden, sind zufriedene Patient*innen die Grundvoraussetzung für das gute Image und den Erfolg deiner Praxis. Zudem kostet dich die Mund-zu-Mund-Propaganda nichts. Ermuntere deine Patient*innen ausdrücklich, dich online zu bewerten, wenn sie mit deiner Behandlung zufrieden waren. Und behalte die einschlägigen Bewertungsportale im Blick. Reagiere auf negative Bewertungen und nimm die Beschwerden deiner Patient*innen ernst.
Bankgespräch und Immobiliensuche
Mit einem fertigen Businessplan in der Tasche kannst du dich auf die Suche nach einer Finanzierung und nach Praxisräumlichkeiten machen. Für das Bankgespräch empfehlen wir dir, die Gesprächssituation im Vorfeld zu simulieren und dich auf kritische Fragen der Bankberater*innen einzustellen.
Bitte beachte, dass du keinen Mietvertrag vor der Darlehenszusage unterzeichnest, da dies eine Ablehnung der Finanzierung nach sich ziehen kann (das gilt übrigens auch für die meisten Fördermittel). Idealerweise vereinbarst du mit dem/der Vermieter*in einen Vormietvertrag, der an das Zustandekommen der Finanzierung geknüpft ist.
Erst wenn du geeignete Räumlichkeiten gefunden hast, kannst du den Antrag auf Kassenzulassung stellen sowie die Anmeldungen bei den Ersatzkassen, der Knappschaft und der Deutsche Rentenversicherung vornehmen – die zuständigen Stellen und Informationsquellen haben wir dir oben genannt und verlinkt.
Fazit
Sich als Physiotherapeut*in selbstständig zu machen oder eine Physiotherapiepraxis zu gründen ist mit einer Reihe von Pflichten und Herausforderungen verbunden, doch mit der richtigen Vorbereitung wird dir der Start in diesen wachsenden Markt gelingen. Die beiden wichtigsten Erfolgsfaktoren für deine Physiotherapiepraxis sind dein Leistungsangebot, also dein Angebot an Therapien, Präventionskursen etc., und die richtige Standortwahl.
Um die wirtschaftlichen Potenziale deiner Praxis wirklich auszuschöpfen, solltest du vor Schlagworten wie Kosteneffizienz, Rendite und Umsatzoptimierung nicht zurückschrecken. Im Gegenteil: Bilde dich nicht nur fachlich fort, sondern bleibe auch bei den kaufmännischen Themen am Ball und beobachte kontinuierlich deinen Wettbewerb. Mit dem richtigen fachlichen und unternehmerischen Wissen, einem guten Team und einem feinen Marktgespür wirst du deine Praxis erfolgreich aufbauen und führen.