Wenn du dich mit einem eigenen Produkt oder einer Dienstleistung selbstständig machen möchtest, solltest du den Markt gut kennen, in den du einsteigst, und dir einen Plan für den Markteintritt zurechtlegen. Welche Strategien es gibt, wie du die richtige findest und warum die Entwicklung einer solchen Strategie wichtig ist, erklären wir dir hier.
Was ist eine Markteintrittsstrategie?
Manchmal gibt es diese Geschäftsideen, die auf den Markt kommen und über Nacht durch die Decke gehen. Dann ist manchmal Glück im Spiel – aber in den allermeisten Fällen eine gründliche Vorbereitung.
Ein Ergebnis dieser Vorarbeit ist die Markteintrittsstrategie. Darunter versteht man die Gesamtheit der Maßnahmen, mit denen ein Unternehmen anstrebt, bei der Einführung eines neuen Produkts oder einer neuen Dienstleistung bestehende Markteintrittsbarrieren zu überwinden. Ziel ist es, diese möglichst schnell erfolgreich und gewinnbringend am Markt zu etablieren. Entweder handelt es sich dabei um eine komplett neue Idee, die erstmalig auf einem bekannten Markt vorgestellt wird. Oder ein bereits bestehendes Produkt soll auf einem weiteren Markt ausgerollt werden – zum Beispiel im Ausland. Manchmal wird mit einer solchen Strategie auch der Wechsel von einem Markt in einen anderen vollzogen – etwa, weil der ursprüngliche Markt keine Gewinn- oder Wachstumspotenziale mehr birgt oder sogar schrumpft.
Warum ist eine Markteintrittsstrategie wichtig?
Die Basis der Strategie bildet die ausführliche Analyse deines Angebots, deiner Zielgruppe und deiner Konkurrenz. Auch deine Unternehmenswerte und deine persönlichen Ideale spielen eine Rolle. Das alles sind Punkte, die du im Zuge der Arbeit an deinem Geschäftsmodell und an deinem Businessplan ohnehin bearbeiten solltest. Bist du hier sorgfältig, ergibt sich die passende Markteintrittsstrategie fast von allein. Indem du dich mit diesen Punkten und der passenden Strategie beschäftigst, deckst du eventuelle Schwachstellen und Risiken, aber auch Chancen deiner Gründung und Produktentwicklung auf.
Als Grundlage, um dir die eigenen Stärken und Schwächen vor Augen zu halten, empfehlen wir zwei Modelle: die SWOT-Analyse oder die Geschäftsmodell-Canvas, in der du in der 11-Felder-Matrix sammelst, was dich ausmacht – damit hast du den Nährboden für eine Strategie!
Bring deine Idee aufs Papier!
Dein eigenes Geschäftsmodell nur einen Klick entfernt
Hast du bereits erfolgreich einen Markt erobert und möchtest einen weiteren in Angriff nehmen, nutze Erkenntnisse aus deiner bisherigen Arbeit, stelle eventuelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Märkte heraus und leite daraus entsprechende Maßnahmen ab. Auch Erkenntnisse, wie es nicht funktioniert, wirst du im Laufe der Arbeit mit und an dieser Strategie erlangen. Ähnliches gilt, wenn du bereits ein Produkt erfolgreich auf einem Markt etabliert hast, und nun ein zweites platzieren möchtest.
Wie viele andere Planungen und Strategien im Zuge deiner Gründung sind auch Markteintrittsstrategien dynamisch zu verstehen: Märkte verändern sich genauso wie Zielgruppen, der Wettbewerb und deine eigenen Vorstellungen von deiner Idee. Hast du dich einmal für eine Strategie und Positionierung entschieden, gleiche deine Planung immer wieder mit der Wirklichkeit und deinen Zahlen ab und steuere bei Bedarf nach.
Markteintrittsbarrieren mit der passenden Strategie überwinden
Eine weitere wichtige Funktion einer Markteintrittsstrategie ist das Erkennen und Überwinden von Markteintrittsbarrieren. Das sind Hürden, die es Unternehmen erschweren, in einen neuen Markt vorzudringen und sich dort zu etablieren. Ähnlich wie die Strategien können auch die Hürden vielfältig sein – etwa technologisch, politisch oder kulturell bedingt. Im Detail beschreiben wir die Markteintrittsbarrieren in einem separaten Ratgeber.
Diese Markteintrittsstrategien gibt es
Ein Markteintritt kann mit einem komplett neuen Produkt auf einem (bekannten) Markt erfolgen oder mit einem bestehenden Produkt auf einem neuen (oft ausländischen) Markt.
Bei deiner Gründung handelt es sich in der Regel um ein neues Produkt, das du auf den deutschen Markt bringst. Folgende Markteintrittsstrategien gibt es dafür:
Eigenständiger Markteintritt
Diese Strategie geht davon aus, dass du dich mit einer komplett neuen Idee auf einem für dich neuen Markt etablieren möchtest – für dich als Gründer*in eine der naheliegendsten Strategien. Die Umsetzung erfolgt in der Regel durch Innovation oder Imitation: Neben einer Neuentwicklung kann es sich auch um die Verbesserung eines bereits von der Konkurrenz bekannten Produkts handeln. Wichtiger Bestandteil dieser Strategie ist ein klarer Plan für den Vertrieb und das Marketing, um schnell Bekanntheit zu erlangen.
Markteintritt basierend auf eigenen Erfahrungen
Hast du bereits ein Produkt entwickelt und erfolgreich auf einem Markt eingeführt, nutzt du diese Erkenntnisse für die Einführung eines neuen Produkts auf dem gleichen Markt.
Wettbewerber aufkaufen
Sofern du das nötige Geld zur Verfügung hast, kannst du ein bereits erfolgreich etabliertes Konkurrenzunternehmen aufkaufen und so von dessen Erfahrung profitieren. Eine wirksame, aber oftmals auch teure Strategie, um eine durch zu hohe Konkurrenz entstandene Marktbarriere zu überwinden. Vielleicht steht auch ein Unternehmen zum Verkauf und du kannst über eine Unternehmensnachfolge in deinen Wunschmarkt einsteigen.
Franchise - Lizenznehmer*in werden
Nutze die Erfahrung und Bekanntheit eines Unternehmens für deinen Markteintritt, ohne direkt ein anderes Unternehmen aufkaufen zu müssen. Franchise ist beispielsweise bei Restaurants, aber auch in der Mode, bei Elektroartikeln und im Dienstleistungsbereich verbreitet und bietet einerseits Sicherheit. Andererseits bist du als Franchisenehmer*in an feste Vorgaben gebunden und hast nur einen relativ geringen Gestaltungsspielraum.
Joint Venture
Ebenfalls weniger kapitalintensiv als der Kauf eines Konkurrenzunternehmens ist ein Joint Venture. Dabei gründest du zusammen mit einem anderen unabhängigen Unternehmen eine Tochtergesellschaft, über die dein Produkt in den Markt eingeführt wird. Beide Unternehmen bleiben rechtlich unabhängig, profitieren aber gleichzeitig von bereits existierender Marktposition, Bekanntheit, Fachwissen und Ressourcen.
Markteintrittsstrategien für ausländische Märkte
Möchtest du mit einem bestehenden Produkt in einen ausländischen Markt vorstoßen, kannst du ebenfalls ein ausländisches Unternehmen aufkaufen, eine Tochtergesellschaft mit einem ausländischen Unternehmen gründen oder sogar einen komplett neuen Standort im Ausland aufbauen. Vorteil eines Zusammenschlusses mit einem ausländischen Unternehmen ist, dass dieses meist den zukünftigen Markt deutlich besser kennt als du. Die günstigere Alternative zu diesen Möglichkeiten ist die Vergabe von Lizenzen: Ausländische Lizenznehmer*innen produzieren dann nach deinen Vorgaben und unter deinem Namen, tragen die Kosten dafür aber weiterhin selbst. Die risikoärmste und günstigste Markteintrittsstrategie auf einem ausländischen Markt ist der Export: Du produzierst weiterhin in Deutschland, der Vertrieb erfolgt im Ausland. Wie beim eigenständigen Markteintritt kommt es auch hier auf ein ausreichendes Budget für umfangreiche Marketingmaßnahmen an.
Timing beim Markteintritt
Bei der Anwendung einer Markteintrittsstrategie kommt dem Timing eine besondere Rolle zu. Oftmals ist die Rede von Pionieren, frühen und späten Folgern. Während Pioniere den Vorteil haben, erste und damit auch erst einmal allein am Markt zu sein, ist gleichzeitig das Risiko hoch, auf (bislang unentdeckte) Herausforderungen, auf einen noch nicht bereiten Markt oder zu hohe Kosten zu stoßen. Folger profitieren von den Erfahrungswerten und Vorarbeiten der Pioniere, riskieren allerdings, dass die Konkurrenz bereits zu mächtig oder der Markt bereits gesättigt ist.
Die Rolle des Eintrittsmarktes
Nicht nur die eigentliche Strategie ist wichtig für deinen Erfolg, sondern auch der richtige Markt. Deutschland als deinen zukünftigen Markt zu bezeichnen, greift zu kurz und erlaubt anschließend auch keine sinnvolle Strategie. Zu Beginn einer Produkteinführung steht der Eintrittsmarkt. Der Autor Bill Aulet nutzt ein einfaches Beispiel, um einen Eintrittsmarkt und dessen Bedeutung zu erklären. Er beschreibt in einem seiner Bücher, dass eine Armee einen strategisch günstigen Platz am Wasser nutzt, um feindliches Territorium zu erobern. An diesem Ort gehen Truppen an Land, Nachschub wird geliefert, nach und nach werden weitere Bereiche erobert. Er rät dazu, einen Eintrittsmarkt zu wählen, der einerseits groß genug ist, um positive Erträge zu generieren und damit gut zu verteidigen ist. Und andererseits nicht so groß, dass die Konkurrenz mit viel mehr Geld und Macht dich darin angreifen will.
Für dich als Gründer*in bedeutet das, dass du dir am besten einen kleinen, insbesondere regional begrenzten Markt suchst, auf dem du dein Produkt entsprechend deiner Strategie vertreibst und erste Erfahrungen sammelst. Funktioniert deine Strategie, kannst du nach und nach weitere Gebiete erobern. Funktioniert die Strategie nicht, arbeitest du an deinem Produkt, deiner Zielgruppe oder suchst dir einen neuen Markt. Vorteil dieser Arbeitsweise – von klein zu groß – ist, dass du zügig echte Rückmeldungen hast und Fehler schneller und günstiger korrigiert werden können.
Hörempfehlung: Jan rät Sebastian Deol im Podcast, einen War Room zu gestalten um herauszufinden, welcher der passenden Eintrittsmarkt für die von ihm und seinem Co-Gründer entwickelte App Zpeeky ist. Die App hat zum Ziel, die Kommunikationsfähigkeit von Arbeitnehmer*innen zu verbessern und geht dabei auf die Ausganssituation und Bedürfnisse der Lernenden ein. Was sind potentielle Branchen und Personen, die Interesse an der App haben könnten? Wie unterscheiden sich diese Märkte und welche Eintrittstrategien werden benötigt? Hör rein und erlebe, wie Jan und Sebastian gemeinsam die Methode von Bill Aulet anwenden.
Den passenden Markt finden
Bill Aulet formuliert sieben nützliche Fragen zur Auswahl deines idealen Eintrittsmarktes:
- Sind deine Kund*innen finanziell ausreichend ausgestattet?
- Sind sie schon für dein Verkaufsteam ansprechbar?
- Haben sie einen überzeugenden Grund, zu kaufen?
- Kannst du heute mit der Hilfe von Partner*innen schon ein vollständiges Produkt ausliefern?
- Gibt es etablierte Konkurrenz, die dir im Weg sein könnte?
- Wenn du dieses Segment gewinnst – kannst du dann wachsen, um zusätzliche Segmente anzugehen?
- Stimmt der Markt mit deinen Werten, Leidenschaften und Zielen überein?
Beantworte die Fragen für dich und definiere deinen Eintrittsmarkt – das passt gut, wenn du dein Geschäftsmodell entwickelt und eine Wettbewerbsanalyse erstellt hast.
Rechtliches rund um den Markteintritt
Vor allem, wenn du planst, in einen ausländischen Markt zu expandieren, gibt es einige rechtliche Themen, die du dringend berücksichtigen solltest. Grundsätzlich ist immer das Recht des jeweiligen Landes zu beachten. Beim Export können das unter anderem Einfuhrbeschränkungen sein. Auch die Wahl der passenden Rechtsform für die Neugründung, die Abfuhr von Steuern oder die Art der Beschäftigung von ausländischen Mitarbeitenden sind zentrale Themen. Schickst du eigenes Personal ins Ausland, gibt es oftmals Vorgaben, wie dieses gemeldet werden muss.
Gehörst du bereits zu den Big Playern in deinem Geschäftsbereich und du planst den Zusammenschluss mit einem bzw. den Kauf eines Konkurrenzunternehmens, gilt es ebenfalls einiges zu beachten. Wird durch den Zusammenschluss Wettbewerb quasi unmöglich gemacht, kann sogar das Kartellamt eingreifen und den Zusammenschluss untersagen.
Finanzielles beim Markteintritt
Wie im vorherigen Absatz bereits beschrieben musst du steuerliche Besonderheiten beachten, sobald du im Ausland tätig bist. Das Thema Finanzen ist aber auch bei der Entscheidung für oder gegen eine Markteintrittsstrategie und bei ihrer Umsetzung wichtig. Willst du beispielsweise Wissen hinzukaufen, ist dafür deutlich mehr Startkapital notwendig, als bei einem Markteintritt aus eigener Kraft. Berücksichtige das in deinem Finanzplan und überlege, ob du Fremdkapital benötigst.
Der Markteintrittsprozess Schritt für Schritt
1. Identifiziere und analysiere deinen Eintrittsmarkt
Wähle zu Beginn am besten einen eher kleinen Ziel- bzw. Eintrittsmarkt. Analysiere Besonderheiten, Chancen und Risiken. Schau dir an, ob und welchen Wettbewerb es hier bereits gibt und welche Zielgruppen sich auf dem Markt bewegen. Je präziser du bei der Marktanalyse bist, desto besser.
2. Arbeite eventuelle Markteintrittshürden heraus
Welche Hürden stehen dir im Weg? Erarbeite Lösungen, wie du sie überwunden kannst. Setze dabei Aufwand und Risiko mit Auswirkung und Chancen ins Verhältnis, um nicht direkt zu Beginn an zu hohen Hürden zu scheitern.
3. Entscheide dich für eine Markteintrittsstrategie
Wäge ab, welche Strategie zu dir, deinen Werten, deinem Produkt und deinen (finanziellen) Ressourcen passt.
4. Plane die konkrete Umsetzung deiner Strategie
Wann müssen welche Verträge abgeschlossen und Käufe getätigt werden? Wann kann und muss was produziert sein? Welche Marketingmaßnahmen stehen zur Verfügung? Im Business- bzw. Finanzplan solltest du außerdem Annahmen treffen, wann du mit welchen Umsätzen oder Gewinnen am Markt rechnest.
5. Setze deinen Plan in die Tat um
6. Kontrolliere regelmäßig, wie sich die Zahlen entwickeln, ob Kosten im Rahmen bleiben und sich der Markt entsprechend deiner Erwartungen verhält und entwickelt. Tut er das nicht, gehe in die Analyse und Optimierung deines Zielmarktes, der Zielgruppe und deines Produkts.
Fazit: Die passende Markteintrittsstrategie im Gründungskontext
Mit einer Markteintrittsstrategie erhoffen Unternehmen sich möglichst schnellen Erfolg an einem bekannten oder neuen Markt mit einem neuen oder bekannten Produkt. Für dich als Gründer*in scheint dabei der Markteintritt aus eigener Kraft der gängigste Weg zu sein: Du entwickelst ein Produkt oder eine Dienstleistung, definierst und analysierst einen Zielmarkt und eine Zielgruppe und beginnst mit dem Vertrieb deines Angebots.
Du kannst aber auch von Anfang an anders an die Sache herangehen und dich beispielsweise für die Übernahme eines Wettbewerbers oder den Einstieg in eine Franchisesystem entscheiden. Welche Markteintrittsstrategie die für dich passende ist, hängt zum einen von deinen finanziellen Mitteln, aber auch von deinen persönlichen Vorlieben und der eigentlichen Geschäftsidee ab. Möchtest du dich in der Gastronomie selbstständig machen, bietet sich Franchising an, da du von einem bekannten Namen und von etablierten Arbeitsabläufen profitierst. Hast du eine Idee für ein neues Produkt, aber dir fehlt das Know-how, ist der Zusammenschluss mit einem möglichen Wettbewerber ein guter Ansatz. All diese Überlegungen und Abwägungen führst du am besten bereits bei der Entwicklung deines Geschäftsmodells und der Ausarbeitung deines Businessplans zusammen. Stellst du im Laufe deiner Gründung fest, dass eine Strategie nicht zu dir passt, steht es dir frei, neu zu denken und zu planen.