Zebra und Einhorn

Die zoologische Vielfalt in der Gründerszene wächst

Von den Startup-Unicorns, den Einhörnern unter den Neugründungen, hast du vielleicht schon gehört. Aber inzwischen wurde im Gründungsdschungel eine neue Art entdeckt: die Zebras. Damit sind junge Unternehmen gemeint, die profitables Wachstum und soziale Verantwortung miteinander verbinden. Aber warum nennt man sie Zebras? Woran erkennt man diese Spezies? Und warum vermelden immer mehr Gründer*innen mit Stolz, ihre Firma sei ein solches Zebra? Die Gründerplattform bringt Licht ins Dunkel.

Zebra oder Einhorn? Das sind die Unterschiede

Wenn im Zusammenhang mit Startups von Einhörnern die Rede ist, dann sind in der Regel keine Fabelwesen, sondern junge Firmen mit einer extrem hohen Marktbewertung gemeint. Allgemein gilt die Definition: Startups, deren Wert vor dem Börsengang oder einem Exit der Investoren auf mindestens eine Milliarde US-Dollar geschätzt werden, werden als Einhörner bezeichnet. 

Viele Gründer*innen träumen davon, ihr Unternehmen binnen kürzester Zeit zu skalieren, um es für eine möglichst hohe Summe zu verkaufen. Auch auf der Gründerplattform gibt es schon einen Artikel, der sich mit der Frage beschäftigt: „Unicorn-Startups: Wie kommt man auf eine milliardenschwere Geschäftsidee?“

Aber vor allem für Wagniskapitalgeber (Venture Capitalists – VC) sind diese mega-erfolgreichen, schnell wachsenden Gründungen von großem Interesse. Sie sind ständig auf der Jagd nach dem nächsten Einhorn, weil sie wissen: Schon ein einziges dieser seltenen Exemplare in ihrem Portfolio genügt, um ihre Reputation aufzupolieren und die immensen Summen zu refinanzieren, die sie überall auf der Welt investiert haben. 

Aber was ist mit den vielen anderen Gründungen, die die hochgesteckten Erwartungen ihrer Geldgeber nicht erfüllen können? Die sich zwar konstant entwickeln, aber dennoch weit von der Milliardenbewertung entfernt sind? Sie bekommen oft gnadenlosen Druck zu spüren und werde, wenn auch das nichts bringt, nicht selten sogar fallengelassen (sprich: weiterverkauft). In der Folge bleiben immer wieder Unternehmen auf der Strecke, die durchaus eine aussichtsreiche Zukunft vor sich gehabt hätten – wären die Profitinteressen und die Ungeduld ihrer Investoren nicht so groß gewesen.

Eine wachsende Zahl von Gründer*innen will sich diesem Stress nicht mehr ausliefern. Sie setzen sich bewusst von den Einhörnern ab: Nicht Highspeed-Wachstum um jeden Preis, sondern eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung stehen für sie an erster Stelle. Anstatt sich dem Einfluss externer Geldgeber auszusetzen, gehen sie lieber mit weniger Kapital und größerer Unabhängigkeit ihren eigenen Weg. Sie wollen nicht zuvörderst reich werden, sondern die Welt zu einem besseren Ort machen. Dabei haben sie durchaus die wirtschaftliche Seite ihres Handelns im Blick. Gesellschaftliche Verantwortung mit profitablem Wirtschaften vereinen, das ist ihr Credo. 

Glänzendes weißes Einhorn

Wer hat die Zebras entdeckt?

Der Begriff Zebras für diese Art von Startups, die gesellschaftlichen Impact vor rasantes Wachstum stellen, geht auf die vier Gründerinnen Scholz, Zepeda, Brandel und Williams zurück. Sie verwendeten ihn erstmals in einem Artikel, der Anfang 2017 auf der US-amerikanischen Publishing-Plattform Medium erschienen und der sich kritisch mit dem Wachstums- und Gewinnstreben auseinandersetzt, das für viele Startups kennzeichnend ist. Warum sie sich ausgerechnet für das Zebra als Gegenpol zum Einhorn entschieden haben? Weil diese schwarz und weiß sind, womit gemeint ist: profitabel und sozial verantwortungsvoll. Das eine ist für sie nicht ohne das andere zu haben.

Und noch aus einem zweiten Grund wählten die Autorinnen das Zebra, um ihre bevorzugte Gründungsart zu beschreiben: Zebras sind Herdentiere, keine Einzelgänger. Sie erreichen ihre Ziele durch Zusammenarbeit, nicht durch Einzigartigkeit.

Die Unternehmens­philosophie von Zebras

Die Philosophie von Zebra-Unternehmen unterscheidet sich also fundamental von der Einhorn-Philosophie. Ihnen geht es nicht darum, schnell zu wachsen und auf dem Weg an die Spitze möglichst alle Konkurrenten wegzubeißen. Sie stellen nicht den Profit in den Mittelpunkt ihres Handelns, sondern ihre Vision von einer besseren Welt. Profitabel wollen sie trotzdem sein, weil sie wissen, dass es ohne ein funktionierendes Geschäftsmodell nicht geht. Profitmaximierung ist aber nicht ihr Daseins-Zweck. Vielmehr geht es ihnen um gesellschaftlichen Impact. Und der ist nun mal um so größer, je mehr Menschen ein Unternehmen erreicht.

 

EinhornZebra

Wachstum

exponentiell

nachhaltig

Strategie

Monopolstellung durch Disruption

Ko-Existenz und Kooperation

Ziel

hohe Marktbewertung

gesellschaftlicher Einfluss

Motto

mehr

genug, besser

Tab.: Zebra vs. Einhorn – die Unterschiede im Überblick

Sind Zebras die besseren Einhörner?

Unicorn-Startups versetzen uns immer wieder in Staunen. Wir bewundern sie für ihre frischen Ideen und die Verve, mit der sie ganze Branchen durcheinanderwirbeln. Wir sind beeindruckt von den Erfolgsgeschichten ihrer Gründer*innen, die es innerhalb weniger Jahre zu Ruhm und Reichtum gebracht haben. Viele von uns nehmen sie sich sogar zum Vorbild und träumen davon, selbst ein solches Einhorn-Startup zu gründen. 

Das kann inspirierend und ein Ansporn sein. Es sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es nur ganz, ganz wenige schaffen, zu den Stars der Gründerszene aufzuschließen. Nur ein Bruchteil aller jungen Unternehmen wird die Milliarden-Schallmauer je durchbrechen. Das ist Realität – und bedeutet keineswegs, dass alle anderen scheitern. Erfolg lässt sich nun mal auf vielfältige Weise formulieren.

Die Zebra-Bewegung stellt die Frage, ob diese rasant wachsenden Einhörner überhaupt als Vorbild taugen. Ihre Kritik am Fabelwesen-Hype: Viele Startups seien so sehr auf Profit ausgerichtet, dass ihnen die Bedürfnisse der Menschen und der Zustand unseres Planeten aus dem Blick gerieten. Umwelt, Klima, Gerechtigkeit? Werte wie diese seien für sie allenfalls zweitrangig, heißt es. Und so ganz weit hergeholt ist diese Kritik tatsächlich nicht. Wohl kaum jemand würde Unternehmen wie UBER, Airbnb oder Flixbus eine besondere soziale Ader zuschreiben. Die Auswirkungen, die ihre Geschäftsmodelle auf unsere Gesellschaft haben (zum Beispiel auf die Arbeitsbedingungen der Fahrer*innen oder auf die Mieten in einigen Großstädten), sind nicht grundlos umstritten.

Gleichwohl geht es uns nicht um „besser“ oder „schlechter“. Auch Überflieger-Unternehmen, die binnen kürzester Zeit einen enormen Marktwert erzielen, müssen nicht zwangsläufig moralisch unterlegen sein. Wir wollen den Blick auf einen anderen Aspekt richten: Das vorrangige Problem mit den Einhörnern ist nämlich, dass sie so viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen, dass die vielen Zebras neben ihnen im Schatten bleiben. Dadurch haben sie es schwer, die Geldmittel, Anerkennung und Unterstützung zu bekommen, die sie verdient hätten –und das nur, weil sie den Maßstäben von irgendwelchen Märchenfiguren nicht gerecht werden, die für sie nun mal nicht ausschlaggebend sind. Dieses Ungleichgewicht aufzuheben, ist das Ziel von Zebra-Fans auf der ganzen Welt. 

Zebra oder Einhorn – was für ein Typ bist du?

Bei einem Persönlichkeitstest zum Thema „Einhorn oder Zebra?“ würde es wahrscheinlich um Fragen wie diese gehen:

  • Bist du durchsetzungsstark und nur mit dem ersten Platz zufrieden (Einhorn)? Oder arbeitest du lieber im Team und setzt auf Kooperation (Zebra)?
  • Strebst du nach dem schnellen Geld (Einhorn)? Oder danach, deine Ideen zu verwirklichen (Zebra)?
  • Träumst du davon, deine Konkurrenz abzuhängen (Einhorn)? Oder möchtest du gemeinsam mit anderen die Welt ein bisschen besser machen (Zebra)?

Auch wenn die meisten Tests dieser Art eher schablonenartig sind und stark vereinfachen, können sie durchaus ein guter Anlass sein, um sich mit deinen Neigungen und Motiven auseinanderzusetzen, bevor du dich selbstständig machst. Denn natürlich hängt es stark von deiner Persönlichkeit ab, was für eine Art von Unternehmen du gründen solltest (ein Elon Musk wäre wohl niemals glücklich damit, einen Unverpacktladen in einer amerikanischen Kleinstadt zu betreiben, und sei er noch so beliebt und profitabel). 

Aber für diese Erkenntnis hätten wir nicht unbedingt die Zebra-Bewegung gebraucht. Ihr Verdienst liegt vielmehr darin, eine Form von Unternehmen aufgewertet zu haben, die bis dato in der Öffentlichkeit und bei Investoren eher durchs Raster gefallen sind. Durch die positive Besinnung auf ihre besonderen Stärken kann die Suche nach Geldgebern und Unterstützern für die Zebras erleichtert werden. 

Den Gründern von Crafting Future ist es nicht nur wichtig “grün” zu klingen, sondern wirklich nach­haltige Produkte zu produzieren. Es geht ihnen um einen möglichst großen Impact. Ihr Ziel: Weniger Einwegverpackungen und Plastikmüll im Lebensmittelsektor. Die Idee entstand durch das private Interesse der Gründer am Thema Nachhaltigkeit. Die Mitarbeiter*innen kamen zu ihnen, weil sie den gleichen Purpose haben und auch die Lieferanten wurden anhand der gleichen Werte ausgesucht. Aber irgendwo muss auch Geld herkommen. Co-Gründer Jan Patzer sagt im “Ungeschönt” Podcast ganz offen, dass genau das immer viel zu schnell alle war. An Investor*innen haben sie sich zunächst nicht herangetraut. “Wir hatten Angst, dass die eher auf ökonomisches Wachstum fokussiert sind, als auf Nachhaltigkeit.” Wie sie das Problem gelöst haben, erfährst du in dieser Folge! 

Passende Geschäftsideen

Zebra-Startups, also ökonomisch tragfähige Unternehmen mit sozialem und/oder ökologischem Anspruch, lassen sich grundsätzlich in allen Wirtschaftsbereichen gründen. Aber es gibt Branchen, die sich besonders dafür anbieten und in denen Zebras auch schon häufiger anzutreffen sind. 

Dazu gehört zum Beispiel der Agrar-und Ernährungssektor. Immerhin verursacht hierzulande jeder Haushalt durchschnittlich 4,4 t des klimafeindlichen Treibhausgases CO2 nur für den Bereich Ernährung. Weltweit gehen 14 Prozent der globalen CO2-Emissionen allein auf das Konto der Landwirtschaft. Gleichzeitig nimmt das Bewusstsein der Verbraucher*innen für nachhaltige Ernährung seit Jahren zu. Hier gibt es also zahlreiche Hebel, an denen verantwortungsvolle Gründer*innen ansetzen könnten. Von der Food-Kooperative über die Vermarktung veganer Fertiggerichte bis zur Herstellung von essbarem Einweggeschirr reicht die Palette der möglichen Geschäftsideen.

Aber auch in den Bereichen Mobilität, Wohnen, Textilien oder Bildung werden immer häufiger Zebras gesichtet. 

Wenn du schon eine Geschäftsidee hast, lohnt es sich, diese unter sozialen und/oder ökologischen Kriterien zu überdenken. Überlege, ob und wie du bei ihrer Umsetzung betriebswirtschaftliche mit gesellschaftlichen Zielen verbinden kannst. Setze dich dafür mit allen Aspekten des Geschäftsmodells auseinander, angefangen beim Vertrieb über die Verpackung bis hin zur Produktion. Das geht besonders gut mit einer Business-Model-Canvas, die du in digitaler Form auf der Gründerplattform findest. 

Wenn du noch ganz am Anfang stehst und gar nicht so genau weiß, womit du dich selbstständig machen möchtest, könntest du darüber nachdenken, welche gesellschaftlichen Probleme unserer Zeit nicht oder nicht ausreichend gelöst sind. 

Deine Geschäftsidee ist noch zu vage?

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Fazit

Seit einigen Jahren steigt die Zahl der Gründer*innen, die sich bewusst vom Wachstums-Druck absetzen, dem viele Startups unterliegen, und eigene Akzente setzen wollen. Sie haben verstanden, dass ein profitables Geschäftsmodell und gesellschaftliche Verantwortung einander nicht ausschließen.

Da sie auf nachhaltige Wirtschaftlichkeit und nicht auf rasantes Wachstum setzen, sind sie für viele VCs weniger interessant. Sie haben es im Vergleich zu den klassischen profitorientierten Startups der Sorte „Einhorn“ deutlich schwerer, an Kapital und Unterstützung zu gelangen. Um diesen Missstand zu beheben und zu einer positiven Bewertung von sozialen und ökologischen Kriterien in der Gründerszene zu gelangen, haben sie sich unter dem Gegenbegriff „Zebras“ zusammengetan. Zebras deshalb, weil sie wie die schwarz-weiß gestreiften Huftiere zwei scheinbare Gegensätze vereinen: Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit. Und weil sie, anders als Einhörner, auf Gemeinschaft und Kooperation setzen.

Wenn du dich durch das Zebra-Modell angesprochen fühlst, solltest du dich frisch ans Werk machen. Mit ein bisschen Kreativität findest du bestimmt eine passende Geschäftsidee oder Wege, wie du ein bestehendes Geschäftsmodell zebragerecht umbauen könntest. Worauf wartest du noch? Schließe dich der wachsenden Herde der Zebras an. Auf der Gründerplattform findest du alles, was du dafür brauchst.


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bhp