Eine Arztpraxis eröffnen – alles, was du wissen musst

Du studierst Medizin und möchtest später in deiner eigenen Praxis arbeiten? Oder bist du schon als Arzt oder Ärztin angestellt, zum Beispiel in einem Krankenhaus, und planst, dich selbstständig zu machen? Dann bist du hier richtig. Wir erklären dir, worauf du bei der Eröffnung oder Übernahme einer Arztpraxis achten solltest. 

Voraussetzungen für die Eröffnung einer Arztpraxis

Studium ist Pflicht, reicht aber nicht: Approbation

Naheliegend: Wenn du eine Arztpraxis eröffnen oder übernehmen willst, musst du vorher erfolgreich einen Medizinstudiengang – Human-, Zahn- oder Tiermedizin – absolviert und alle drei Staatsexamen bestanden haben. Doch damit ist es nicht getan, denn in Deutschland ist außerdem eine sogenannte Approbation gemäß § 3 der Bundesärzteordnung (BÄO) erforderlich. Ohne Approbation darfst du keine Arztpraxis betreiben. Du beantragst sie bei der zuständigen Behörde in deinem Bundesland (Liste der Approbationsstellen nach Bundesländern auf der Website der Bundesärztekammer).

Weiter geht’s mit Weiterbildung

Die Approbation ist die staatliche Zulassung für die Ausübung einer ärztlichen Tätigkeit in Deutschland. Für das selbstständige Praktizieren musst du darüber hinaus eine Zusatzqualifikation nachweisen: eine mehrjährige Weiterbildung, entweder in Allgemeinmedizin oder einer anderen fachärztlichen Richtung. Zahnmediziner*innen müssen eine vorgeschriebene Zeit als Assistenzärzt*in absolvieren. 

Zur Eröffnung einer Tierarztpraxis ist nach dem Studium keine zusätzliche Ausbildung erforderlich, hier reicht die Approbation als formale Voraussetzung.

Ohne Vertragsarztzulassung keine Kassenpatient*innen

Hast du Approbation und Weiterbildungsnachweis in der Tasche, kannst du theoretisch eine Arztpraxis eröffnen, allerdings darfst du zunächst nur Privatversicherte und Selbstzahler*innen behandeln. Um auch gesetzlich versicherte Patient*innen versorgen zu dürfen, benötigst du eine weitere Genehmigung: die Vertragsarztzulassung. Hier kommt die staatliche Regulierung ins Spiel, die verhindern soll, dass an manchen Orten eine Ärzteschwemme herrscht, während andere Regionen an Unterversorgung leiden. Und sie sichert natürlich auch dein Einkommen als Arzt oder Ärztin. 

Kassenärztliche Vereinigung und Krankenkassen kontrollieren

Die Vertragsarztzulassung beantragst du beim Zulassungsausschuss der kassenärztlichen Vereinigung und der Landesverbände der Krankenkassen deiner Region (KV-Region; Listen je Bundesland im Netz). Die Vertragsarztsitze sind reguliert, um einerseits überall eine ausreichende ärztliche Versorgung sicherzustellen, andererseits den Ärzt*innen ihr Einkommen zu sichern. Die Vertragsarztzulassung regelt auch, ob du in Vollzeit (20 Sprechstunden pro Woche) oder in Teilzeit (10 Sprechstunden) praktizieren darfst – und musst. Aufgepasst: Eine Teilzeitzulassung lässt sich später nur dann in eine Vollzeitzulassung umwandeln, wenn in deiner Region Bedarf besteht, also ein halber Arztsitz frei wird.

Ob du eine Einzelpraxis gründest oder übernimmst, in eine Gemeinschaftspraxis oder eine Praxisgemeinschaft einsteigst oder gleich ein medizinisches Versorgungszentrum eröffnest, hängt nicht nur von deinen persönlichen Vorlieben ab, sondern auch davon, was in deiner Gegend gerade möglich ist. Die Zahl der Ärzt*innen je 100.000 Einwohner*innen variiert je nach Region in Deutschland zwischen unter 100 und 400. In Großstädten ist die Versorgung mit Haus- und Fachmediziner*innen allgemein besser, weshalb eine Neugründung zu deinen Wunschbedingungen hier eher schwierig werden kann. Dann kommt eher eine Praxisübernahme infrage oder der Einstieg in eine Gemeinschaftspraxis oder Praxisgemeinschaft (weiter unten erfährst du, was der Unterschied ist). Anders sieht es im dörflichen Umfeld aus, hier leiden viele Regionen unter Ärzteabwanderung, sodass du hier deine Vorstellungen wahrscheinlich eher realisieren kannst.

Praxisformen - Einzelpraxis, Gemeinschaftspraxis oder Praxisgemeinschaft?

BAG, ÜBAG und TBAG

Hinter diesen kryptischen Kürzeln verbirgt sich das, was wir umgangssprachlich als Gemeinschaftspraxis bezeichnen, in drei unterschiedlichen Ausprägungen. 

  • BAG steht für Berufsausübungsgemeinschaft, die klassische Gemeinschaftspraxis. Mehrere Ärzt*innen teilen sich Praxisräume, Personal und Kundenstamm. Gewinne werden so aufgeteilt, wie es der Gesellschaftervertrag vorsieht. 
  • Die ÜBAG ist eine überörtliche BAG. Das bedeutet, dass die beteiligten Mediziner*innen in mehreren Praxen innerhalb einer KV-Region arbeiten, von denen eine Praxis als Hauptsitz der ÜBAG fungiert, die anderen als Nebensitze. Abrechnung und Gewinnverteilung entsprechen der BAG. Die Kassenärztliche Vereinigung überwacht, dass an allen Standorten die Patientenversorgung jederzeit sichergestellt ist.
  • Die Teil-BAG oder TBAG ist eine Sonderform der ÜBAG. Hier bezieht sich das Gemeinschaftsangebot verschiedener Praxen nur auf einen bestimmten Teil der Leistungen, oft handelt es sich dabei um Igel-Leistungen, also individuelle Gesundheitsleistungen, die die Patient*innen privat bezahlen.

Praxisgemeinschaft

Die Praxisgemeinschaft ähnelt einer WG, in der jede Person ihr eigenes Fach im Kühlschrank hat, also quasi einen eigenen Haushalt führt. Die Ärzt*innen einer Praxisgemeinschaft teilen sich Räume, Geräte und Personal, arbeiten aber wirtschaftlich unabhängig voneinander, mit jeweils eigenem Patientenstamm. 

Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ)

Voll im Trend, vor allem im Bereich Zahnmedizin, liegen medizinische Versorgungszentren, kurz: MVZ. Ein MVZ besitzt im Gegensatz zur BAG für die Vertragsarztzulassung nur eine Zulassungsnummer der Kassenärztlichen Vereinigung. Unter dieser gemeinsamen Zulassung praktizieren mehrere Ärzt*innen unterschiedlicher oder (seit 2015) auch gleicher Fachrichtungen, als Gesellschafter*innen oder Angestellte. Ein Arzt oder eine Ärztin fungiert dabei als medizinische Leitung. Die Gesamtzahl des ärztlichen Personals in einem MVZ bestimmt die Bedarfsplanung der KV und der Landesverbände der Krankenversicherungen.

Arztbörsen vermitteln freie Praxen

Um einen freiwerdenden Praxisplatz für eine Übernahme zu finden, eignen sich die zahlreichen Praxisbörsen im Internet. Neben kommerziellen Angeboten gibt es auch Börsen der Apobank und der Kassenärztlichen Vereinigung, letztere je Bundesland (beispielsweise Hamburg: Praxisbörse KV Hamburg, Niedersachsen: Praxisbörse KV NDS, Schleswig-Holstein: Praxisbörse KV SH). 

Auch für den Veterinärbereich gibt es Praxisbörsen. Doch Vorsicht: Einige Börsen arbeiten im Interesse von Betreiberfirmen, die sich darauf spezialisiert haben, Praxen aufzukaufen und in Aktiengesellschaften zu integrieren. Hier gibt es meist wenig attraktive Angebote für eine Übernahme, diese werden von den Unternehmen vorher abgefischt.

Vorüberlegungen – diese Dinge sind bei der Planung deiner Arztpraxis wichtig

Standort- und Konkurrenzanalyse: Wo gibt’s Bedarf?

Die Bedarfsanalyse nimmt dir bis zu einem gewissen Grad die Kassenärztliche Vereinigung ab. Sie sorgt mit ihrer Bedarfsplanung dafür, dass eine bestimmte Dichte an (Fach-)Ärzt*innen je Region nicht überschritten wird, sodass alle Praxen ihr sicheres Auskommen haben. Doch diese Regulierung stößt insbesondere im ländlichen Raum an ihre Grenzen. Es muss nicht unbedingt lukrativ sein, in einem Dorf eine Arztpraxis zu eröffnen, auch wenn es dort bislang keine gegeben hat. Die Menschen haben sich womöglich über viele Jahre an den Zustand gewöhnt und fahren bereitwillig längere Strecken zu ihrer Hausärztin oder ihrem Facharzt in der weiteren Umgebung. Um sie in deine neue Praxis zu locken, brauchst du Geduld und möglicherweise aktives Marketing.

Kosten einer Arztpraxis

Die Einrichtung einer Arztpraxis kostet viel Geld. Für die Grundausstattung auch einfacher Hausarztpraxen sind sechsstellige Beträge nicht unüblich, Facharztpraxen etwa für Radiologie kosten ein Vielfaches. Doch es ist ein Trugschluss, dass die Übernahme einer bestehenden Praxis billiger sein muss. Beide Seiten vereinbaren hierbei eine Ablösesumme, den sogenannten Goodwill. Diese Summe wiegt einen guten Teil der Investitionen in Ausstattung und Geräte auf, sodass am Ende ein Betrag in derselben Größenordnung zustande kommen kann, wie bei einer Neugründung. Für eine Übernahme spricht allerdings der mitgekaufte Patientenstamm, der vom Start weg ein sicheres Einkommen ermöglicht. 

Finanzierung und Förderung einer Arztpraxis

Ein Bankkredit für die Eröffnung oder Übernahme einer Arztpraxis ist grundsätzlich unproblematisch. Das liegt daran, dass auch den Banken die Regulierung der Kassenärztlichen Vereinigung bekannt ist, sodass Liquiditätsprobleme und Ausfälle bei der Rückzahlung des Kredits eher nicht zu erwarten sind. 

Sogar eine Förderung mit öffentlichenMitteln ist möglich. Erste Anlaufstelle für Förderdarlehen ist die Apobank, eine auf Ärzt*innen und Apotheker*innen spezialisierte Bank. Auch ein KfW-Kredit kommt infrage, der für Gründer*innen besonders günstige Zinssätze bietet – ein Aspekt, der in Zeiten steigender Zinsen wieder an Bedeutung gewinnt.

Businessplan für eine Arztpraxis

Wenn du dich als Arzt oder Ärztin selbstständig machst, bist du Unternehmer*in. Zu deinen Pflichtaufgaben vor dem Start gehört deshalb immer ein solider Businessplan, der überzeugend darlegt, warum dein Konzept tragfähig ist. Eine teure Röntgenpraxis in einem 500-Seelen-Dorf dürfte es schwer haben. Aber vielleicht auch gerade nicht – die Gründe dafür erklärst du im Businessplan. Den kannst du mit den Werkzeugen der Gründerplattform online erstellen. Wenn du nicht weiterkommst, helfen kostenlose Tutorials und der Hilfe-Chat. Bei steuerlichen Fragen wendest du dich am besten an dein Steuerberatungsbüro.

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Freiberufler*in

Wenn du dich als Ärzt*in selbstständig machst, bist du automatisch Freiberufler*in, denn diese Berufsgruppe gehört zu den Freien Berufen. Damit bist du von der Gewerbesteuer befreit und weder zur doppelten Buchführung noch zur Erstellung einer Bilanz verpflichtet. Eine einfache Einnahmenüberschussrechnung reicht als Jahresabschluss. Als Freiberufler*in kannst du sogar weitere Mediziner*innen anstellen, die in deiner Praxis arbeiten. Für berufliche Fehler haftest du mit deinem Geschäfts- und Privatvermögen.

GbR und GmbH für eine Arztpraxis

In einer Gemeinschaftspraxis bilden die beteiligten Ärzt*innen ohne weiteres Zutun eine GbR. Nachteil ist hier die gemeinsame, gesamtschuldnerische Haftung mit Geschäfts- und Privatvermögen. Diese lässt sich durch Gründung einer Partnerschaftsgesellschaft (PartG) auf die verantwortlichen Personen beschränken. Nachteile wie Bilanzierungs- oder Buchführungspflichten hat die PartG nicht. Mindestens zwei Ärzt*innen in einer PartG sind formal Freiberufler*innen, weitere können angestellt werden. 

In einer Praxisgemeinschaft (BAG, ÜBAG und Teil-BAG) arbeiten die Ärzt*innen als unabhängige Freiberufler*innen. Für die gemeinsam genutzten Ressourcen wie Praxisräume, Personal oder Geräteleasing bilden sie zusätzlich eine GbR. Hier haftet jede*r einzelne nur für eigene Fehler, vorausgesetzt, Patient*innen können die Unabhängigkeit deutlich erkennen.

Ein medizinisches Versorgungszentrum kann als GbR oder als GmbH betrieben werden, die einzelnen Ärzt*innen können entweder Gesellschafter*innen oder Angestellte des MVZ sein.

Praktische Umsetzung – die nächsten Schritte zur eigenen Praxis

Beratung, Anmeldung, Genehmigungen, Steuern, Versicherungen

Glückwunsch! Wenn du hier angelangt bist, hast du deine Praxis schon klar vor Augen. Du bist approbiert, hast die erforderlichen Weiterbildungen absolviert, einen Kassensitz ergattert und entweder eine Praxis zur Übernahme oder Räume für eine Neugründung gefunden. 

Jetzt wird es Zeit für die praktischen Dinge:

  • Es ist ratsam, neben der Steuerberatung, die dich eventuell schon beim Erstellen deines Businessplans unterstützt hat, eine Anwaltskanzlei einzuschalten, die alle Verträge prüft, die du als Arzt oder Ärztin abschließen wirst. Das sind beispielsweise: Praxis-Übernahmevertrag, Mietvertrag für Praxisräume, Leasingverträge für medizinische Geräte, Arbeitsverträge mit Angestellten.
  • Für deine neuen Praxisräume musst du einen Mietvertrag abschließen.
  • Einige medizinische Apparate, wie Röntgengeräte, brauchen regelmäßige Überprüfungen durch den TÜV. Bei einer Übernahme kannst du in den Übernahmevertrag aufnehmen, dass solche Checks gegebenenfalls noch vom Vorgänger oder von der Vorgängerin durchgeführt werden. Ansonsten selbst beauftragen.
  • Informiere die Ärztekammer über die Gründung/Übernahme. Notwendige Unterlagen: Approbationsurkunde, Vertragsarztzulassung, Praxisanschrift und Sprechzeiten. Je ein identisches Schreiben schickst du an das Gesundheitsamt und an das Versorgungsamt zu deren Information.
  • Um eine Steuernummer zu erhalten, meldest du deine neue Tätigkeit beim Finanzamt an.
  • Deine Mitarbeitenden müssen bei der gesetzlichen Krankenversicherung angemeldet werden. Für die monatlichen Lohnabrechnungen gibt es Branchen-Softwares, sinnvoller ist es, diese Bürokratie an deine Steuerberatung auszulagern.
  • Versicherungen abschließen: Eine Berufshaftpflicht ist für Freiberufler*innen Pflicht, eine zusätzliche Rechtsschutzversicherung kann sinnvoll sein.

Marketing und Vertrieb für deine Arztpraxis

Als Arzt oder Ärztin sind deine Möglichkeiten der Eigenwerbung gesetzlich stark eingeschränkt. Du kannst aber auf jeden Fall deine Reichweite mit einer eigenen Homepage vergrößern, dich bei Google Maps eintragen und dich in einem Branchenverzeichnis im Internet listen lassen. 

App gestützte Dienste wie Doctolib ermöglichen Terminvereinbarung über das Internet. Das ist gerade bei einer Praxis-Neugründung eine relativ preisgünstige Möglichkeit, mehr Aufmerksamkeit zu erzielen.

Verdienstmöglichkeiten als Ärzt*in

Die meisten Arztpraxen sind Selbstläufer. Schon im ersten Wirtschaftsjahr kann eine neue Praxis bei guter Auslastung durchschnittlich um die 300.000 EUR Umsatz erwirtschaften und je nach Ausgaben damit ein Gewinn von etwa 150.000 EUR erzielen. Aber das sind Durchschnittswerte und es kommt sehr darauf an, in welchem Fachbereich du arbeitest, wie viele Patient*innen du hast und wie hoch deine Ausgaben für Räume und Personal sind. Neben den Kassenleistungen kannst du auch zusätzliche medizinische Leistungen anbieten (Igel-Leistungen), die du privat abrechnest. Denk dran: Nur Igel-Leistungen mit unmittelbar therapeutischem Ziel sind umsatzsteuerbefreit. Unter Umständen erhöhen sich also der Abrechnungsaufwand und die Kosten für die Steuerberatung.

Checkliste: Arztpraxis eröffnen - alles auf einen Blick

Approbation

Weiterbildung

Entscheidung: Eigene Praxis, Gemeinschaftspraxis oder Übernahme

Businessplan und Finanzplan erstellen

Finanzierung klären

Rechtsform wählen

Steuerberatungsbüro suchen

Anwaltskanzlei suchen

Mietvertrag/ Kaufvertrag abschließen

Versicherungen abschließen

Arztregistereintragung

Meldung an die Ärztekammer

Meldung an Gesundheitsamt

Meldung an Versorgungswerk

Meldung beim Finanzamt

Evtl. Anmeldung beim TÜV

Für Mitarbeitende – Arbeitsverträge und Anmeldung GKV

Praxismarketing – Eigene Website, Google Places & Co.

Fazit

Eine Arztpraxis zu eröffnen oder zu übernehmen, bringt viel Vorarbeit mit sich. Aber wenn du strukturiert vorgehst und die Punkte Schritt für Schritt erledigst, ist es zu schaffen – schließlich haben alle niedergelassenen Ärzt*innen diese Aufgaben irgendwann mal bewältigt. Die größte Motivation: Am Ende des Weges wartet dein Traumberuf!

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bhp