Faszinierende Schlangenmenschen, waghalsige Akrobat*innen und lustige Clowns: Der Zirkus ist ein Ort, an dem nicht nur für Kinder träumen erlaubt ist. Für manche Erwachsene geht dieser Traum sogar soweit, dass sie von einem eigenen Zirkus träumen. Was ungewöhnlich klingt, kann mit einem guten Mix aus Organisation und Kreativität durchaus gelingen.
Einst war ein Zirkus eine reine Familiensache: Über Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte bildeten Eltern ihren Nachwuchs in der Manege aus und gaben das Zepter des/der Zirkusdirektor*in von Generation zu Generation weiter. Heute können auch Neu- bzw. Quereinsteiger*innen einen Zirkus gründen, ohne dabei Exotenstatus zu genießen. Das berühmteste Beispiel ist der Cirque du Soleil, eine hochprofessionelle Company, die Artist*innen aus aller Welt rekrutiert und das Publikum rund um den Globus mit immer neuen Shows verzaubert. Wenn du in diese – zugegeben doch sehr großen – Fußstapfen treten und deinen eigenen Zirkus gründen möchtest, erfährst du hier welche Voraussetzungen du erfüllen musst, wie du deine Show einzigartig gestaltest und mit welchen Kosten du rechnen solltest.
Voraussetzungen für die Zirkusgründung
Wenn du einen Zirkus gründen und leiten möchtest, warten viele verschiedene Rollen auf dich: Als kreativer Kopf planst und gestaltest du die Show, die Kostüme, den Veranstaltungsort und Werbemaßnahmen. Gleichzeitig stehst du mit vielen verschiedenen Menschen in Kontakt: mit Artist*innen (aus aller Welt), Publikum und Lieferanten. Dabei jedem gerecht zu werden und den Überblick zu behalten, erfordert nicht nur kommunikative Höchstleistungen, sondern auch organisatorisches Geschick. Und dann ist da noch das Geld, das verdient und zielgerichtet investiert werden will. Ach ja: Bei den Vorführungen bist du vielleicht auch als Moderator*in oder gar als Artist*in in der Manege gefragt.
Klingt nach vielen Aufgaben? Sind es auch! Um dir hier von vorneherein den Druck zu nehmen: Du musst und kannst nicht alles alleine machen. Liste im Zuge eines Businessplans zuerst sämtliche Bereiche und Positionen auf, die besetzt werden müssen – abzüglich der Schausteller*innen – und gleiche diese dann mit deinen eigenen Fähigkeiten ab. Überall da, wo dir Wissen oder Zeit fehlen, suchst du dir Unterstützung. Vielleicht gründest du deinen Zirkus ja auch zusammen mit anderen Unternehmer*innen, die deine Fähigkeiten perfekt ergänzen.
Grundsätzlich gilt: Wenn du einen Zirkus gründen und ein*e ernstzunehmende*r Chef*in sein möchtest, sind gute organisatorische, kommunikative und betriebswirtschaftliche Kenntnisse nützlich, um dauerhaft einen Überblick über deinen Zirkus zu behalten.
Einen Zirkus gründen: Welche Ausbildung ist die richtige?
Eine Ausbildung für Zirkusdirektor*innen gibt es nicht, wohl aber teils staatliche, vor allem aber private Zirkusschulen, in denen Clownerie und Artistik unterrichtet werden. Wenn du selbst nicht aktiv in deinem Zirkus auftreten möchtest, kannst du dir eine dortige Ausbildung sparen – auf der Suche nach Talenten für deine Show sind diese Schulen aber ein ausgezeichneter Anlaufpunkt.
Wie eingangs bereits geschrieben, ist die Zirkuswelt ein Sammelbecken für Quereinsteiger*innen. Wenn du selbst nicht zufällig aus einer Zirkusfamilie kommst, kann nahezu jede Ausbildung nützlich sein: ein Studium der Betriebswirtschaftslehre oder im Bereich Marketing, eine Ausbildung im Handwerk, Erfahrungen in der Logistik oder sogar in der Pädagogik.
Bürokratische Voraussetzungen für die Zirkusgründung
Wenn du einen Zirkus gründen möchtest, musst du im ersten Schritt ein Gewerbe anmelden – genauer: ein Reisegewerbe. Die Besonderheit bei einem Reisegewerbe ist, dass du, branchenunabhängig, deine Tätigkeit standortunabhängig ausführen darfst. Du kannst mit deinem Zirkus also reisen und an verschiedenen Orten auftreten, vorausgesetzt du hast eine entsprechende Standorterlaubnis vom jeweiligen Ordnungsamt. In manchen Fällen sind zusätzliche Genehmigungen vom Bauamt erforderlich. Zusammen mit deinem Reisegewerbeschein erhältst du vom Gewerbeamt auch eine Reisegewerbekarte.
Ansonsten steht es dir frei, in welcher Rechtsform du deinen Zirkus gründen möchtest. Je nachdem, ob du alleine oder mit anderen Gründer*innen in die Zirkuswelt eintauchst, und ob bzw. wie viel Eigenkapital du zu Beginn einbringst, sind nahezu alle Rechtsformen denkbar. Da das Zirkusgeschäft kein leichtes Pflaster ist, lohnt es sich in jedem Fall, über die Gründung eines Unternehmens mit beschränkter Haftung nachzudenken. Im Falle einer Pleite bleibt dein Privatvermögen bei noch offenen Forderungen unberührt.
Businessplan: Welche Art von Zirkus möchtest du gründen?
Wie bei jeder Unternehmensgründung, ist auch bei der Eröffnung eines Zirkus eine gute Vorbereitung die halbe Miete. Erstelle einen Businessplan, in dem du dich ausführlich mit deiner Kernidee auseinandersetzt.
Die zentrale Frage ist: Was sind deine USPs (Unique Selling Points, zu deutsch: Alleinstellungsmerkmale) – welche Art von Zirkus möchtest du gründen? Dieser Frage kannst du dich von verschiedenen Richtungen nähern, indem du überlegst, welche Art Künstler*innen du auftreten lassen und ob bzw. welches Oberthema du dir setzen möchtest. Während beispielsweise Cirque du Soleil ausschließlich auf Artistik setzt, wirst du im Circus Roncalli in eine fantastische, fast magische Welt entführt, die bereits am Eingang beginnt und sowohl für Erwachsene funktioniert als auch für Kinder. Für letztere kannst du beispielsweise auch einen Mitmach-Zirkus planen.
Lass bei diesem Planungsschritt deiner Fantasie freien Lauf – alles ist erstmal erlaubt, die Machbarkeit solltest du erst anschließend prüfen. Denke bei der Überprüfung auch an die Konkurrenz: Was gibt es schon? Was funktioniert einfach immer? Was hat mal funktioniert, tut es heute aber nicht mehr?
An dieser Stelle wirst du auch auf die Frage stoßen, ob in deinem Zirkus Tiere auftreten sollen. Grundsätzlich gibt es kein Verbot der Dressur von (Wild-)Tieren in Deutschland. Aber: Viele traditionelle Zirkusbetriebe wurden dafür kritisiert, Löwen, Tiger und Elefanten auftreten zu lassen. Das heutige Publikum hat mittlerweile ein Bewusstsein für das Tierwohl entwickelt – sei es für Exoten oder das heimische Pony. Darum findest du mittlerweile kaum noch Zirkusse, die mit großen Tiershows auftrumpfen. Manch einer bringt noch Pferde, Hunde und andere Kleintiere in die Manege, für andere ist selbst das schon Quälerei. Du solltest sorgfältig abwägen, ob und wie wichtig dir Tiere sind, wie du diese halten könntest und was das für deinen Zirkus bedeutet. Zirkus Roncalli hat sich dafür beispielsweise eine spektakuläre Alternative überlegt: Seit Anfang 2019 arbeitet der Zirkus mit aufwendigen Tier-Hologrammen.
Beispiel: Die Erfolgsformel von Cirque du Soleil
In den vorherigen Absätzen klang es schon ein paar Mal an: Cirque du Soleil ist ein Branchenprimus – ein Vorzeigebeispiel für einen erfolgreichen Zirkus. Dabei sind in den vergangenen Jahren viele vor allem kleinere Zirkusse Pleite gegangen oder hangeln sich von Vorstellung zu Vorstellung. Doch wo liegt das Geheimnis des internationalen Unternehmens mit mehreren tausend Mitarbeitenden und ausverkauften Shows rund um die Welt?
Mit ihrem Verzicht auf Tiere und dem Engagement von Filmregisseur*innen, Schauspieler*innen und Leistungssportler*innen haben die Gründer Branchenregeln gebrochen – und waren damit auch noch die ersten. Die Shows von Cirque du Soleil erinnern eher an pompöse Theaterstücke mit Akrobatik, anstatt an eine klassische Zirkusvorführung. Der Zirkus ist anders als alles, was wir bisher gesehen haben, und spricht darum ein neues (und oftmals zahlungskräftiges) Publikum an. Die Inszenierungen dieser Traumwelten sind natürlich nicht nur optisch aufwändig, sondern auch finanziell ein echter Kraftakt. Aber auch dafür hat Cirque du Soleil eine Lösung gefunden: Der Zirkus ist mittlerweile eine Marke – der Name wird gewinnbringend über Hotels und Restaurants vermarktet, sogar Sportartikel werden mit dem Namen Cirque du Soleil vertrieben.
Was bedeutet das nun für deine Zirkusidee? Wie weiter oben beschrieben: Trau dich zu träumen und finde neue, im besten Fall einzigartige Ideen rund um deine Show. Zugegeben, Cirque du Soleil ist ein Ausnahmeerfolg, zeigt aber, dass Mut belohnt wird. Cleveres Marketing und ein ausreichend großes finanzielles Polster sind für deinen Erfolg ebenfalls unverzichtbar. Was du bei diesen Themen bedenken solltest, erfährst du in den folgenden Absätzen.
Standorte und Personal für deinen Zirkus
Ebenfalls im Zuge des Businessplans solltest du dich mit deinem Standort bzw. deinen Standorten und dem Personal beschäftigen.
Ein Zirkus zieht klassischerweise alle paar Tage, spätestens nach einigen Wochen von einem Ort zum nächsten. Schaue dir an, wo und wann andere Veranstalter unterwegs sind und achte darauf, dass du im besten Fall nicht direkt im Anschluss an einen weltberühmten Zirkus irgendwo gastierst. Übrigens können nicht nur andere Zirkusse, sondern auch Jahrmärkte oder andere Großveranstaltungen Konkurrenz bedeuten.
Gerade in der Anfangszeit können Parks und Veranstaltungsflächen in der Nähe bzw. in kleinen und mittleren Städten eine gute Möglichkeit sein, zumal die laufenden Betriebskosten hier deutlich günstiger sein dürften, als in Großstädten wie Hamburg oder Berlin. Bedenke außerdem, dass die einzelnen Stationen weder zu nah noch zu weit auseinander liegen. Plane zu Beginn am besten eine Tournee, die nur durch einen Teil Deutschlands und nicht quer durchs ganze Land geht.
Einen Großteil deines Personals wirst du über Zirkusschulen, vielleicht auch über Musical- und Theaterschulen finden. Je nach Bedarf engagierst du hier vom Fleck weg Turner*innen, Clown*innen, Schauspieler*innen, Feuerspucker*innen, Zauber*innen und Tänzer*innen. Damit ist dein Personalbedarf aber wahrscheinlich nicht gedeckt: Du benötigst zum Beispiel auch Kassierer*innen, Popcorn-Verkäufer*innen, Putzleute, Gerüstbauer*innen und andere Handwerker*innen, die dir beim Auf- und Abbau, beim Umzug und bei eventuellen Reparaturen helfen. Gerade beim Service-Personal und den Handwerker*innen lohnt sich meist keine Festanstellung, sondern eher ein gezieltes Hinzubuchen am jeweiligen Veranstaltungsort. Allerdings bedeutet das zusätzlichen organisatorischen Aufwand. Dann kann es sinnvoll sein, eine Person anzustellen, die die komplette Planung und Organisation dieser Kräfte für dich übernimmt – quasi eine Service-Leitung.
Unverzichtbar bei und nach der Gründung: Marketing
Bei kaum einer Geschäftsidee ist gutes und regelmäßiges Marketing so wichtig, wie bei der Zirkusgründung. Zum einen muss dich dein Publikum überhaupt erstmal kennenlernen, zum anderen muss es wissen, dass bzw. wann du in der Stadt bist. Um die Termine zu kommunizieren, lohnt sich immer noch die klassische Plakatwerbung und das Auslegen und Verteilen von Flyern, z. B. in Supermärkten und Marketingkooperationen mit Unternehmen, die eine ähnliche Zielgruppe ansprechen und erreichen. Eine gut gestaltete Website und Social-Media-Profile sind der richtige Ort, um neugierig auf deine Show zu machen, deine Philosophie vorzustellen und die zukünftigen Besucher*innen auch digital Zirkusluft schnuppern zu lassen.
Zugegeben: Das kostet alles Zeit und Geld – wenn du hier allerdings an der falschen Ecke sparst, findet dich dein Publikum nicht. Und das ist deine einzige Einnahmequelle.
Übrigens: Wenn du viel Glück hast und/oder zu einer Zirkusfamilie gehörst, hast du vielleicht die Gelegenheit, einen bestehenden Zirkus übernehmen zu können. Dabei profitierst du oftmals von einem bekannten Namen, bereits eingeschliffenen Abläufen und du musst dich „nur“ darum kümmern, dass die Show weitergeht. Bevor du einen Zirkus übernimmst, solltest du dir aber genau die Kosten und Einnahmen der letzten Jahre anschauen. Außerdem sollten der Zirkus und die gezeigten Shows zu dir und deinen Ideen passen, denn wenn du nach der Übernahme direkt alles umschmeißt, riskierst du, wertvolles Stammpublikum zu verlieren, und der bereits etablierte Name ist nicht mehr viel wert.
Finanzierung und Kosten für die Zirkusgründung
Wie im vorherigen Absatz bereits erwähnt: Das Publikum ist deine einzige Einnahmequelle. In der Regel wird dich weder die Stadt, in der du auftrittst, noch irgendein Verein finanziell unterstützen. Schließlich bist du mit deinem Zirkus ein gewinnorientiertes Unternehmen, wie jedes andere auch. Dafür hast du aber jede Menge laufende Kosten, die du abdecken musst. Allein, um am Anfang deinen Zirkus aufzubauen und auszustatten, kann einiges an Kosten anfallen, zum Beispiel:
- Zelt(e)
- Einrichtung der Manege, des Foyers, Künstlergarderoben
- Licht und Showtechnik
- Kostüme
- Fahrzeuge und Transportmittel
- Personal für die Planung und Aufbau
- Initiale Marketingkosten, inklusive Merchandising
- Kosten für die Personalsuche
Beginnt die Show, kommen die Künstlergagen und weitere Personalkosten, laufende Kosten für die Strom- und Wasserversorgung, Ausgaben für Verbrauchsmaterial, wie Essen und Getränke für das Publikum, etc. hinzu.
Die Liste ist lang und wird mit jedem zusätzlichen Showact meist auch immer länger. Um all diese Ausgaben bewältigen zu können, solltest du nicht nur ein gutes finanzielles Polster mitbringen, sondern auch Preise mit dem berühmten spitzen Bleistift kalkulieren. Neben den Eintrittskarten an sich kannst du Einnahmen durch den Verkauf von Essen, Getränken und Werbemitteln bzw. Fanartikeln generieren. Auch über ein Rahmenprogramm, wie Kinderschminken, Dosenwerfen oder Karussellfahren, kannst du den einen oder anderen Euro zusätzlich verdienen. Je mehr das Publikum bei deinem Zirkus erleben kann, desto mehr Zeit verbringen die Menschen bei dir und desto mehr Geld investieren sie. Bedenke allerdings auch, dass ein ganzes Wunderland an Attraktionen mit höheren organisatorischen und finanziellen Aufwänden verbunden ist. Gerade wenn du deinen Zirkus erst gründest, gilt: Mache lieber wenig, das Wenige dafür dann aber richtig gut.
Tipp: Wie bei jeder Unternehmensgründung hast du natürlich auch beim Zirkusgründen und -finanzieren die Option, mit fremdem Kapital zu starten. Ob ein Kredit von der Bank oder Förderprogramme für Gründer*innen – informiere dich im Vorwege über verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten und kläre mit Hilfe deines Businessplans genau, wie viel Geld du für was benötigst und wann du den Kredit zurückzahlen willst.
Fazit
So bunt und schillernd die Zirkuswelt für das Publikum erscheint, so anspruchsvoll ist es, einen eigenen Zirkus zu gründen. Entscheidend ist im ersten Schritt eine einzigartige Idee, die das Publikum in eine Welt entführt, die es nur bei dir erleben kann. Orientiere dich dabei am Cirque du Soleil, der wie kein anderer Zirkus ein nachhaltiges und ganzheitliches Geschäftsmodell entwickelt hat. Ist die Idee gefunden, solltest du deine eigene Zirkus-Traumwelt mit einem Businessplan auf den wirtschaftlichen Prüfstand stellen: Gleiche deine Idee mit der Konkurrenz ab, finde passende Standorte und gutes Personal. Setze deinem Unternehmen die Marketing-Krone auf, damit dein Publikum dich findet, und sei gründlich, wenn es um die Auflistung von initialen und laufenden Kosten geht. Wenn du dann noch die finanziellen Mittel aufbringst, um deine kreativen Träume wahr werden zu lassen, kann der erste Vorhang aufgehen.
Manege frei für deinen eigenen Zirkus!