Der „Meister“ ist ein Abschluss in handwerklichen, künstlerischen, technisch-gewerblichen und landwirtschaftlichen Berufen und wird in Deutschland als sogenannte Aufstiegsfortbildung bezeichnet, das heißt der Meistertitel baut auf einer abgeschlossenen Berufsausbildung auf. Häufig ist er die Voraussetzung, um einen Handwerksbetrieb zu führen oder zu gründen. Wenn du dich im Bereich des Handwerks selbstständig machen möchtest, solltest du dich daher zunächst informieren, ob für diesen Beruf (im Handwerk spricht man von Gewerk) eine Meisterpflicht gilt. Doch keine Sorge: selbstständig ohne Meister - das geht! Hier erfährst du alles Wichtige zur Meisterpflicht und wie du auch ohne Meister in einem meisterpflichtigen Handwerk ein Unternehmen gründen kannst.
Warum gibt es die Meisterpflicht im Handwerk?
In vielen Handwerksberufen wird eine besondere Qualifikation von jenen gefordert, die einen eigenen Handwerksbetrieb gründen möchten. So etwas wie eine Meisterpflicht gab es bereits im Mittelalter. Immer wieder abgeschafft und eingeführt, galt sie in Deutschland seit 1935 als Voraussetzung, sich im Handwerk selbstständig zu machen. Dadurch sollte die Qualität der Arbeit sichergestellt werden. Dieses Gesetz wurde über die Jahre schrittweise gelockert, am stärksten 2004 unter Bundeskanzler Gerhard Schröder, der die Meisterpflicht für 53 Handwerksberufe aufheben ließ. Mehr Wettbewerb, ein Anstieg der Unternehmensgründungen und ein Sinken der damaligen hohen Arbeitslosenquote sollten auf diese Weise erreicht werden. 2020 wurde die Meisterpflicht für zwölf Berufe wieder eingeführt.
Ziel der Meisterpflicht ist es, die Qualität und die Qualifikation im Handwerk zu steigern und dessen Zukunft zu sichern. Doch welche Konsequenzen hat sie? Das wird Verbraucher*innen spätestens dann klar, wenn sie ihr Haus renovieren oder ihr Dach neu decken lassen möchten. Qualifizierte und seriöse Handwerksbetriebe sind schwer zu finden, Monate im Voraus ausgebucht und kosten eine Menge Geld. Handwerker*innen ohne Meisterbrief werden oft daran gehindert, ihre Leistungen anzubieten. Denn der Handwerksberuf wird leider immer weniger als Karrierelaufbahn ausgewählt, die Zahl der abgelegten Meisterprüfungen sinkt seit vielen Jahren. Ob dies an der Meisterpflicht liegt oder nicht, bleibt eine offene Frage.
In welchen Berufen gilt die Meisterpflicht und in welchen nicht?
In der Tabelle der Handwerksordnung (HwO) siehst du, für welche Berufe eine Meisterpflicht gilt (Anlage A). Für die zulassungsfreien Handwerksberufe (Anlage B1) genügt es, wenn du ein Gewerbe anmeldest.
Wenn du also z. B. eine Bäckerei eröffnen möchtest, musst du erfolgreich eine Meisterprüfung absolvieren. Im Anschluss bist du Bäckermeister*in (wie du dich auch ohne Meistertitel als Bäcker*in selbstständig machen kannst, erfährst du im weiteren Verlauf des Artikels).
Anlage A: Zulassungspflichtige Handwerksberufe von A bis Z: 41 Gewerke | Anlage B1: Zulassungsfreie Handwerksberufe von A-Z: 53 Gewerke |
Augenoptiker*in Bäcker Boots- und Schiffbauer Brunnenbauer* Büchsenmacher* Chirurgiemechaniker* Dachdecker* Elektromaschinenbauer Elektrotechniker Feinwerkmechaniker Fleischer* Friseure* Gerüstbauer Glasbläser und Glasapparatebauer Glaser Hörgeräteakustiker Informationstechniker* Installateur und Heizungsbauer Kälteanlagenbauer Karosserie- und Fahrzeugbauer Klempner Konditor* Kraftfahrzeugtechniker Landmaschinenmechaniker Maler und Lackierer* Maurer und Betonbauer Metallbauer Ofen- und Luftheizungsbauer Orthopädieschuhmacher Orthopädietechniker Schornsteinfeger Seiler Steinmetz und Steinbildhauer* Straßenbauer Stuckateur* Tischler Vulkaniseur und Reifenmechaniker Wärme-, Kälte- und Schallschutzisolierer* Zahntechniker Zimmerer Zweiradmechaniker
*Dieses Handwerk ist nach Auffassung der Bundesregierung kein Gefahrenhandwerk und sollte deshalb ursprünglich zulassungsfrei sein. Im Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat wurde es jedoch wieder in die Gruppe der zulassungspflichtigen Handwerke eingeordnet. | Glas- und Porzellanmaler Gold- und Silberschmied Graveur Handzuginstrumentenmacher Holzbildhauer Holzblasinstrumentenbauer Keramiker Klavier- und Cembalobauer Korbmacher Kürschner Metall- und Glockengießer Metallbildner Metallblasinstrumentenmacher Modellbauer Modist Müller Sattler und Feintäschner Schneidwerkzeugmechaniker Schuhmacher Segelmacher Siebdrucker Sticker Textilreiniger Uhrmacher Vergolder Wachszieher Weber Weinküfer Zupfinstrumentenmacher
Anmerkung: Hier reicht eine Gewerbeanmeldung
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Neuregelung 2020 – die Wiedereinführung der Meisterpflicht in zwölf Gewerken
2019 beschloss die Mehrheit im Deutschen Bundestag, die Meisterpflicht teilweise wieder einzuführen. Nachdem 2004 einige Gründungshürden niedriger gelegt und die Meisterpflicht für 53 Gewerke gelockert wurde, wurde sie also 2020 für zwölf Handwerksberufe wieder eingeführt. Doch ein Bestandsschutz garantiert, dass Betriebe dieser zwölf Gewerke, die nach 2004 ohne Meistertitel gegründet wurden, ohne Meistertitel weitergeführt werden können.
Für folgende Gewerke wurde die Meisterpflicht 2020 wieder eingeführt:
- Orgel- und Harmoniumbauer
- Fliesenleger/Plattenleger /Mosaikleger
- Drechsler und Holzspielzeugmacher
- Raumausstatter
- Estrichleger
- Böttcher
- Behälter- und Apparatebauer
- Rollladen- und Sonnenschutztechniker*in
- Glasveredler*in
- Schilder- und Lichtreklamehersteller*in
- Parkettleger*in
- Betonstein- und Terrazzohersteller*in
Zwei Wege zum Meistertitel
Du möchtest deinen Meister in deinem Wunsch-Handwerksberuf machen? Dann hast du zwei Optionen:
1. Du besuchst eine Meisterschule
Für den Erhalt des Meisterbriefes ist der gängigste Weg ein Besuch der Meisterschule der Handwerkskammern. Voraussetzung ist, dass du über eine erfolgreich abgeschlossene Gesellenprüfung in deinem Bereich und über Berufserfahrung als Gesell*in verfügst.
Auch wenn für dein Gewerk keine Meisterpflicht besteht, kannst du einen Meistertitel erhalten – das ist deine freie Entscheidung!
2. Du absolvierst ein Hochschulstudium
Als zweite Option kannst du ein triales Studium absolvieren, z. B. im Bauingenieurwesen oder in Automatisierungstechnik. Nach erfolgreichem Abschluss hast du einen Bachelor UND einen Meistertitel in der Tasche, zusätzlich zu deinem Abschluss im jeweiligen Ausbildungsberuf.
Was kostet ein Meistertitel?
Die Kosten für einen Meistertitel variieren stark und sind von mehreren Faktoren abhängig:
- Besuchst du eine Meisterschule oder studierst du?
- In welchem Gewerk möchtest du deinen Meister machen?
So kostet etwa der Weg zum/zur Friseurmeister*in ca. 4.000 EUR, während die Meisterausbildung im Gewerk Elektrotechnik gleich das Dreifache kostet.
Die Kosten für einen Meistertitel lassen sich in die vier Teile der Meisterprüfung aufteilen:
- Teil: Prüfung der meisterhaften Verrichtung der wesentlichen Tätigkeiten = ca. 240 EUR
- Teil: Prüfung der erforderlichen fachtheoretischen Kenntnisse = ca. 200 EUR
- Teil: Prüfung der erforderlichen betriebswirtschaftlichen, kaufmännischen und rechtlichen Kenntnisse = ca. 156 EUR
- Teil: Prüfung der erforderlichen berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse = ca. 150 EUR
Hinzu kommen je nach Gewerk Kosten von ca. 300 bis 800 EUR für Lernmaterial, Anmeldung und sonstige Aufwände, die Meisterschule zu besuchen.
Finanzierungsmöglichkeiten für einen Meistertitel
Meister-BAföG
Handwerker*innen können für ihren Meistertitel das Meister-BAföG, mittlerweile umbenannt in Aufstiegs-BAföG, beantragen. Es wird nicht an Auszubildende, sondern nur an Fachkräfte mit bereits abgeschlossener Ausbildung gezahlt und soll Weiterbildung und Existenzgründungen fördern. Im Gegensatz zum „normalen“ BAföG gibt es beim Meister-BAföG keine Altersgrenze. Die Förderung erfolgt teils als Zuschuss, teils als zinsgünstiges Darlehen der KfW. Die Höhe des Meister-BAföGs ist abhängig von deinem Einkommen und Vermögen.
Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein:
- Abgeschlossene Berufsausbildung
- Der angestrebte Abschluss ist höher als der bereits vorhandene berufliche Abschluss
- Fortbildungsmaßnahmen von mind. 400 Unterrichtsstunden, innerhalb von max. 36 Monaten
- Regelmäßige wöchentliche Zeit der Fortbildung von vier Werktagen mit mindestens 25 Unterrichtsstunden
- Anspruch besteht für deutsche Staatsbürger*innen, Ausländer*innen müssen ihren ständigen Wohnsitz in Deutschland haben, inkl. dauerhafter Aufenthaltserlaubnis, seit 15 Monaten in Deutschland leben und erwerbstätig sein
Meistergründungsprämie
Die Meistergründungsprämie ist ein Zuschuss des jeweiligen Bundeslandes, um Handwerksbetriebe zu fördern und Existenzgründungen zu erleichtern. Nicht jedes Bundesland schüttet die Prämie aus – und wenn, dann sind die Bedingungen und Voraussetzungen in jedem Land unterschiedlich. Mach dich also schlau, bevor du die Prämie beantragst.
Hier erfährst du alle Details zur Meistergründungsprämie >>>
Die Meisterpflicht "umgehen" - geht das?
Es gibt die Möglichkeit, ein Handwerksunternehmen der Anlage A, also der zulassungspflichtigen Handwerksberufe, zu gründen, OHNE selbst einen Meistertitel zu haben. Hierzu hast du folgende Optionen:
- Du stellst eine andere Person als Betriebsleiter*in ein, die einen Meistertitel hat.
- Du besuchst nicht die Meisterschule, sondern absolvierst ein Studium und erhältst einen Bachelor-Titel. Das ist keine Garantie, sondern an spezielle Voraussetzungen geknüpft.
- Du beantragst die Altgesellenregelung. Dafür musst du nach deiner Gesellenprüfung mindestens sechs Jahre Berufserfahrung und mindestens vier Jahre eine leitende Tätigkeit in deinem Betrieb ausgeübt haben.
- Du beantragst eine Ausnahmebewilligung. Dafür musst du meisterähnliche Kenntnisse und Fertigkeiten besitzen.
Wenn du dich trotz Meisterpflicht ohne Meistertitel selbstständig machen möchtest, informiere dich vorher genau bei möglichst unabhängigen Stellen, welche Möglichkeiten du hast und welche Voraussetzungen zu erfüllen sind.
Für eine Selbstständigkeit in einem Handwerksberuf der Anlage B1, also der zulassungsfreien Gewerke, musst du nur ein Gewerbe anmelden und benötigst nicht verpflichtend einen Meisterbrief, um deinen eigenen Handwerksbetrieb zu eröffnen.
Weitere Infos und Tipps findest du beim Interessenverband freier und kritischer Handwerkerinnen und Handwerker e.V. Hier steht dir außerdem ein Beratungstelefon zur Verfügung.
Die Vor- und Nachteile der Meisterpflicht
Ohne Frage – wie jeder zusätzliche Abschluss klingt auch der Titel „Meister“ verlockend. Handwerker*innen mit Meistertitel haben viel Zeit, Mühe und Kosten investiert, um sich weiterzubilden und ihrer Arbeit noch mehr Qualität zu verleihen. Doch der Meistertitel ist für viele Handwerksbetriebe nicht freiwillig. Sollte er dies sein? Sollte sich also jede/r Handwerker*in selbstständig machen können, auch ohne Meisterbrief? Über die Meisterpflicht scheiden sich die Geister, die Gesetzeslage ist jedoch eindeutig. Prof. Dr. Juergen B. Donges (ehemaliger Vorsitzender des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung) schreibt in seinem Geleitwort zum Buch „Selbstständig ohne Meisterbrief: Was Handwerkskammern gern verschweigen“ von Michael Wörle, Dipl.-Volkswirt und Geschäftsführer des Interessenverbandes der freien und kritischen Handwerkerinnen und Handwerker e. V.:
„Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht müssen wir alle ein Interesse daran haben, dass sich im Handwerk unternehmerische Aktivitäten entfalten können, und alle, die eine Beschäftigung suchen, diese auch finden. Es geht um Wagnis- und Leistungsbereitschaft, um Flexibilität in der Gewerbeausübung und Anpassung an den nachfragebedingten und technisch induzierten Strukturwandel, um die Nutzung von Chancen im europäischen Binnenmarkt und die Konkurrenzfähigkeit gegenüber ausländischen Anbietern. Dazu passt der obligatorische Meisterbrief nicht. […] Wer sich als Geselle selbstständig machen und in eigener Verantwortung einen Handwerksbetrieb gründen und führen will, soll dies in unserem Land grundsätzlich tun dürfen.“
Schauen wir uns die Vor- und Nachteile der Meisterpflicht einmal genauer an.
So meldest du meisterhaft dein Gewerbe an
- Du möchtest dich als Handwerker*in selbstständig machen? Zunächst einmal musst du klären, ob für dein Gewerk die Meisterpflicht gilt.
- Beim Gewerbeamt musst du ein Gewerbe anmelden. Gehe nicht planlos vor, sondern besorge dir im Vorfeld alle Formulare und befasse dich mit den Punkten, die du ausfüllen musst. So ersparst du dir zusätzliche Kommunikation mit den verschiedenen Ämtern, die auf Post von dir warten. Zudem sparst du Geld, falls Du das Gewerbe nicht ausüben darfst.
- Nach der Gewerbeanmeldung erhältst du in der Regel einen Brief vom Finanzamt zur steuerlichen Erfassung und anschließend eine Steuernummer.
- Im Normalfall beschäftigst du in deinem Handwerksbetrieb auch Angestellte. Dafür musst du beim Arbeitsamt eine Betriebsnummer bestellen.
- Weiterhin gilt für sämtliche Handwerksberufe die Pflicht zur Eintragung bei der zuständigen Handwerkskammer. Auch das musst du selbst erledigen.
- Je nach Rechtsform (GmbH, UG, OHG) musst du dich im Handelsregister eintragen. Diesen Schritt erledigst du zusammen mit einem/einer Notar*in.
- Zu guter Letzt meldest du dich bei der Berufsgenossenschaft an.
Informiere dich außerdem, welche zusätzlichen Genehmigungen neben einer Meisterpflicht eventuell noch für dein Gewerk erforderlich sind.
Fazit
Wenn dir ein Handwerk liegt und du dich gerne selbstständig machen möchtest, dann verwirkliche deinen Traum! Die Meisterpflicht sollte dich nicht davon abhalten, deine Leidenschaft zum Beruf zu machen. In diesem Artikel haben wir dir gezeigt, dass du unter bestimmten Voraussetzungen die Meisterpflicht umgehen kannst und z. B. trotzdem als Friseur*in, Optiker*in oder Steinmetz*in einen Betrieb gründen kannst. Für Handwerksberufe ohne Meisterpflicht kannst du freiwillig eine Meisterprüfung ablegen.
Wähle deinen Traumberuf und entscheide dann alle weiteren Schritte. Mit oder ohne Meisterpflicht – der Weg wird nicht leicht, aber er lohnt sich!