Gründen in unsicheren Zeiten: Wie umgehen mit Krisen?

In den letzten Jahren haben wir gesehen, wie schnell unser Leben auf den Kopf gestellt werden kann. Erst Corona, dann der Krieg in Europa und die explodierenden Kosten, nicht zu vergessen die Klimakrise mit ihren unabsehbaren Folgen – es gibt wirklich genug Gründe, besorgt in die Zukunft zu schauen. Da liegt die Frage nahe, ob es angesichts dieser Unwägbarkeiten wirklich eine gute Idee ist, sich auf eine Selbstständigkeit einzulassen. 

Wenn auch du mit dem Gedanken spielst, zu gründen, und gleichzeitig Angst vor der Unsicherheit hast, lass dir gesagt sein: Krisen lassen sich zwar nicht ausschließen. Aber es gibt Mittel und Wege, sich darauf vorzubereiten und dafür zu sorgen, dass dein Unternehmen auch in stürmischen Zeiten nicht untergeht. 

In diesem Ratgeber erklären wir, warum du deinen Traum von der Selbstständigkeit trotz aller Krisen nicht aufgeben solltest, wie du vorbeugend die Widerstandskraft deines Unternehmens stärkst und was du tun kannst, wenn die Krise dann da ist. 

Mit angepasstem Geschäftsmodell bleibt alles möglich

Warum gehen einige Unternehmen in Krisen unter, während andere hinterher sogar besser dazustehen scheinen als vorher? Das Zauberwort heißt Resilienz. Als Resilienz wird die Fähigkeit bezeichnet, an einem schockartigen Ereignis nicht zu zerbrechen, sondern anschließend in den Ausgangszustand zurückzukehren und weiterzumachen wie vor der Krise. Im Hinblick auf Unternehmen geht es darum, durch Veränderung und Anpassung gestärkt aus einer Krise hervorzugehen. 

Ein Beispiel für ein solches schockartiges Ereignis, das uns noch gut in Erinnerung ist, ist die Coronapandemie. Von einem Tag auf den anderen wurden Geschäfte und Restaurants geschlossen und Veranstaltungen abgesagt. Viele Unternehmen gerieten in eine schwere Schieflage, einige mussten sogar Insolvenz anmelden. Aber andere haben es geschafft, sich auf die neue Situation einzustellen und die Krise einigermaßen unbeschadet zu überstehen. Ihr Geheimnis: Sie haben nicht starr an ihrem Geschäftsmodell festgehalten, sondern waren bereit, sich auf die neuen Rahmenbedingungen einzustellen. Restaurants haben Lieferdienste organisiert, Musiker*innen haben Soli-Gutscheine für „die Zeit danach“ verkauft, Yogalehrer*innen haben sich auf Onlinekurse verlegt und Taxifahrer*innen haben Einkäufe für Menschen ausgeliefert, die in Quarantäne mussten. Diese Beispiele zeigen: Als Gründer*in hast du auch in Krisenzeiten gute Chancen, solange du Flexibilität, Innovationskraft und Anpassungsfähigkeit unter Beweis stellst.  

Was kannst du als Gründer*in nun konkret tun, um dein Vorhaben trotz aller Widrigkeiten in die Tat umzusetzen und dich gegenüber Krisen so gut es geht zu wappnen? Zuallererst solltest du dich darauf einstellen, dass es keinen Stillstand mehr geben wird, wenn du selbstständig bist. Auch in wirtschaftlich stabilen Zeiten solltest du dich nicht auf deinen Erfolgen ausruhen, sondern stets offen für Veränderungen bleiben und neugierig verfolgen, was um dich herum geschieht. Reflektiere dein tägliches Tun, nimm aktuelle Trends wahr und versuche, neue Entwicklungen vorauszusehen. 

Am ehesten kannst du dich vor Krisen schützen, indem du dein Geschäftsmodell immer wieder auf den Prüfstand stellst und jederzeit dein Produkt oder deine Dienstleistung an sich verändernde Situationen anpasst. Dadurch kannst du nicht nur auf externe Krisen schneller reagieren. Auch vor internen Unternehmenskrisen bist du besser gewappnet. 

Relevante Fragen, die du dir immer wieder stellen solltest, sind: 

  • Hat sich das Konsumverhalten deiner Zielgruppe verändert und wenn ja, wie? 
  • Erreichst du deine Kundschaft noch oder gibt es inzwischen bessere Wege? 
  • Ist das Problem, für das du eine Lösung anbietest, noch immer dasselbe oder hat es sich verändert? 

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Im Folgenden findest du alles, was wir zum Thema „Umgang mit der Krise“ für dich zusammengestellt haben. 

Was du tun kannst, um dich auf Krisen gut vorzubereiten

Krisen können jederzeit auftreten. Aber es ist keineswegs gesagt, dass Selbstständige davon härter betroffen sein müssen als Angestellte. Denn du kannst als Gründer*in von Anfang an einiges dafür tun, um dein Vorhaben resilient zu machen.  

  1. Identifiziere deine Risiken: Eine Risikoanalyse hilft, mögliche Krisen zu bestimmen, die dein Unternehmen betreffen könnten. Stell dir dafür Fragen wie: Welche Auswirkungen hätte ein Ausfall der Lieferkette auf dein Geschäft? Wie würde dein Unternehmen auf eine wirtschaftliche Rezession reagieren? Welche Folgen können Mega-Trends wie der demographische Wandel, der Klimawandel oder andere haben?  
     
  2. Diversifiziere dein Angebot: Wenn dein Unternehmen nur von einem einzigen Produkt oder einer Dienstleistung abhängig ist, kann dies ein großes Risiko darstellen. Versuche, verschiedene Produkte oder Dienstleistungen anzubieten, ohne, dass dein Sortiment wahllos wird. Sorge dafür, dass die einzelnen Segmente sich gegenseitig stützen. Dabei hilft dir die Produkt-Treppe. Hilfreich ist auch, dich vom Produkt zu lösen und den Kundennutzen in den Mittelpunkt zu stellen.  
     
  3. Stärke deine Beziehungen: Vertrauensvolle Beziehungen zu Lieferant*innen, Kund*innen und anderen Partner*innen und ein starkes Netzwerk sind sehr wertvoll, um turbulente Zeiten durchzustehen und nach einer Krise schneller wieder auf die Beine zu kommen. 
     
  4. Überwache deine Finanzen: Behalte deine Finanzen im Auge und stelle sicher, dass du genügend Rücklagen hast, um mögliche Durststrecken zu überstehen. Am wichtigsten ist die Liquiditätsplanung. Sie warnt dich früh vor finanziellen Engpässen und gibt dir die Chance, rechtzeitig gegenzusteuern. 
     
  5. Bleib flexibel: Das ist unser wichtigster Tipp! Krisen erfordern oft schnelle Entscheidungen und eine Anpassung an neue Umstände. Sei bereit, dich von deinen Gewohnheiten zu verabschieden, wenn sie nicht mehr passen.   

Mit diesen wenigen Regeln kannst du dein Unternehmen robuster und widerstandsfähiger gegen Krisen machen.  

Checkliste zur Vorbereitung auf Krisen

Damit du auf einen Blick die wichtigsten Präventionsmaßnahmen erfassen kannst, habe wir sie dir hier nochmal in Form einer Checkliste aufbereitet: 

1. Identifiziere deine Risiken 

2. Diversifiziere dein Angebot 

3. Stärke deine Beziehungen 

4. Überwache deine Finanzen 

5. Bleib flexibel 

Denk daran, dass Krisen unausweichlich sind, aber eine gute Vorbereitung dir helfen kann, sie erfolgreich zu bewältigen. 

Krisenmanagement: Was in der akuten Krise zu tun ist

Ist eine akute Krise eingetreten, gilt es zunächst einmal, trotz aller Verunsicherung Ruhe zu bewahren. Angst lähmt und ist eine schlechte Ratgeberin. Mach dir bewusst, dass es immer einen Ausweg gibt. Mit dieser Gewissheit fällt es leichter, mit Krisen umzugehen und Lösungen für die anstehenden Probleme zu finden. Bleibe so gelassen wie möglich und versuche, deine Balance zu bewahren und auch in schweren Zeiten die Freude am Unternehmerleben zu bewahren.  

Unter Druck neigen viele Menschen dazu, noch härter zu arbeiten und alles andere zu vernachlässigen: den Freundeskreis, die Familie, die Freizeit. Das führt jedoch nicht dazu, dass sie leichter aus der Krise kommen. Im Gegenteil: Blinde Betriebsamkeit steht einer konstruktiven Lösung oft entgegen. Wichtig ist, dass du dir klare Grenzen setzt. Bleib nicht länger im Betrieb als üblich, gönn dir Auszeiten am Wochenende, nimm dir schöne Dinge vor, die dich ablenken, kümmere dich um deine Liebsten – sonst setzt du auch noch deine Gesundheit und deine Beziehungen aufs Spiel, und das ist es nicht wert.  

Damit du die richtigen Entscheidungen treffen kannst, solltest du auch in hektischen Zeiten strukturiert vorgehen. Halte dich am besten an die folgenden Schritte:  

  • Die Krise akzeptieren und Chancen wahrnehmen 
  • Notfallplan erstellen und Liquidität sichern 
  • Kurzfristige Maßnahmen ergreifen, um die Krise zu meistern  
  • Mittelfristige Maßnahmen ergreifen, um die Zeit zu nutzen 
  • Langfristige Perspektiven entwickeln, um für die Zukunft gut aufgestellt zu sein. 

1. Die Krise akzeptieren und Chancen wahrnehmen

Während einige Unternehmer*innen in blinden Aktionismus verfallen, halten sich andere an die beliebte Vogel-Strauß-Strategie: Sie stecken den Kopf in den Sand, ignorieren alle Alarmzeichen und reden sich die Situation schön. Beides hilft nicht weiter. Erkenne die Krise an, aber sehe darin keine persönliche Niederlage, sondern eine Lernreise, in deren Verlauf du dich und dein Unternehmen weiterentwickeln kannst. Dazu gehört auch, dir einzugestehen, dass du dir Sorgen machst – das ist ganz normal. Aber lass dich von deinen Sorgen nicht unterkriegen.  

2. Notfallplan erstellen und Liquidität sichern

Wenn du zum Zeitpunkt der Krise kurz vor der Gründung stehst oder schon gegründet hast, besteht deine vorrangige Aufgabe darin, deine Liquidität zu sichern. Dafür brauchst du erstmal ein genaues Bild der Lage. Atme einmal tief durch und überlege, welche Auswirkungen die Krise auf dein junges Unternehmen haben könnte. Musst du mit steigenden Kosten rechnen? Könnten deine Umsätze betroffen sein? Oder beides?  

Falls noch nicht geschehen, solltest du dir eine Liquiditätsplanung  für die kommenden Monate erstellen oder deinen alten Plan an die neue Situation anpassen. Sie zeigt dir, ob du in den kommenden Wochen und Monaten in der Lage sein wirst, deine Rechnungen zu bezahlen. Deine Zahlungsfähigkeit ist in Gefahr? Dann musst du unverzüglich handeln. Überlege, wie du schnell deine Kosten senken kannst. Denke dabei nicht nur an deinen Betrieb, sondern auch an deine privaten Ausgaben! Storniere alle Buchungen, die sich stornieren lassen und nicht notwendig sind, handele Ratenzahlungen aus, kürze überflüssige Abos, kurzum: Lass nichts unversucht, um deine Zahlungsfähigkeit zu erhalten. 

Prüfe auch, ob du Anspruch auf Wohngeld oder (aufstockendes) Bürgergeld hast. Kurzfristig können diese staatlichen Leistungen dabei helfen, deinen Lebensunterhalt und deine Miete zu sichern. So verschaffst du dir den nötigen Freiraum, um dich vollkommen auf dein Unternehmen zu konzentrieren.  

Kläre dann, ob du deinen Liquiditätsengpass mit Geld von außen überbrücken kannst. Nimm Kontakt zur Bank auf und erkundige dich ggf. nach einem Kredit. Aber Achtung! Das ist nur dann eine Option, wenn die Krise von kurzer Dauer ist und du absehen kannst, dass du bald wieder Einnahmen erzielen kannst. In allen anderen Fällen solltest du dringend davon absehen, Löcher mit frischem Geld zu stopfen. 

3. Kurzfristige Maßnahmen ergreifen, um die Krise zu meistern

Wenn du deine Liquiditätsplanung aktualisiert und sichergestellt hast, dass du zahlungsfähig bleibst, ist es Zeit, kurzfristige Maßnahmen einzuleiten, mit denen du deine wirtschaftliche Existenz sichern kannst. Überlege, wie du trotz Krise Umsätze erzielen kannst, um einigermaßen über die Runden zu kommen.  

Hast du deine Gründung bereits vollzogen und musst jetzt mit ansehen, wie die Kosten weiterlaufen, während die Einnahmen ausbleiben, solltest du dich über Zuschüsse und Hilfskredite für Selbstständige informieren und zeitnah die entsprechenden Anträge stellen. Sowohl vom Bund als auch von den einzelnen Bundesländern gibt es verschiedene Finanzhilfen für Solo-Selbstständige und Unternehmen. 

Steckst du noch mitten in den Vorbereitungen für deine Gründung und hattest eigentlich geplant, in Kürze an den Markt zu gehen, solltest du deinen Zeitplan überdenken. Vielleicht kannst du deine Eröffnung aufschieben – oder musst es sogar? 

Vergiss dabei nicht, dass nicht alle Branchen von einer Krise gleichermaßen betroffen sein müssen. In der Coronakrise haben beispielsweise die Spielebranche, der Onlinehandel, Apps für Remote-Work oder der E-Learning-Sektor profitieren können. Vielleicht gibt es für dich die Möglichkeit, deine Geschäftsidee auf eine andere Branche zu übertragen? 

Tipp: Nicht nur, aber besonders in Krisen ist die KfW als Förderbank des Bundes eine wichtige Stütze für Unternehmen und Selbstständige in Deutschland. Ihre Aufgabe ist es, die von der Bundesregierung beschlossenen Unterstützungsprogramme für Unternehmen umzusetzen. Im Podcast „KriseChance“ der Firmenhilfe Hamburg vom erläutert Lars Testorf von der KfW im Gespräch mit Marco Habschick, wie die KfW Unternehmen und Gründer*innen unterstützt und was du mit ins Bankgespräch nehmen kannst. 

4. Mittelfristige Maßnahmen ergreifen, um die Krise zu meistern

Sobald du erste Maßnahmen ergriffen hast, um deinen finanziellen Zusammenbruch zu verhindern, hast du Zeit und Luft für mittelfristige Maßnahmen, mit denen du dein Business trotz Krise nach vorne bringst.  

Dazu solltest du dir dein Geschäftsmodell vornehmen. Die Kernfrage, die du dir stellen solltest, ist: Wie kannst du deine Geschäftsidee auch in der Krise an den Wünschen deiner Zielgruppe ausrichten? Wo kannst du deine Kernfähigkeiten einsetzen, um die durch die Krise entstandenen Bedürfnisse zu befriedigen? Gibt es Wege, deine Idee auch digital zu verwirklichen?  

Patrick Stähler, Experte für Geschäftsmodelle, gibt Tipps, wie du dein Geschäftsmodell in der Krise anpassen kannst. 

Deine Überlegungen können auch dazu führen, dass du deine Selbstständig erstmal auf Eis legst und für einige Zeit wieder in eine Festanstellung, zum Beispiel in deinen alten Beruf, zurückkehrst. Krisenberater nennen dies eine „Überwinterungsstrategie“. Wenn du jetzt beweist, dass du flexibel auf die neuen Anforderungen reagieren kannst, wirst du am besten aus der Krise herauskommen. 

Auch eine nebenberufliche Gründung hat viele Vorteile, wie sich gerade dann zeigt, wenn die Wirtschaft Achterbahn fährt: Sie bietet dir als zweites Standbein mehr Unabhängigkeit und erweitert deine wirtschaftliche Basis. 

In Zusammenhang mit einer Neuausrichtung ist besonders der Solopreneurship-Ansatz interessant. Er setzt auf Geschäftsmodelle, die sich sehr schlank, schnell und risikoarm umsetzen lassen.  

“Das ist genau wie bei Aktien, man kauft in der Krise. Das heißt, ich möchte mich in der Krise so gut wie möglich vorbereiten, um danach durchzustarten zu können", so Alexander Leutloff. Er eröffnete seine Tanzschule in Greifswald während der Pandemie, mit 22 Jahren. Die Räume waren da, die Tänzer*innen nicht. Die Corona-Verordnungen ließen es nicht zu. Deswegen machte er aus seinem Tanzstudio kurzerhand ein Corona-Testzentrum. Jan und er diskutieren, ob es eine gute Idee ist, die (Corona-) Krise zu nutzen, um schnell weitere Standorte zu eröffnen.

5. Langfristige Perspektiven entwickeln, um für die Zukunft gut aufgestellt zu sein

Gesellschaftliche Krisen werden nicht verschwinden, ohne Spuren zu hinterlassen. Das bedeutet, dass auch unsere unternehmerischen Antworten auf wichtige Probleme sich verändern werden. Versuche in Krisenzeiten, wichtige gesellschaftliche Entwicklungen vorwegzunehmen und überlege, was zukünftig besonders gebraucht und nachgefragt wird.  

Natürlich kann diese Frage niemand mit Gewissheit beantworten. Aber es kann nicht schaden, sich frühzeitig damit auseinanderzusetzen. Nimm aufmerksam wahr, welche Chancen sich ergeben und welche Trends sich abzeichnen. Dann bist du bestens auf die Zukunft vorbereitet.   

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Patrick Stähler – Experte für Geschäftsmodelle – beantwortet eure eingesandten Fragen


  • Wie gehe ich mit der Krise um?
  • Wie können Ideen während der Krise finanziert werden?
  • Wie gehen Marketing und Kundengewinnung in der Krise?
  • Wie beuge ich Krisen vor?
  • Welche Gründungstipps oder -Ideen gibt es in der Krise?
  • Gibt es krisensichere Geschäftsideen?

Die drei Phasen interner Unternehmenskrisen

Bisher haben wir eher von externen Krisen und Krisenursachen gesprochen, die ein Unternehmen in eine schwere Schieflage bringen können. Im Folgenden werfen wir noch einen Blick auf die internen Dynamiken von Unternehmenskrisen. Denn im Normalfall durchlaufen Unternehmenskrise, die nicht gerade durch ein einziges plötzlich auftretendes Problem verursacht werden, mehrere Phasen, die manchmal nur wenige Wochen andauern, sich aber auch über Monate hinziehen können. Jede Phase ist an anderen Symptomen zu erkennen und macht andere Maßnahmen erforderlich.  

Von den ersten Alarmsignalen bis zur Zahlungsunfähigkeit lassen sich folgende drei Eskalationsstufen einer Unternehmenskrise unterscheiden: Die strategische Krise, die Rentabilitätskrise und die Liquiditätskrise. Gelingt es nicht, die Krisen aufzuhalten (was im Prinzip zu jedem Zeitpunkt möglich ist, es wird nur mit Fortschreiten der Krise immer schwieriger), dann steht am Ende die Zahlungsunfähigkeit bzw. Insolvenz.  

Abbildung: Die Dynamik von Unternehmenskrisen: Handlungsspielräume im Krisenverlauf  
(Quelle: Evers/Schreck: Erfolgreich als Unternehmer für Dummies. Weinheim 2022) 

1. Strategiekrise

Die Strategiekrise macht sich durch erste Krisensymptome bemerkbar, ist aber noch nicht existenzbedrohend: Vereinzelt springen Kund*innen ab, es kommen nur noch wenige Neukund*innen hinzu und das Angebot löst nicht mehr dieselbe Begeisterung aus wie früher. Jetzt ist noch Zeit, einen Strategiewechsel zu planen und umzusetzen. 

Diese Fragen solltest du dir in der Strategiekrise stellen: 

  • Wie kannst du den Kundennutzen stärken?  
  • Wie lassen sich deine Produkte oder Dienstleistungen weiterentwickeln? 
  • Was sind deine Kernfähigkeiten und wo könntest du diese sonst noch einbringen? 
  • Kannst du dein Geschäft digitalisieren/ internationalisieren/ standardisieren, um es zukunftsfähig zu machen? 

In dieser Phase der Unternehmenskrise kann es bei der internen Krisenkommunikation sinnvoll sein, die Lage schwärzer zu malen als sie ist. Denn gerade, weil noch alles zu laufen scheint, verharren viele lieber in ihrer Komfortzone. Aber auch in der Strategiekrise sind bereits spürbare Veränderungen nötig, um zu verhindern, dass das Unternehmen weiter vom Kurs abkommt. Deine Aufgabe ist es, dich selbst, deine Geschäftspartner*innen und deine Mitarbeiter*innen dazu zu motivieren, liebgewonnene Gewohnheiten aufzugeben, das Geschäftsmodell anzupassen und neue Wege zu gehen.  

2. Rentabilitätskrise

Wird die Strategiekrise zu lange ignoriert, wächst sie sich zur Rentabilitätskrise aus. Du erkennst sie daran, dass Kund*innen sich abwenden, die Umsätze deutlich zurückgehen und die Kosten nicht mehr gedeckt sind. Auch im Alltag ist die Rentabilitätskrise zu spüren: Das Betriebsklima wird schlechter, die Laune sinkt, die Motivation lässt nach. 

Das ist in der Rentabilitätskrise zu tun: 

  • Kosten senken: Überflüssige Verträge kündigen, die Privatentnahme reduzieren etc. 
  • Beim Finanzamt eine Anpassung der Steuervorauszahlung beantragen 
  • Die Preise überdenken (du kannst sie entweder erhöhen oder in den Preiskampf einsteigen und sie senken) 
  • Die Akquise ankurbeln: Vertrieb geht vor Marketing! 
  • Prozesse effektiver gestalten, z.B. durch Standardisierung und Digitalisierung 

In der Rentabilitätskrise ist eigentlich allen klar, dass es so nicht weiter gehen kann. Jetzt gilt es, bei allen Beteiligten dafür zu sorgen, dass sie nicht den Mut verlieren, sondern mit Energie und Schwung am Ball bleiben. „Gemeinsam packen wir das!“, ist jetzt das Motto. Kommuniziere vor allem deinen Mitarbeiter*innen gegenüber ehrlich, aber trotzdem positiv. Wichtig ist, dass du einen Plan hast, wie du dein Unternehmen aus der Krise hinaussteuern wirst. 

3. Liquiditätsengpass

Bei einem Liquiditätsengpass ist die Lage mehr als Ernst: Rechnungen können nicht mehr pünktlich bezahlt werden, der Kontokorrentkredit ist ständig überzogen, die Gläubiger*innen werden ungeduldig und die Lieferant*innen bestehen auf Vorkasse. Auch das Thema Insolvenz steht im Raum. 

Das ist in der Liquiditätskrise zu tun: 

  • Hilfe holen: Spätestens jetzt solltest du dich an eine Beratungsstelle für kriselnde Unternehmer*innen (z.B. bei der IHK oder HWK) oder eine Schuldnerberatung wenden 
  • Kassensturz machen: Verschaffe dir einen umfassenden Überblick über deine Finanzen 
  • Gläubigerliste erstellen: Notiere, wer noch Geld von dir bekommt, und versuche, Stundungen oder Ratenzahlungen zu vereinbaren 
  • Verkaufe Betriebsvermögen, das du nicht unbedingt benötigst 
  • Prüfe, ob eine Insolvenz ein Ausweg für dich ist 

Jetzt gilt es, nach außen Ruhe zu bewahren und Zuversicht zu verbreiten. Kommuniziere dennoch ehrlich und transparent und halte deine Mitarbeiter*innen und Geschäftspartner*innen stets auf dem Laufenden. Informiere sie auch dann, wenn es keinen neuen Stand gibt – so beugst du negativen Gerüchten vor. 

Wir haben für dich noch mehr Input – steige tiefer ein in die Themen Rentabilitätsplanung, Rentabilitätsvorschau, Liquiditätsplanung und Liquiditätsreserve. 

Dein Leitfaden fürs Krisenmanagement

Krisenmanagement in der Strategiekrise:

  • wie kann ich den Kundennutzen stärken? 
  • wie lassen sich unsere Produkte oder Dienstleistungen weiterentwickeln? 
  • was sind meine Kernfähigkeiten und wo könnte ich sie sonst noch einbringen? 
  • kann ich mein Geschäft digitalisieren, internationalisieren oder standardisieren, um es zukunftsfähig zu machen? 

Krisenmanagement in der Rentabilitätskrise:

  • welche Kosten kann ich reduzieren? 
  • sollte ich meine Preise erhöhen oder in den Preiskampf einsteigen und sie senken? 
  • wie kann ich meine Akquise ankurbeln, um neue Kunden zu gewinnen? 
  • welche Prozesse kann ich schlanker und effektiver gestalten? 

Krisenmanagement bei Liquiditätsengpass:

  • wer kann mir helfen und mich beraten? 
  • wie steht es um meine Finanzen? Sind schon Schulden aufgelaufen? 
  • wie sichere ich meine Liquidität? 
  • kann ich mit meinen Gläubiger*innen Stundungen oder Ratenzahlungen vereinbaren? 
  • welches Betriebsvermögen kann ich verkaufen, das nicht unbedingt benötigen wird? 
  • muss ich eine Insolvenz in Erwägung ziehen? 

Dieser Leitfaden soll dir zur Orientierung dienen – du kann ihn auf deine individuelle Situation angepassen. Es ist wichtig, dass du in jeder Krisenphase schnell und zupackend handelst und einen klaren Plan entwickelst, um aus der Krise herauszukommen. 

Fazit: Darum ist Gründen auch in Krisenzeiten eine gute Idee

Wenn du dich selbstständig machst, solltest du dich auch auf Krisen einstellen, denn zu hundert Prozent ausschließen lassen sie sich nun mal nicht. Aber mit der richtigen Einstellung und einem strukturierten Vorgehen wird es dir gelingen, sie zu meistern.  

Lege dir früh eine Krisenmanagement-Strategie zurecht, damit du strukturiert und zielgerichtet vorgehen kannst, wenn es so weit ist. Orientiere dich dabei an den drei Phasen einer Unternehmenskrise. Je weiter die Unternehmenskrise fortgeschritten ist, desto wichtiger ist, dass du nicht in der Krise verkantest. Versuche, für einen Ausgleich zu sorgen und deine sozialen Beziehungen zu pflegen. Das beugt dem Burn-out vor. Denk daran, dass deine Gesundheit das höchste Gut ist, das du hast. 

Besonders, wenn dein Unternehmen eine Kapitalgesellschaft ist, sind auch rechtliche Themen zu bedenken, am schwerwiegendsten die Insolvenzverschleppung. Aber auch für Einzelunternehmen und Personengesellschaften gilt: „Nicht gutes Geld schlechtem hinterherwerfen.“ Ebenso wenig solltest du wertvolle Lebenszeit in einen aussichtslosen Fall investieren. Beziehe professionelle Hilfe ein, um einen frischen und unvoreingenommenen Blick auf deine Situation zu bekommen. So gibt es in Hamburg das öffentlich geförderte Projekt www.instart.de für insolvenzbedrohte Solo-Selbstständige, das auch bundesweit digitale Ratgeber, Tutorials und Webinare anbietet.  

Die Entwicklung deiner Finanzen solltest du immer im Blick behalten, auch in wirtschaftlich erfolgreichen Zeiten. Mit einer einfachen Liquiditätsplanung steht dir ein solides Frühwarnsystem zur Verfügung, das dich rechtzeitig auf mögliche Engpässe aufmerksam macht.  

Auch das richtige Mindset spielt eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung von Krisen. Wichtig ist es, zwischen Ignorieren und Panik die richtige Balance zu finden. Akzeptiere die Krise, aber bewahre eine positive Einstellung. Eine Krise kann auch als Chance gesehen werden, um das eigene Unternehmen zu verbessern und neue Ideen zu entwickeln. Die Fähigkeit, in schwierigen Situationen flexibel und kreativ zu agieren, kann sogar ein Wettbewerbsvorteil sein und dein Unternehmen langfristig erfolgreicher machen. 

Die Mutmacher - vom Hinfallen und Wiederaufstehen

Die KfW stellt in der Serie „Die Mutmacher“ Gründer*innen vor, die die Herausforderungen der Corona-Pandemie bewältigen – mit Mut und Kreativität haben sie Ihre Geschäftsmodelle angepasst und mit neuen Vertriebswegen und Standbeinen ihren Weg aus der Krise gefunden. Drei Beispiele, die wirklich Mut machen, neue Wege einzuschlagen.

Ein Wohnzimmer für Männer geht online

Nur zwei Wochen nach der Eröffnung des KLAUS Barber X Shop musste er schließen. Die Gründer Dominic Hammer und Sascha Mozdzierz brachten in nur 16 Tagen ihren Online­shop auf den Markt und vertreiben so ihre Klamotten, Pflege­produkte und Spirituosen. 

Australisches Frühstück für zu Hause

Marie Kotte und Tristan Garrett bringen mit ihrem Marshall Street Coffee australische Frühstücks­kultur nach Hamburg. Doch das gerade eröffnete Café muss wegen des Lockdowns schließen. Mit einer neuen Speisekarte und ihrem Lieferservice bringen sie nun ihre Spezialitäten direkt an die Haustür.

Ein Riesen-Tablet hilft in der Krise

Für TAVLA-Gründer Martin Petzold war es in der Pandemie plötzlich unmöglich, Neukunden für seine sprach- und touch­gesteuerten Geräte für Senioren­heime zu generieren, weil diese nicht getestet werden konnten. Er startete also ein neues Projekt – sein Angebot "Service plus" unterstützt Mitarbeiter*innen in Senioren­heimen bei den täglichen Aufgaben.

Ergebnis der Umfrage zur Betroffenheit durch COVID-19-Pandemie


Wir bei der Gründerplattform wollten herausfinden, wie Gründer*innen und Gründungsinteressierte von der Corona-Pandemie betroffen sind.

  • Welche Probleme sind bei dir akut?
  • Was brauchst du, damit es bei dir weitergeht?

Hier findest du das Ergebnis unserer Blitzumfrage!
Diese Gründerplattform-Umfrage ist in Zusammenarbeit mit KfW Research entstanden.

Danke an alle, die an der Umfrage teilgenommen haben.

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bhp